Süddeutsche Zeitung

Studie der TU Berlin:Der Englische Garten leidet besonders

Lesezeit: 3 Min.

Berliner Forscher haben Bäume in 62 deutschen Parks auf ihre Vitalität untersucht. Die Münchner Gehölze landen nur im Mittelfeld - und die weltberühmte Grünanlage spürt nicht bloß den Hitzestress.

Von Helen Geyer

Münchens Bäume sind im Stress. Damit sind sie nicht allein, denn der Klimawandel wirkt sich durch veränderte Regen- und Trockenzeiten nicht nur auf München, sondern auf ganz Deutschland aus. Ein Team von Wissenschaftlern der Technischen Universität (TU) in Berlin hat Veränderungen nun in historischen Parkanlagen untersucht. Sie fragten sich unter anderem: Wie wirken sich Hitzejahre auf die Gewächse aus?

Mit Zahlen zu 62 Parkanlagen legten die Forscher eigenen Angaben zufolge erstmals die Grundlage für spätere Vergleiche - in Form eines Datensatzes zu klimabedingten Schäden an Gehölzen in historischen Gärten. Im Raum München untersuchten die Wissenschaftler den Nymphenburger Park, den Englischen Garten, den Hartmannshofer Park, den Lenné-Park in Feldafing sowie die Schlossanlage Schleißheim. Das Zeugnis für den Zustand dieser Anlagen fiel nur mäßig gut aus.

Norbert Kühn hat die zweijährigen Forschungsarbeiten an der Hochschule geleitet. Mithilfe von Katasterdaten, welche die zuständigen Verwaltungen sonst zur Einschätzung der Bruchgefahr und Gesundheit der Bäume nutzen, analysierte er mit seinem Team die Vitalität der Bäume in elf Bundesländern. Insgesamt gibt es zwar noch viel mehr historische Grünanlagen in der Bundesrepublik als nur die 62 untersuchten. Doch das Problem war die Beschaffung der notwendigen Informationen: Viele Verwaltungen hatten die Daten nicht digitalisiert vorliegen.

Die Katasterdaten aus dem Jahr 2022 führten die Forscher in einer Datenbank zusammen, um sie überhaupt vergleichen zu können. Den Zustand der Gehölze bewerteten die Wissenschaftler dann in drei Kategorien: "Gesund oder kaum beeinträchtigt", "leicht bis mittelstark beeinträchtigt" sowie "stark beeinträchtigt bis tot". Ein Baum gilt als beschädigt, wenn etwa die Baumkrone lichter wird und weniger Blätter trägt oder die Äste der Krone im Winter abbrechen. Ursachen dafür könnten sowohl das Klima als auch das Alter der Bäume sein, betonte Kühn.

Die Münchner Werte wichen nur leicht vom Gesamtergebnis ab. Während im deutschlandweiten Vergleich 2022 insgesamt rund 59 Prozent der untersuchten Bäume "leicht bis stark geschädigt" waren, wies der Nymphenburger Park etwas mehr Schädigungen auf. Dort wurden 50 Prozent der Bäume als "leicht bis mittelstark beeinträchtigt" eingestuft, 18 Prozent waren "stark beeinträchtigt bis tot". Im Englischen Garten (59 Prozent "leicht bis mittelstark beeinträchtigt", 14 Prozent "stark beeinträchtigt bis tot"), im Hartmannshofer Park (58 Prozent "leicht bis mittelstark beeinträchtigt", 13 Prozent "stark beeinträchtigt bis tot") sowie im Lenné-Park in Feldafing am Starnberger See (52 Prozent "leicht bis mittelstark beeinträchtigt", 12 Prozent "stark beeinträchtigt bis tot") waren die Zahlen ähnlich. Lediglich die Schlossanlage Schleißheim schnitt besser ab. Dort wurden 45 Prozent der Bäume als "leicht bis mittelstark beeinträchtigt" und nur sieben Prozent als "stark beeinträchtigt bis tot" bewertet.

Innerstädtische Parkanlagen tragen häufig mehr Schaden davon

In der gesamten Bewertung erreichten die Münchner Parks deshalb auch nur das Mittelfeld. Die Schlossanlage Schleißheim kam im Vergleich aller 62 Parks auf den 30. Platz, der Englische Garten war als der Münchner Park mit dem schlechtesten Zustand auf der 48. Position. "Hier hat man das Problem vieler innerstädtischer Parkanlagen", ordnet Professor Kühn dieses Ergebnis ein: "Oft ist es so, dass diese besonders stark frequentiert werden. Intensive Nutzung führt immer auch zu weiteren Schäden."

Neben dem aktuellen Zustand der Bäume versuchten die Forscher zudem, die Entwicklung der Baum-Gesundheit in den Parkanlagen von 2017 bis 2020 in Beziehung zu setzen. Ziel war es, die Auswirkungen des Klimawandels und der Hitzejahre auf die historischen Gärten zu messen. Für diese zweite Untersuchung lagen deutschlandweit Daten für neun Anlagen, im Münchner Raum aber nur für den Englischen Garten vor. Generell habe die Gesundheit der Pflanzen im Zeitraum von 2017 bis 2020 in den neun untersuchten Anlagen abgenommen, teilte Kühn mit. Die gute Nachricht: Trotz der Dürreperioden der vergangenen Jahre zeigte der Englische Garten lediglich "wenige Veränderungen".

Angesichts der Ergebnisse empfahlen die Wissenschaftler, den Gesundheitszustand der historischen Parks regelmäßig deutschlandweit zu messen, um die Entwicklung zu verfolgen. Die historischen Gärten seien nicht zuletzt ein Kulturerbe, das es zu bewahren gelte, sagte Kühn. Dafür bedürfe es intensiver Pflegemaßnahmen und finanzieller Unterstützung, um eine Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen zu schaffen und die Parks zu erhalten.

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