Organspendeskandal am Rechts der Isar:Chefarzt äußert schweren Verdacht

Organspende

Mehr Leberverpflanzungen als Hauptmotiv für Manipulationen im Klinikum rechts der Isar? 

(Foto: dpa)

Mehr Leberverpflanzungen als Hauptmotiv für die Manipulationen bei Organspenden? Diesen Verdacht hat nun ausgerechnet der ehemalige Leiter des Transplantationszentrums am Klinikum rechts der Isar genährt - und stößt damit auf harsche Kritik.

Von Christina Berndt

Mit den Manipulationen bei Lebertranplantationen am Klinikum rechts der Isar sollte möglicherweise vor allem die Zahl der Verpflanzungen erhöht werden. Diesen Verdacht hat jetzt ausgerechnet der ehemalige Leiter des Transplantationszentrums und Chef der Nephrologie, Uwe Heemann, genährt.

In einem Artikel für die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift Dialyse aktuell äußerte sich der Nierenspezialist zu den Hintergründen des Skandals, in den auch das Rechts der Isar verwickelt war. Dabei wurden Patientendaten manipuliert und so ausgewählten Patienten vorzeitig Spenderlebern verschafft. "Über die Gründe für diese Manipulationen ist viel spekuliert worden", schreibt Heemann.

"Klar ist aber, dass eine der Hauptmotivationen der Wunsch nach vermehrten Lebertransplantationen war. Dies war nur über eine Manipulation der Warteliste möglich, da Deutschland bereits vor diesem Skandal eine im internationalen Vergleich niedrige Spenderate hatte." Das klingt, als wäre den Ärzten, die Patientendaten fälschten, gar nichts anderes übrig geblieben.

Kein Kommentar von Chefarzt und Klinikum

Was er damit genau gemeint hat, wollte der Mediziner auf Anfrage der SZ nicht näher erläutern. Auch zur Frage, wessen Wunsch die Steigerung der Zahl von Lebertransplantationen am Rechts der Isar gewesen war und ob die Manipulationen womöglich auf Befehl von oben stattgefunden haben, sagte er nichts. Er betonte jedoch, dass er sich selbst "an solchen Manipulationen weder beteiligt noch dies gemacht" habe.

Auch der Ärztliche Direktor des Klinikums, Reiner Gradinger wollte die Äußerungen seines Chefarztes nicht weiter deuten. Die Vorgänge seien durch unabhängige Kommissionen ausführlich untersucht worden; die Staatsanwaltschaft ermittle, ließ er mitteilen. "Insofern gibt es keinen Anlass, die persönliche Meinung von Professor Heemann seitens des Klinikums zu kommentieren."

"Absolut inakzeptabel"

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP), der auch Aufsichtsratsvorsitzender des Rechts der Isar ist, distanzierte sich dagegen "auf das Schärfste" von den Äußerungen. Persönliche Einschätzungen seien zwar nicht verboten, allerdings müsse nun überprüft werden, "ob Professor Heemann Kenntnisse von Tatsachen hat, die zur Aufklärung von Manipulationen beitragen könnten, sie jedoch bislang verschwiegen hat".

Ob es am Rechts der Isar Weisungen gab, die Zahl der Lebertransplantationen zu erhöhen, werde von Staatsanwaltschaft und Bundesärztekammer sowie im Rahmen disziplinarrechtlicher Ermittlungen überprüft. "Eine Steigerung der Transplantationszahlen allein ist kein sinnvolles Ziel", sagte Heubisch, Manipulationen seien in jedem Fall "absolut inakzeptabel".

Irritiert ist man auch in der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG): Die Äußerungen Heemanns seien "unverständlich und ärgerlich", sagte DTG-Präsident Wolf Otto Bechstein. "Die Frage stellt sich, ob er vor diesem Hintergrund noch seine Funktionen in der DTG wahrnehmen kann."

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