Süddeutsche Zeitung

Park-Stadt Schwabing:Die Zeche zahlen die anderen

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Ursprünglich als beispielhafter Standort eines innovativen Mobilitätskonzeptes gedacht, konterkariert die Stadt dieses Konzept geradezu mit ihrem Ja zum Firmenparkplatz von Microsoft

Von Thomas Kronewiter

Was ist es bloß für ein Signal, das dieser Tage vom Modell-Quartier in der Parkstadt Schwabing ausgeht? Dem High-Tech-Standort, um den sich angeblich auch ohne große Werbung die Großkonzerne reißen, mit seiner exzellenten Anbindung an die Nürnberger Autobahn und den Flughafen einerseits, an die urbane Innenstadt andererseits. Dem Standort, der zusammen mit dem nördlich angrenzenden Domagkpark auserkoren ist als Modell für ein innovatives Mobilitätskonzept, mit Autovermeidung, Radlverleih, Smartphone-geleitetem Tiefgaragen-Management sogar für Plätze, die nur stundenweise frei sind.

Ausgerechnet hier bekommt ein Großunternehmen, das über einen ungewöhnlich großen Dienstwagen-Fuhrpark verfügt, nun 450 Parkplätze. Oberirdisch wohlgemerkt (und angeblich nur vorübergehend), weil dem Weltmarktführer mit den vielen Fenstern im Gebäude ein weiteres Tiefgaragen-Geschoss zu teuer ist. Welches Licht wirft eine solche Entscheidung auf städtische Entscheidungsträger, die einem solchen Begehren zustimmen? Die ein Auge zudrücken, nur um des Wachstums willen. Hat sich bis ins Rathaus immer noch nicht herumgesprochen, dass das ungesteuerte Wachstum in München auch Probleme schafft? Hat man immer noch nicht erkannt, dass die Probleme in der Stadt mit solchem "Augenzudrücken" verschärft werden?

Die Zeche zahlen nun wieder die übrigen Firmen in der Parkstadt, die schon seit vielen Monaten kaum noch wissen, wohin ihre Mitarbeiter ihre Autos stellen sollen. Die Zeche zahlen die Bewohner der Parkstadt, die ohnehin unter der Dominanz des Unternehmensstandorts ächzen - und die im Übrigen auch Autos haben. Die Zeche zahlen die Akteure hinter dem Mobilitätskonzept, die nun sehen, wie ernst es die Stadt meint mit ihnen und ihrem Vorhaben.

Dass die Parkstadt Schwabing ihre ganz eigenen Probleme hat, gerade städteplanerischer Fehler wegen, ist seit Langem Gegenstand von Podiumsdiskussionen und Ortsterminen. Aber was soll's - man braucht ja künftig bloß "Park-Stadt" zu schreiben, und schon wird aus Murks ein Konzept.

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Quelle:
SZ vom 01.10.2015
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