Süddeutsche Zeitung

Optimolgelände im Umbruch:Tanz um die Party-Zonen

Der Umzug der Milchbar in die Innenstadt und die zum Jahresende ablaufenden Pachtverträge der anderen Clubs werfen eine alte Frage neu auf: Wie geht es weiter mit Münchens großen Party-Arealen, den vorhandenen und den geplanten?

Jochen Temsch

Ein Niedergang sieht anders aus. Ausgerechnet dienstags, an einem eher ruhigen Tag unter der Woche, stehen die Gäste bis auf die Friedenstraße Schlange, um in den "Heimatabend" im Club Drei Türme zu kommen. Die jungen Hip-Hopper treffen sich im Club 4. Im Elektro-Fachladen Harry Klein sind zurzeit die besten weiblichen DJs gefragt. Und doch gibt es noch eine ganz andere Unruhe auf dem Optimolgelände.

Der Umzug der Milchbar in die Innenstadt und die zum Jahresende ablaufenden Pachtverträge der anderen Clubs werfen eine alte Frage neu auf: Wie geht es weiter mit Münchens großen Party-Arealen, den vorhandenen und den geplanten?

Laut Mathias Scheffel, der zusammen mit Wolfgang Nöth das Optimolgelände an die Clubs verpachtet, läuft alles "im Großen und Ganzen wie bisher". Es sei der falsche Eindruck entstanden, die Betreiber der Milchbar, die Faltenbacher-Brüder, verließen das Gelände ganz. Sie würden zwar umziehen, die alten Milchbar-Räume aber unter einem neuen Namen weiterbetreiben.

Doch es gibt noch mehr Veränderungen: der Choice Club macht dicht, der Club 4 unter anderem Namen weiter, und Gerd Schneider schließt seine Disco K 41 und den Salon Erna - zum einen, wie er sagt, weil er nach 20 Jahren im Nachtleben eine persönliche Veränderung will, andererseits, weil er mit seinem Konzept der unkomplizierten Partymusik bei anspruchsvoller Bar nicht mehr gegen die "Billigsauf-Konkurrenz" ankämpfen mag.

Vorteil beim Rauchverbot

Die Betreiber des Harry Klein dagegen sehen optimistisch in die Zukunft. Zwar haben auch sie wie die Milchbar-Leute in der Innenstadt nach einem neuen Standort gesucht, die Angebote aber als zu groß und teuer verworfen. Jetzt verlängern sie auf dem Optimolgelände. Harry-Klein-Macher Jochen Schücke sieht für die Wirte am Ostbahnhof eine große Chance gegenüber der Innenstadt: das Rauchverbot, das wohl Hunderte ausgelassene Partygänger zwischendurch auf die Straßen treiben wird.

Tatsächlich beschweren sich schon jetzt viele Anlieger über Lärm vor ihren Schlafzimmern. Auf dem Optimolgelände wäre genügend Abstand und Platz für Raucherzonen im Freien. Ende 2010 allerdings ist nach bisherigem Stand der Dinge Schluss mit dem Partybetrieb. Dann müssen die aus Nöths Kunstpark Ost hervorgegangenen Gelände Kultfabrik und Optimol vertragsgemäß den Bebauungsplänen der Stadt weichen - wenn es nicht doch wieder eine Verlängerung gibt.

Eigentlich wollten Nöth und Scheffel sowieso schon längst ihren so genannten "Kunstpark Nord" an der Allianz-Arena eröffnen, zu dem sie selbst lieber "Projekt Fröttmaning" sagen: ein 5,5 Hektar großes Areal mit Konzerthallen, Clubs, Gastronomie und Ateliers. Doch das Hickhack darum dauert schon seit Jahren an.

Nöth und Scheffel fehlte zunächst ein Geldgeber für die 26 Millionen Euro, die das Vorhaben kosten soll. Ende vergangenen Jahres schrieb die Stadt das Gelände schließlich aus. In die engere Wahl kamen auch Nöth und Scheffel, die inzwischen einen Münchner Investor gefunden haben. Doch jetzt geht die Prozedur schon wieder von vorne los. Nach Urteilen des Oberlandesgerichts Düsseldorf und des Europäischen Gerichtshofs muss die Stadt ihre Vergabekriterien überarbeiten. Das Kommunalreferat teilt mit, dass die Stadt hier "Neuland" betrete und noch nicht absehbar sei, wann die neue Ausschreibung stattfinden kann.

Scheffel und Nöth, die viel Geld in die Planung gesteckt haben und laut Scheffel bereits fertige Mietverträge für Fröttmaning in der Schublade aufbewahren, üben sich in Geduld. An ihren Erfolg glauben sie immer noch: "Wenn ich morgen Pächter für Fröttmaning suchen darf, sind die Räume übermorgen vergeben", sagt Scheffel. Ob Optimol-Pächter von heute unter den Neuen von übermorgen wären, ist jetzt noch keine Frage in diesem kurzlebigen Metier. Fragt man die Betreiber, erhält man typische Nachtleben-Weisheiten: Heute tanzen, morgen sorgen.

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Quelle:
SZ vom 22.11.2007
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