"Outdoor by Ispo"-Messe:Was Sportler heute wollen

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Funktionalität und Style sind schon längst kein Widerspruch mehr. Inzwischen achten Sportartikelhersteller aber auch auf Nachhaltigkeit - und jedes Gramm.

Von Thomas Becker

An Pepper kommt keiner vorbei. Egal wo der kleine Roboter auftaucht, bildet sich sofort eine mindestens mittelgroße Menschenmenge, die neugierig verfolgt, was dieser elektronische Bursche so drauf hat. Ein Hingucker wie sein Kollege C-3PO aus "Star Wars" ist er, nur nicht so gülden, vielmehr in schlichtem Weiß gehalten, mit ähnlicher Blechstimme versehen und ebenfalls von einem gewissen Unterhaltungswert. Wer "Pepper, let's have a hug!" in sein auf Brusthöhe eingepasstes Display ruft, bekommt zur Antwort "Oh yes, of course!" Und dann fährt er seine Roboterarme zur Umarmung aus. High Five hat er auch drauf, und sogar ein paar ziemlich ambitionierte Dance-Moves. So sieht sie also aus, die schöne neue Messe-Welt, willkommen bei der "Outdoor by Ispo"!

Jahrelang hatte Europas größte Outdoor-Messe in Friedrichshafen stattgefunden, ehe man sich im vergangenen Jahr zum Umzug nach Riem entschloss. Mehr als 1000 Aussteller aus 35 Ländern präsentieren seit Sonntag vier Tage lang in neun Messehallen ihre Produkte aus den Bereichen Bergsteigen, Klettern, Bouldern, Wandern, Camping, Wassersport, Yoga und vielen Sportarten mehr. Nach sehr vielen Jahren des Wachstums erlebt die Branche gerade eine Stagnation, allerdings auf hohem Niveau: 5,81 Milliarden Euro betrug der Umsatz der Industrie im vergangenen Jahr. Der Bedarf an höherpreisigen Produkten wie Wetterschutz-Jacken oder Wanderschuhen scheint erst einmal gedeckt zu sein, dafür waren zuletzt Sandalen und Schwimmbekleidung wieder stärker gefragt - kein Wunder angesichts des offenbar anhaltenden Trends zum hochgradigen Mega-Sommer.

Von dem haben die Messebesucher in den angenehm temperierten Hallen gar nicht viel mitbekommen. Ohne zu schwitzen, lässt es sich entspannt von einer Halle zu nächsten spazieren - denn anders als bei der aus allen Nähten platzenden Ispo im Winter geht es auf der Outdoor deutlich entspannter zu. So kann man sich in Ruhe die mit dem Preis "Outstanding Outdoor" ausgezeichneten Produkte mal genauer anzuschauen. Zum Beispiel den federleichten Klettergurt, der völlig ohne Metallteile auskommt. Oder dieses neue atmungsaktive und wasserdichte Material, das nicht nur funktioniert, sondern auch noch angenehm zu tragen ist und deshalb in der Kategorie Comfort Performance gewinnt - eine Wertung, die es früher so nicht gab. Da hieß es: entweder Funktionalität oder Style. Heute ist "oder" längst durch "und" ersetzt worden.

Eingängig ist auch die Demonstration eines Wanderstock-Herstellers, der die drei Einzelteile mit einem einzigen Klack zusammenführt. Ebenfalls hübsch: der Schlafsack für Paare mit dem schönen Namen "4Two". Gewicht ist noch so ein Oberthema bei den Frischluftfreunden: Ein preisgekrönter Integralhelm für Mountainbiker wiegt gerade mal 600 Gramm, ein besonders toll wärmender Schlafsack 400 Gramm und ein Zelt, das sich auf die Größe einer ausgewachsenen Kaffeetasse zusammenfalten lässt, schlägt im Rucksack mit zarten 600 Gramm zu Buche. Und dann ist da noch diese vorbildlich nachhaltige Jacke, die sich selbst abbaut.

Überhaupt, die Nachhaltigkeit: An dem Thema kommt ja keiner mehr vorbei, egal, ob es um Fertigungsprozesse, den Verkauf oder die Verwertung von Altmaterialien geht. Antje von Dewitz, CEO von Vaude, einem der größten deutschen Hersteller, sagt: "Die Natur ist das Feld, wo wir Geschäfte machen. Und wir sind mitverantwortlich für viele Probleme, die es gibt." Kein Widerspruch, nirgends.

Diskutiert wird auf der Messe natürlich auch ausgiebig, nicht nur beim Netzwerken an den Ständen, sondern gern auch auf offener Bühne. Die Kletterer zum Beispiel, die zuletzt vor allem durch die überall wie aus dem Boden schießenden Boulderhallen gewaltigen Zulauf bekamen, diskutierten vor Publikum, wie sehr sich ihr Sport durch die Aufnahme in den Olympische-Spiele-Kanon verändern wird. Kletterveteran Stefan Glowacz, der 1985 den ersten professionellen Kletterwettkampf überhaupt gewann, hält wenig von dem olympischen Wettkampfformat und meint: "Klettern braucht Olympia nicht." Der Tscheche Adam Ondra, aktuell der wohl weltbeste Fels- und Indoor-Kletterer, mahnt ebenfalls zur Vorsicht: Man solle nicht zu viel verändern, um einem Massenpublikum gefallen zu wollen.

Um dieser breiten Masse die oft doch sehr komplexe Produktwelt näher zu bringen, lassen sich manche Firmen einiges einfallen. Wer von Halle B6 Richtung B5 läuft, kommt zum Beispiel an gut vier Metern Regen vorbei: Ein Hersteller hat dort einige seiner wasserdichten Jacken einer viertägigen Dauerberieselung ausgesetzt. Botschaft: Da geht nix durch! Aber auch jede Menge eher mittelwichtiger Gimmicks sind zu sehen: Base-Caps mit blinkender LED-Anzeige, lustige Chill-out-Hüte oder Zelte mit dem sprechenden Namen Hubba Hubba. Selbst aktiv werden kann man natürlich auch: Bouldern und Kletter-Yoga in A6, Bike-Test-Trail in C5, River Lake Camp in C6, Shoe-Test-Track in A5 und, wer ganz hart drauf ist, nimmt morgens um sieben an der Lauftour "Running City" teil.

Was aber hat Roboter Pepper mit all dem zu tun? Eigentlich nur, dass er für die nächste Veranstaltung in Riem wirbt: den Ispo Digitize Summit. Denn an der Digitalisierung führt auch hier kein Weg vorbei.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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