Und wieder eine Nymphe. Vor einem Jahr war es Eurydike, die einen Mann in einem derartig starken Abhängigkeitsverhältnis hinter sich herzog, dass er ihr sogar in die Unterwelt folgte. Nach dem „Orpheus“-Triple (Monteverdi, Gluck, Offenbach) stellt die kleine Oper in der Pasinger Fabrik nun „Die schöne Galathee“ auf den Sockel, Premiere ist 11. Juli.
In der Antike ergeht es Galatea wie so vielen Nymphen, sie werden begehrt, meist vom Falschen, in ihrem Fall vom einäugigen Zyklopen Polyphem. In Franz von Suppès Operette – wir überspringen rasch Vergil und Ovid – sind gleich mehrere Männer hinter ihr her. Der Bildhauer Pygmalion, der sie sich als ideales Frauenbild aus einem Marmorblock klopft, dessen Sklave Ganymed und Midas, Nomen est Omen, ein superreicher Kunsthändler. Die Geschichte wäre an dieser Stelle schon beinahe auserzählt, wäre da nicht die römische Liebesgöttin Venus (die griechische Aphrodite hat ausgedient). Sie erweckt die Statuette zum Leben. Dann, oh Schreck, oh Frankenstein, entwickelt das Geschöpf seinen eigenen Willen.

Was läuft im Tanz:Schwanengesang statt Schwanensee
Im Juli zeigen Münchens Ballettbühnen Highlights der Saison, im Werksviertel gibt es Experimente und im Deutschen Theater Weltklasse-Tango.
Eine Emanzipationsgeschichte? Aus dem habsburgischen Wien des Jahres 1865? Na, mal nicht übertreiben. Franz von Suppè wusste sehr genau, wie weit er bei seinem feiersüchtigen Publikum, vor allem aber bei der k.&k.- Theaterzensur gehen konnte. Sein großes Vorbild war in jedem Fall Jacques Offenbach, der sogenannte Vater der Operette, der mit seinen frechen Antiken-Parodien wie „La Belle Helene“ (1864) in Paris ungeheure Erfolge feierte. Weil er Kaiser Napoleon III. unverhohlen angriffslustig ans Bein pinkelte, der ihm aber nichts konnte.
Diese treffsicheren politischen Travestien und frivolitées à la Paris hießen fortan Offenbachiaden. Und auch im weniger frechen Wien wurden sie das Maß aller Dinge. Schon ein Jahr nach der Uraufführung der schönen Helena brachte Schnell-Komponist Franz von Suppè seine „schöne Galathee“ auf die deutschsprachigen Bühnen. Die Anleihen sind unverkennbar, und Marcus Everding setzt in seiner Neuinszenierung nun noch einen drauf, indem er sich munter bei Offenbachs Musik, aber auch bei Carl Joseph Millöcker, einem anderen Opernkomponisten, bedient. Warum er und Musikchef Andreas Pascal Heinzmann den Suppè hier etwas andicken? Um aus seinem Einakter einen Zweiakter zu machen. Damit sich’s lohnt. Und Everding ist genau der richtige Mann dafür, ein Wiederholungstäter quasi, 2016 hatte er die alte Offenbachsche Helena in der Fabrik sehr pointenreich verjüngt.

Schauplatz ist diesmal nicht Kreta zur Zeit des Trojanischen Krieges, sondern Zypern, 31 vor Christus – an einem Freitag. Im Atelier von Pygmalion herrscht dicke Luft, die gesamte griechische Welt wartet auf ein neues Werk des Meisters, doch der haut manisch einen Marmorblock nach dem anderen zusammen, die Skulptur des idealen Weibes will ihm einfach nicht gelingen. Weil das Material auch schon damals ein teures Gut war, fürchtet Diener Ganymed, der sich stets Rat holt bei KI-Sprachassistentin Alexa, die Privatinsolvenz seines Herren und damit den Jobverlust. Dann tauchen nacheinander der Klatschblatt-Reporter („Zeit für Zypern“), der superreiche Galerist und Venus auf, die keinesfalls „als „Venus von Milo“ in die Geschichte eingehen möchte und Pygmalion aus der Schaffenskrise hilft. Galathee nimmt also schöne Gestalt an, erst aus Marmor, dann aus Fleisch und Blut, und mit sehr eigenem Kopf. Nach der Pause, im zweiten Akt, erfährt man, wie das alles ausgeht.
„Die schöne Galathee“, Premiere am Donnerstag, 11. Juli, 19.30 Uhr, weitere Vorstellungen bis zum 18. August, Pasinger Fabrik, August-Exter-Str. 1, Karten unter www.muenchenticket.de oder an der Tageskasse der Fabrik, Di. – So., 17.30 – 20.30 Uhr, Tel. 82 92 90 79