Ideen für die Paketposthalle gibt es zuhauf. Manche Münchner Bürger wünschen sich eine Rollschuhbahn in dem riesigen einstigen Briefsortierzentrum, andere Kletterwände, Tanzböden, Ateliers, einen Jugendtreff, eine Bibliothek oder einen Naschmarkt wie in Wien. Aus 1200 Vorschlägen entwickelte ein Designcamp im vorigen Jahr ein Konzept von „fliegenden Bauten“ auf einer multifunktionalen Fläche für die weithin sichtbare denkmalgeschützte Halle im Münchner Westen. Laut einem Entwurf des Planungsreferates soll sie einmal ein „überdachter Stadtplatz mit Freiraumnutzungen, Kongress- und Tagungszentrum, gewerblichen sowie kulturellen Nutzungen“ werden, inklusive einer Musik-Theater-Halle im bis zu achtstöckigen Keller – die Ausgestaltung liegt in den Händen der Star-Architekten Herzog & de Meuron.
Und bis dahin? Also was passiert, bis der Unternehmer Ralf Büschl, der das Areal von der Post gekauft hat, dort drum herum wie von ihm beabsichtigt zwei 155 Meter hohe Hochhäuser und weitere Gebäude zu bauen beginnt? Dafür zeichnet sich nun eine Lösung ab, die spektakulär klingt, aber viele nicht überraschen dürfte. Die Zwischennutzungsspezialisten „This Is Really Happening“ haben sehr konkrete Pläne für das ganze Gelände. Dahinter stecken Michi Kern, Lissie Kieser und Gregor Wöltje, die schon aufsehenerregende Großprojekte wie das Pop-up-Hotel Lovelace in der Bayerischen Landesbank oder das Sugar Mountain in einem Sendlinger Betonwerk umgesetzt haben, auch ins Fat Cat im Gasteig und ins Lovecraft im ehemaligen Kaufhof am Stachus waren sie involviert. Jetzt sind sie sich mit der Büschl-Gruppe offenbar einig, die Paketposthalle und deren Außengelände zu bespielen.
„Bespielen“ ist das treffende Wort. „Alle dürfen mitspielen“, sagt Michi Kern, „unser Konzept lautet: Social Playground“. Hier soll alles passieren, „was man spielen kann, also Sport, aber auch Konzerte und Tanz – das heißt, wir wollen möglichst viele Angebote rund um die Uhr kostenfrei zur Verfügung stellen“. Losgehen soll es „spätestens März oder April“, wünscht sich Kern, das sei abhängig von den Genehmigungen, noch müssen die Lokalbaukommission und der Bezirksausschuss zustimmen, bislang sei kein Mietvertrag unterschrieben. „Alle Beteiligten versuchen, es möglich zu machen, unwahrscheinlich, dass etwas dazwischenkommt“, zeigt sich Kern zuversichtlich.
Bei der Büschl-Gruppe ist man derzeit noch viel vorsichtiger mit Verlautbarungen. „Wir wollen die Paketposthalle so schnell wie möglich der Öffentlichkeit zugänglich machen. Deshalb haben wir die Idee einer Zwischennutzung intensiv verfolgt“, schreibt eine PR-Agentur für den Investor. Und man bestätigt immerhin: „Wir sind auch mit Herrn Kern in Gesprächen und werden unsere Pläne und das Konzept Anfang 2025 vorstellen.“ So könne man der Stadtgesellschaft „für einen Zeitraum von schätzungsweise zwei Jahren ein erstes kulturelles und sportliches Erlebnisangebot bieten“.
Michi Kerns Planungen jedenfalls sind schon sehr weit, es arbeiten bereits etwa sechs Personen an dem Projekt, es sollen einmal 15 bis 20 werden, Gastronomie nicht eingerechnet. Man plane für zwei, drei Jahre – bliebe aber gerne länger. 250 000 Euro würde Kern – ausführend die Unternehmergesellschaft seiner Eventhalle Utopia – zunächst in die Hand nehmen, insgesamt könnten es „locker 750 000“ werden.
Denn zunächst ist das nur eine gewaltige Halle mit 18 000 Quadratmetern leerer Fläche und noch mal 20 000 Quadratmetern drum herum etwa für Beachvolleyball- und Fußball-Felder oder eine Fahrradbahn. Die müssen spielbar gemacht und strukturiert werden. Drinnen sollen vier Bereiche voneinander abgetrennt werden, durch Stellwände, Vorhänge oder Bodenmarkierungen. Es gibt einen Bereich für Floh- und andere Märkte; einen für Konzerte, Partys, Firmenkunden-Events; einen Spiel- und Sportbereich mit Tischtennis, Schach, Basketball und eventuell (das gegen Gebühr) Paddletennis; und einen Ausstellungsbereich, für den sucht man mit Allegria, die gerade das Utopia mit „Tutanchamun in 3D“ bestrahlen, eine immersive Schau mit passendem Thema – „oder wir machen eine Elektro-Go-Kartbahn rein“, sagt Kern.
Kern möchte die junge Generation ansprechen, aber auch gerade die ältere. „Es lohnt sich, in einen gemeinsamen Treffpunkt zu investieren, wo man sich gemeinsam bewegen kann, gemeinsam etwas bewegt“, sagt er, „wir wollen ein positives Zeichen setzen: Wir sind eine Gemeinschaft.“ Deswegen soll alles „sehr bunt, spielerisch, offen, einladend“ sein.

Finale im Münchner Kulturprojekt:Das Sugar Mountain schließt – und macht weiter
Ein letztes Wochenende lang wird auf dem „Happening Place“ gefeiert. Die Betreiber verraten schon, was sie danach im neuen Lifestyle-Quartier auf dem alten Betonwerk vorhaben.
So, wie man das vom gerade beendeten Projekt Sugar Mountain kennt. Aber mit einem entschiedenen Vorteil: Die Paketposthalle kann man wettersicher nutzen, das sei „sehr attraktiv für die Bevölkerung“: Tischtennis und Basketball das ganze Jahr über unter dem 147 Meter überspannenden, 27 Meter hohen Hallendach. Dessen signifikante Wellenstruktur werden die Besucher allerdings erst mal nicht sehen, denn in der Hallenhülle ist ein etwa sechs bis acht Meter hohes Innenhaus eingebaut. Das allerdings bietet den Vorteil, schalldicht und heizbar zu sein. Die spektakuläre Weite der Halle werde man den Gästen aber womöglich über begehbare Stege erfahrbar machen.
„Never To Small“ ist der Slogan des Teams für das Projekt, das noch nach einem Namen sucht. Und nach Partnern. „Wir wollen die Bürger beteiligen“, verspricht Michi Kern, der sich auch die Ergebnisse des Designcamps genau anschauen will. Kooperationspartner, etwa ein ziemlich bekannter Sportverein, sind so gut wie an Bord. Und es dürfe sich jeder melden, der Ideen hat, es seien auch viele Räume, etwa für Bands und Künstler, vorhanden. Jeder dürfe sich unter der Adresse der Utopia-Halle melden (hello@utopia-munich.com) – massenhaft Ideen seien „most welcome“.