Organspende-Skandal:Verwirrung um Prüfbericht zum Rechts der Isar

Wolfgang Heubisch.

Minister Wolfgang Heubisch (FDP).

(Foto: picture alliance / dpa)

Hat er die Öffentlichkeit über Wochen hingehalten oder gar falsch informiert? Seit Wochen wartet Wissenschaftsminister Heubisch angeblich auf eine Bewertung des Transplantations-Skandals - dabei liegt ihm die laut Ärztekammer längst vor.

Von Christina Berndt und Sebastian Krass

Zumindest unangenehm ist die Angelegenheit für Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch. Nach den Manipulationen bei Lebertransplantationen sagte der FDP-Politiker in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums rechts der Isar über Wochen, er könne über mögliche persönliche Konsequenzen für den Ärztlichen Direktor Reiner Gradinger noch nichts sagen, weil ihm der endgültige Bericht der Bundesärztekammer (BÄK) noch nicht vorliege.

Auch am Montag dieser Woche wiederholte er diese Aussage. Am Dienstag aber erklärte die Bundesärztekammer, dass der Bericht der Prüfungs- und Überwachungskommission zum Münchner Klinikum rechts der Isar "fertiggestellt und den entsprechenden Stellen zugeleitet wurde". So stellt sich die Frage: Hat Heubisch die Öffentlichkeit über Wochen hingehalten oder gar falsch informiert? Ein solcher Gedanke sei "völlig abwegig", erklärt seine Sprecherin. Er habe die Öffentlichkeit "stets schnell und umfassend informiert".

Der Bericht enthält massive Vorwürfe gegen den Klinikchef

Zu der Verwirrung um den Bericht sagt sie, man sei davon ausgegangen, dass die vorliegende Version noch nicht die endgültige sei, "Unklarheiten haben sich aber inzwischen weitestgehend aufgelöst". Der Minister sei überdies davon ausgegangen, dass die Bundesärztekammer "einen offiziellen umfassenden Bericht über die Transplantationszentren bundesweit, beziehungsweise zumindest in Bayern vorlegen wird". Was ein solcher Bericht mit möglichen Verfehlungen im Rechts der Isar zu tun haben könnte, lässt sie offen.

Der BÄK-Bericht zu diesem Klinikum ist deshalb so wichtig und brisant, weil darin massive Vorwürfe gegen den obersten Klinikchef Reiner Gradinger stehen. Laut einer vorläufigen Version, die der SZ vorliegt, wollte Gradinger Manipulationen bei Lebertransplantationen, von denen er bereits 2010 erfahren habe, nicht aufklären. Vielmehr sollten "weitere Untersuchungen gerade nicht stattfinden", heißt es. Am Kern des Textes und damit auch an den Vorwürfen gegen Gradinger hat sich nach SZ-Informationen nichts mehr geändert.

Nach der Verwirrung geht das Ministerium nun in die Offensive: Heubischs Sprecherin erklärt, man habe bereits auf der Basis des vermeintlich vorläufigen Berichts eine Prüfung "auch unter dem Aspekt möglicher arbeitsrechtlicher und dienstrechtlicher Konsequenzen begonnen und hierzu auch externe Beratung eingeholt". Es liegt nahe, dass diese Prüfung auch Gradinger betrifft. Auf eine Frage dazu wollte die Sprecherin "aus Gründen des Persönlichkeitsschutzrechtes nicht antworten".

Wissenschaftsminister Heubisch hatte in den vergangenen Wochen stets offen gelassen, ob Gradinger Konsequenzen zu befürchten habe. Noch am Montag erklärte der Aufsichtsratschef, er stehe "persönlich hinter dem Rechts der Isar". Gradinger nannte er dabei nicht.

Gradinger glaubt, "in der Breite das Vertrauen" zu haben

Wolfgang Herrmann, der als Präsident der Technischen Universität auch im Aufsichtsrat des Universitätsklinikums sitzt, fährt einen anderen Kurs. Er sagte vor gut zwei Wochen: "Gradinger hat meine volle Unterstützung." Im Gegensatz zu Heubisch ließ er auch durchblicken, dass der Bericht der Bundesärztekammer zum Rechts der Isar für ihn keine besondere Bedeutung habe. Er habe sich selbst über die Vorgänge informiert: "Wir wissen viel, und ich kann da nichts finden." Am Dienstag erklärte ein TU-Sprecher, Herrmann werde sich zu dem Bericht dann äußern, "wenn er es für richtig hält. Und das ist nicht jetzt".

Als Arzt genießt der Orthopäde Reiner Gradinger großes Renommee, als Ärztlicher Direktor steht er aber auch klinikintern massiv in der Kritik. Mehrere Chefärzte sollen ihm das Misstrauen ausgesprochen haben. Auf einer Mitarbeiterversammlung vor zwei Wochen soll es Rücktrittsforderungen und Applaus dafür gegeben haben.

Gradinger bestätigt, dass es Widerstände gegen seine Person gebe. Aber er sagt auch, er habe "in der Breite das Vertrauen. Man kann nicht überall positiv bewertet werden". Die negative Bewertung der Bundesärztekammer aber könnte nun zur ernsthaften Gefahr für ihn werden.

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