Süddeutsche Zeitung

Otmar Bernhard:Chef in der Schlangengrube

Es ist schwer, aus dem Manne klug zu werden. Da beschreiben ihn seine Freunde durchwegs als ruhig, besonnen, zurückhaltend und vorsichtig. Trotzdem hatte dieser Otmar Bernhard gestern nichts Besseres zu tun, als auf einem Schleudersitz Platz zu nehmen - dem Chefsessel im CSU-Bezirksverband.

Von Berthold Neff

Dort hat es zuletzt niemand lange ausgehalten. Johannes Singhammer hatte sich Anfang 1999 noch mit Hans-Peter Uhl gerangelt, wer die Münchner CSU führen dürfe. Als Singhammer knapp vier Jahre später entnervt aufgab, folgte das kurze Gastspiel der Monika Hohlmeier, das nun in einem Scherbenhaufen endet.

Otmar Bernhard soll es nun also richten, soll kitten, was in der Münchner CSU auseinandergebrochen ist durch die Machtkämpfe im Münchner Osten und durch den Prozess gegen einstige CSU-Hoffnungen, von denen in der Berufung weiteres Ungemach droht, weil sie dann so richtig auspacken wollen.

Otmar Bernhard kann sein neues Amt, in das ihn die Delegierten voraussichtlich Ende September wählen werden, insofern ohne Vorbelastung angehen, als er sich stets herausgehalten aus den Machtkämpfen, die in der Münchner CSU-Schlangengrube mit viel Inbrunst - und auch einem gewissen Maß an krimineller Energie - geführt wurden.

Der gebürtige Laimer, Jahrgang 1946, wuchs in einer Beamtenfamilie auf. Am Fürstenrieder Ludwigs-Gymnasium macht er sein Abitur, an der Ludwig-Maximilians-Universität seinen Jura-Doktor, bevor er in den höheren Verwaltungsdienst des Freistaats eintrat. Acht Jahre lang war Bernhard, seit 1970 CSU-Mitglied, Büroleiter von Peter Schmidhuber, als dieser Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Europafragen war.

Danach schnupperte Bernhard erstmals Landtags-Luft, als er 1988 als stellvertretender Geschäftsführer der Landtagsfraktion anheuerte. Kurz darauf wollte er vom Amt zum Mandat wechseln und wurde 1990 prompt mit dem besten Ergebnis aller Abgeordneten für den Münchner Westen ins Maximilianeum gewählt.

Dort, im Münchner Westen, ist er trotz seiner stillen Art bekannt wie ein bunter Hund. Dort bekam er aber im vorigen Sommer schon zu spüren, was ihn an der Spitze der Münchner CSU erwartet. Die Pasinger CSU versuchte, gegen Bernhard zu meutern, aber er überstand es gut. Im Landtag hatte Bernhard ohnehin größere Bewährungsproben zu meistern. Es muss Edmund Stoiber durchaus imponiert haben, wie es Bernhard verstand, als Vorsitzender des LWS-Untersuchungsausschusses den Regierungschef ganz fern von all den Millionen zu halten, die einst im Osten verspekuliert wurden wurden und danach im Landessäckel fehlten.

Bernhard hat aus seiner ersten Ehe mit der 1995 verstorbenen CSU-Stadträtin Clarita Bernhard zwei Kinder. Im Dezember 2003 heiratete er nochmals und blieb auch dabei dem Westen treu. Gisela Mayrhofer-Bernhard lernte er als Organisatorin des Kulturvereins Allach-Untermenzing kennen. Sie wird nun etwas weniger von ihm haben - der CSU zuliebe.

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SZ vom 24./25.07.2004
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