Tobias Kratzer ist gerade der Mann der Stunde, nicht nur, aber vor allem in der Münchner Opernwelt. Denn hier, an der Bayerischen Staatsoper, inszeniert der Landshuter einen neuen Ring. Sein „Rheingold“ hatte gerade Premiere. Und die so erwartbare wie traurige Nachricht ist: Über den offiziellen Kartenverkauf sind nur mehr vereinzelt Tickets zu bekommen für die Vorstellungen am 31. Oktober, 3., 8. und 10. November. Wagner-Fans, die diesmal leer ausgegangen sind, bleibt nur die Vorfreude auf die Münchner Opernfestspiele 2025. Am 28. und 31. Juli kehren Alberich, Floßhilde, Wellgunde und Woglinde zurück auf die Bühne des Nationaltheaters.

Die Handschrift von Tobias Kratzer als Regisseur kann man an der Bayerischen Staatsoper aber auch sehr, sehr fern von Richard Wagners Kosmos entdecken: in seiner Inszenierung von Mieczysław Weinbergs Oper „Die Passagierin“, die nach der Premiere im vergangenen März nun wieder für drei Abende – am 15., 18. und 21. November – auf dem Spielplan steht. In der Erinnerung von Hauptfigur Lisa führt die Handlung ins Vernichtungslager Auschwitz, wo sie als SS-Mitglied Aufseherin war. Beinahe 20 Jahre später ist diese Lisa mit ihrem Mann, einem Diplomaten, dem sie diese Vergangenheit verschwiegen hat, unterwegs auf einer Kreuzfahrt. Unter den Passagieren auf dem Ozeandampfer glaubt sie Martha zu erkennen, eine der Gefangenen in Auschwitz, die sie für tot hielt. Was Kratzer aus dieser komplexen Geschichte über Schuld und Verdrängung macht, wie er das ethisch und ästhetisch löst, ist beeindruckend. Und einfach herausragend ist die junge russische Sopranistin Elena Tsallagova als Marta.
Mieczysław Weinberg hat die szenische Uraufführung seiner Oper 2010 bei den Bregenzer Festspielen nicht mehr erlebt, er starb 1996 in Moskau im Alter von 75 Jahren. Mit Bregenz aber setzte so etwas wie eine Weinberg-Renaissance ein. Zu den Wiederentdeckungen im Werk des polnisch-jüdischen Komponisten, der vor Hitlers Truppen aus Warschau in die Sowjetunion entkommen war, gehört auch sein Opern-Einakter „Lady Magnesia“, den die Staatsoper ebenfalls wieder ins Programm genommen hat. Theresa Maria Schlichtherle bringt das Stück, zu dem Weinberg das Libretto nach einem Melodram von George Bernard Shaw verfasste, in der Firmenzentrale von Brainlab (Olof-Palme-Straße 9) auf die Bühne (28., 29. November, 1. Dezember). Es spielen Drinks, Gift und Gips eine Rolle spielen. Und die Musik dieser schrägen Kammeroper – die szenische Uraufführung war 2012 in Erfurt – hat überraschend viele Zutaten.
Apropos George Bernard Shaw, wie so viele vom Schreiben lebende Menschen, hat auch er mal als Journalist, gar als Musik- und Theaterkritiker begonnen. Vor die Flinte kamen ihm da gewiss auch die in England sehr populären Werke von Arthur Sullivan und William Gilbert, die im 19. Jahrhundert auf der Insel das Genre der komischen Oper begründeten. Von dem Duo stammt auch die Freibeuter-Farce „Die Piraten von Penzance“. Am Anfang von allerlei absurden Verwicklungen steht ein Hörfehler, weshalb der junge Frederic statt einer „privaten Ausbildung“ eine „Piratenausbildung“ absolviert, sich in die Tochter eines Generalmajors verliebt und ... Lange Rede, kurzer Unsinn: Premiere hat das schräge Ding am 29. November am Gärtnerplatztheater.