Vergabe von Spenderorganen:Patient wurde offenbar doch bevorzugt

Erst ging man am Klinikum rechts der Isar von einem Versehen aus, nun zeigt ein klinikintern vorliegendes Gedächtnisprotokoll: In mindestens einem Fall wurde wohl doch ein Blutwert vorsätzlich manipuliert - und so einem Patienten vorzeitig eine Spenderleber verschafft. Jetzt ermittelt auch die Münchner Staatsanwaltschaft.

Christina Berndt

Neuer Verdacht bei Organvergaben

Das Klinikum rechts der Isar steht in der Kritik: Gab es doch vorsätzliche Manipulationen, durch die Patienten bei der Organvergabe bevorzugt wurden?

(Foto: dpa)

Am Klinikum rechts der Isar wurden offenbar doch Laborwerte vorsätzlich gefälscht, um einen Patienten bei der Organverteilung gezielt zu bevorzugen. Das teilte das Klinikum am Montag dem Gesundheits- und dem Wissenschaftsministerium mit.

"Bei der weiteren internen Prüfung der festgestellten Auffälligkeiten" hätten sich "Anhaltspunkte ergeben, dass im Einzelfall eine Manipulation nicht ausgeschlossen werden kann", ließ Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) erklären. "Diese neuen Erkenntnisse nehmen wir sehr ernst", betonte er. "Jetzt müssen Staatsanwaltschaft und Prüfungskommission dies schnellstmöglich und umfassend untersuchen."

Ein Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft sagte am Dienstag, dass diese jüngsten Erkenntnisse in den "Prüfvorgang" mit einfließen würden. Die Behörde wolle den Verdacht auf vorsätzliche Manipulation bei der Vergabe von Organen am Klinikum rechts der Isar in München untersuchen.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung legt ein klinikintern vorliegendes Gedächtnisprotokoll eines Arztes nahe, dass ein Laborwert aktiv manipuliert wurde. Der hohe Gerinnungswert in einer Blutprobe des Patienten hatte die Transplantation dringlich erscheinen lassen; doch die zugehörige Blutprobe stammt nachweislich nicht von dem Patienten auf der Warteliste. Sie wurde ihm wohl zugeordnet, um ihm schneller eine Leber zu verschaffen. Eine Vertauschung sei unwahrscheinlich, erfuhr die SZ.

Insgesamt gibt es bei neun Lebertransplantationen am Klinikum rechts der Isar Auffälligkeiten. Bis zum Montag hatten der Klinikdirektor und der Leiter des Transplantationszentrums Vorsatz noch ausgeschlossen. Sie waren davon ausgegangen, dass lediglich Fehler gemacht wurden. "Jetzt muss man auch weitere Fälle in Zweifel ziehen", sagte ein Insider der SZ.

Als besonders kritisch gelten insgesamt vier Fälle. In zweien gibt es auffällige Laborwerte, in zwei weiteren wurde fälschlicherweise angegeben, die Patienten hätten eine Dialyse erhalten. Dies lässt die Transplantation ebenfalls dringlicher erscheinen. "Es ist nun wahrscheinlicher, dass auch die Kreuze bei der Dialyse womöglich mit Vorsatz gesetzt wurden", so der Insider. Ob zwei weitere Transplantationen bei Krebspatienten regelwidrig waren, ist umstritten.

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