Wer wird Millionär: Pastor verschenkt Gewinn:Pragmatischer Samariter

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Von Anfang an gab es für Pastor Alfred Mignon nur einen Grund, bei "Wer wird Millionär" mitzumachen: Er wollte einem überschuldeten Freund helfen. Dann gewinnt der Geistliche 125.000 Euro.

Stefan Mühleisen

Alfred Mignon deutet mit dem Finger in die Sitzreihen. "Gott liebt auch jene, die etwas verbockt haben. Er kümmert sich um alle seine Leute", predigt der Pastor. Elf Mitglieder seiner evangelisch-methodistischen Kirche im 4500 Einwohner zählenden Dorf Otterfing (Landkreis Holzkirchen) sind zum Gottesdienst gekommen.

Bei Günther Jauch gewinnt Pastor Alfred Mignon 125.000 Euro - und schenkt den Großteil des Geldes einem überschuldeten Freund. (Foto: epd)

Sie lauschen der Geschichte von der Barmherzigkeit Gottes. Sie mögen ihren Pastor, weil er sich um alle seine Leute kümmert. Seit Freitagabend wird Mignon, der mit seinem weißen Rauschebart aussieht, wie sich Renaissancemaler auf ihren Gemälden Gottvater vorgestellt haben, deutschlandweit als selbstloser Samariter gefeiert.

Alfred Mignon, 61, evangelisch-methodistischer Pastor in München und Otterfing, hat bei der RTL-Quizsendung "Wer wird Millionär" 125.000 Euro gewonnen. Noch in der Sendung erklärte er Moderator Günther Jauch, dass er 80.000 Euro der neunköpfigen Familie eines Freundes spenden wird, um deren Schulden zu begleichen. Später erhöhte er den Betrag auf 110.000 Euro.

Tags darauf prangt sein Gesicht auf der Titelseite von Bild. Mignon kann es kaum fassen. "Wenn so etwas zur Sensation gemacht wird, läuft doch etwas gewaltig schief", sagt er. Mit ernster Miene und mit dem Anflug von heiligem Zorn fügt er hinzu: "Das sollte ganz normal sein. Was predige ich eigentlich die letzten 40 Jahre?"

Seine Gemeindemitglieder wissen schon seit langem, dass er an der Quizsendung nur teilnahm, um die Schulden seines Freundes aus Neuried auszubügeln. Der muss mit seiner Frau für sieben Kinder sorgen. Er brachte drei, sie zwei Kinder mit in die Ehe. Dann bekamen sie noch Zwillinge. Mignons Freund, der auch Mitglied der Freikirchengemeinde ist, verdiente sein Geld als Musiker in einem Bläser-Ensemble.

Doch die Band zerstritt sich. Der Streit ging vor Gericht, der Musiker sollte jetzt allein für eine ganze Latte an Steuerschulden zahlen. Die Anwaltskosten gingen bald in die Zehntausende, die Situation wurde immer hoffnungsloser. Bald tauchte ein Gerichtsvollzieher zum Konzerttermin der neuen Band des Neurieders auf - und kassierte die Einnahmen aus der Abendkasse, wie Mignon kopfschüttelnd berichtet: "Ich wusste irgendwann: Es hilft nichts, ich muss etwas tun."

Zu diesem Zeitpunkt war der Pastor bereits zum zweiten Mal in der Vorauswahlrunde gescheitert. Seit 2008 will er auf den Kandidatenstuhl bei Günther Jauch, um 90 Prozent des Gewinns für wohltätige Zwecke zu spenden.

"Missionarisch-diakonisch" nennt er das, was aus seinem Mund ziemlich pragmatisch klingt. Vor dem schlichten Holzkreuz in seiner Kirche in Otterfing, die von außen wie eines der umliegenden Bauernhäuser aussieht, macht der massige Mann deutlich, dass die Sorge ums Gemeinwohl für ihn etwas Gewöhnliches ist. Auf einem Beistelltisch mit Orangensaft und Keksen liegt die aktuelle Bild-Ausgabe, daneben eine Karte mit dem Satz: "Reichtum sollte nur einen Zweck haben: Armut abzuschaffen."

Seine 80 Gemeindemitglieder - sie verteilen sich auf die umliegenden Landkreise - lieben ihren Pastor für diese pragmatische Art. Am Freitagabend kamen etwa zehn von ihnen im Pfarrsaal zusammen und sahen sich mit Mignon dessen Auftritt an - die Sendung war bereits am 12. April aufgezeichnet worden. Am nächsten Tag stand das Telefon nicht mehr still, der Pastor gab ohne Pause Interviews, auch ein Fernsehteam schaute vorbei.

Doch als selbstlosen Samariter lässt sich Mignon nicht abstempeln. Die verschuldete Familie wird das Geld nicht bekommen - sondern das Finanzamt und die Gläubiger. "Der Druck muss so listig, wie es nur geht, von ihnen genommen werden", sagt Mignon.

© SZ vom 09.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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