Süddeutsche Zeitung

Parken in der Stadt:Die Innenstadt wird zur Wapperlzone

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Parklizenzen sollen allerdings nur vergeben werden, wenn wirklich Bedarf besteht - Einstimmiger Beschluss des Stadtrats

Dominik Hutter

Tempo marsch, die Pendler kommen: In den nächsten vier Jahren, so beschloss gestern der Stadtrat einstimmig, sollen nahezu sämtliche Stadtteile innerhalb des Mittleren Rings zu Parklizenzgebieten werden. Allerdings nur, wenn wirklich Bedarf besteht. Eine Art Automatismus hin zu einer flächendeckenden Wapperlzone, wie sie SPD und CSU den Vorschlägen der städtischen Referate entnahmen, dürfe es nicht geben.

Den Anfang machen Teile von West- und Nordschwabing, wo die Planung bereits begonnen hat. Sechs neue Parklizenzzonen könnten in den dicht bebauten Wohnstraßen entstehen - wichtig vor allem in der Nachbarschaft bestehender Wapperlgebiete, die besonders gern von sparwilligen Parkern heimgesucht wird.

Wie es danach weitergeht, soll der Stadtrat im Frühjahr entscheiden. Um schneller voranzukommen, hat das Planungsreferat sämtliche Lizenz-Kandidaten zu vier Sektoren zusammengefasst, die jeweils komplett an die Reihe kommen sollen. Ein Sektor pro Jahr, lautet die Faustregel.

Vier Sektoren

Sektor 1 umfasst die Max- und Isarvorstadt, Sektor 2 die westlich anschließenden Stadtteile bis zum Ring (einschließlich der Schwanthalerhöhe). Nummer 3 ist zweigeteilt in einen Sendlinger und einen Bogenhauser Bereich.

Der ebenfalls gespaltene Sektor 4 besteht aus den Wohnvierteln rund um den Luitpoldpark sowie Teilen von Giesing, Ramersdorf und Berg am Laim. Die Nummern der Sektoren nehmen keine Reihenfolge vorweg - aus der Diskussion der vergangenen Monate lässt sich aber ableiten, dass wohl vor allem Max- und Isarvorstadt Priorität haben. Dort ist, wie jeder selbst ausprobieren kann, das Parken besonders unangenehm.

Im Endausbau erstreckt sich die Münchner Parklizenz, offiziell Parkraummanagement genannt, auf etwa 60 Zonen.

In der gemeinsamen Sitzung von Planungs-, Kreisverwaltungs- und Bauausschuss behielten es sich die Stadträte allerdings ausdrücklich vor, Ausnahmen zu machen. "Das muss man differenziert sehen", mahnte CSU-Planungssprecher Walter Zöller.

An vielen Stellen innerhalb des Mittleren Rings gebe es bessere Lösungen als das aufwändige Wapperl-System. Parkuhren und Kurzparkzonen etwa - oder einfach auch gar nichts, assistierte SPD-Kollegin Barbara Scheuble-Schaefer, deren Partei nahezu identische Änderungswünsche wie die CSU hatte. "Bedarfsgerecht" statt "flächendeckend" müsse die Parklizenz sein, beschlossen schließlich SPD, CSU und Grüne gemeinsam. Und auch die Bezirksausschüsse sollen ein gehöriges Wort mitreden dürfen.

Großkoalitionärer Schmusekurs

Auf Wunsch der Grünen wird außerdem geprüft, ob einzelne Auto-Stellplätze für Fahrräder reserviert werden und ob Ausnahmen für Car-Sharing-Fahrzeuge möglich sind. Die grünen Änderungsvorschläge wurden allerdings nur von der SPD mitgetragen, die CSU stimmte dagegen. Alle Parteien sind sich einig, dass es auch außerhalb des Rings Stadtteile mit Lizenzbedarf gibt - Neuhausen und Pasing etwa. Die würden über kurz oder lang ebenfalls überprüft.

Trotz des großkoalitionären Schmusekurses bei der Abstimmung zogen das rot-grüne Lager und die CSU ein sehr unterschiedliches Resümee der bestehenden 13Zonen in Schwabing, dem Lehel sowie in Au/Haidhausen. Für SPD-Planungssprecherin Constanze Lindner-Schädlich handelt es sich ganz klar um eine "Erfolgsstory", und das in sämtlichen Lizenzgebieten. "Die Parksituation hat sich wesentlich entspannt", findet sie.

Sogar in Schwabing seien wieder problemlos Stellplätze zu finden. "So ein Schmarrn", konterte Zöller, der sein einstiges Schwabinger Lieblingslokal mangels Parkmöglichkeit nicht mehr ansteuert. In vielen Bereichen, etwa vor Supermärkten, werde der Verkehr zudem nicht eingedämmt, sondern durch die guten Parkmöglichkeiten angelockt. Diese Argumentation fand SPD-Stadtrat Sven Thanheiser "grotesk" - schließlich habe die CSU jahrelang konsequent abgestritten, dass die Verflüssigung des Verkehrs zusätzlichen Verkehr anzieht.

Der Beschluss muss noch von der Vollversammlung bestätigt werden, was aber als Formsache gilt. Dann kann es losgehen: mit der Bestellung von 3200 zusätzlichen Parkscheinautomaten.

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Quelle:
SZ vom 13.10.2005
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