Mordfall Charlotte BöhringerWird der Parkhausmord ein Fall für Karlsruhe?

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Der Tatort: Am 15. Mai 2006 wurde die Unternehmerin Charlotte Böhringer in der Penthousewohnung über dem Parkhaus in der Baaderstraße erschlagen.
Der Tatort: Am 15. Mai 2006 wurde die Unternehmerin Charlotte Böhringer in der Penthousewohnung über dem Parkhaus in der Baaderstraße erschlagen. (Foto: Robert Haas)

Benedikt T. hat den Mord an der Münchner Parkhausbesitzerin Charlotte Böhringer stets bestritten. Nun erwägt sein Anwalt, eine Verfassungsbeschwerde einzureichen.

Von Joachim Mölter

Der Mord an der Münchner Parkhausbesitzerin Charlotte Böhringer ist lange her, im Mai 2026 jährt er sich zum 20. Mal. Das Urteil ist auch längst gesprochen, Böhringers Neffe Benedikt T. musste deswegen ins Gefängnis. Der Fall könnte aber noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beschäftigen. T.s Anwalt Peter Witting überlegt, eine Verfassungsbeschwerde einzureichen, „wenn jetzt wieder gegen uns entschieden würde“. Den als „Parkhausmord“ bekannt gewordenen Fall hat er jedenfalls noch nicht zu den Akten gelegt, er geht in eine wieder mal entscheidende Phase.

Benedikt T. hat die Tat stets bestritten, er ist im April 2023 auf Bewährung aus der Haft entlassen worden. Er könnte die Sache auf sich beruhen lassen, aber er kämpft um seine Rehabilitierung, um einen Freispruch. Das im August 2008 vom Landgericht München gefällte Urteil beruhte auf einer Kette von 14 Indizien, von denen man einige auch entlastend für ihn hätte auslegen können, fanden etliche Juristen.

T.s Anwalt hat bereits dreimal eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt, 2012 und 2019 scheiterte er jeweils in letzter Instanz am Oberlandesgericht (OLG) München. Dort liegt nun auch sein dritter Wiederaufnahmeantrag aus dem Jahr 2022 zur Entscheidung. Witting hat erst kürzlich noch eine Stellungnahme abgegeben.

Beim dritten Versuch schien er erstmals Aussicht auf Erfolg zu haben. Nach mehr als zwei Jahren Aktenstudium hielt das mit der Prüfung beauftragte Landgericht Augsburg zumindest zwei der vorgebrachten Argumente für so überzeugend, dass es Wittings Antrag Anfang Dezember 2024 in diesen Punkten für zulässig erklärte. Gegen diesen Beschluss legte die Augsburger Staatsanwaltschaft umgehend Beschwerde ein; der schloss sich die Generalstaatsanwaltschaft München zwischenzeitlich an. Nach weiteren Schriftwechseln wartet Witting nun auf das Votum des OLG.

Falls es den ursprünglichen Beschluss verwerfen und damit erneut gegen seinen Mandanten entscheiden sollte, will der Anwalt beim Bundesverfassungsgericht nachfragen, „ob die Aufhebung der Landgerichts-Entscheidung noch mit dem Verfassungsrecht vereinbar ist“. Witting findet, dass Staatsanwaltschaften und Oberlandesgericht „die Voraussetzungen für ein Wiederaufnahmeverfahren zu eng auslegen“, wenn sie nun auch seinen dritten Antrag ablehnen. Die enge Auslegung mache es „nahezu unmöglich, mit einem Wiederaufnahmeantrag zum Erfolg zu kommen“.

Die vom Landgericht Augsburg anerkannten Punkte drehen sich um Tatablauf sowie eine Zeugin. Anhand neuer Hilfsmittel ermittelten Gutachter einen Tathergang, der im Widerspruch zu dem steht, den das Landgericht München in seinem Urteil rekonstruiert hatte. Zudem erhärteten sich Zweifel an Aussagen einer maßgeblichen Zeugin im Prozess. Aus beidem ergibt sich, dass nicht nur T. als Täter in Frage käme. Ein anderer war im Urteil aber kategorisch ausgeschlossen worden.

Wenn die Auflösung dieser Widersprüche kein Anlass seien für ein neues Verfahren, stelle sich ihm die grundsätzliche Frage, „ob die Hürden für ein Wiederaufnahmeverfahren nicht zu hoch sind“, so Witting. Und diese Frage würde er nicht mehr in München klären lassen wollen, sondern eben in Karlsruhe.

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