Der Max-Joseph-Platz vor der Oper ist nicht der Grüne Hügel von Bayreuth. Trotzdem liegt Wagners wuchtiges Werk Parsifal an diesem Sonntagabend wie ein dicker Klangteppich auf dem Platz, auf dem sich schon Stunden vor der Aufführung Hunderte Menschen niedergelassen haben, um die "Oper für alle" in der Julisonne zu genießen. Es ist ein bunter Flickenteppich an Decken, Regenschirmen zum Sonnenschutz und luftig gekleideten Menschen, die dem grauen Ort vor der Oper mediterranes Ambiente verleihen. Zwei Pärchen, die es sich auf einer Picknickdecke bequem gemacht haben, packen eine regelrechte Tapasbar vor sich aus. Melonenschnitten, roher Schinken, Shrimps und Oliven glänzen in Plastikdosen, nebenan gibt es in einem Getränkewagen passend Prosecco auf Eis. So versüßt man sich die Wartezeit bis zur Live-Übertragung von Richard Wagners Spätwerk Parsifal unter der Leitung von Generalmusikdirektor Kirill Petrenko, während drinnen die Ehrengäste dinieren.
Im Ionischen Saal gibt BMW, das "Oper für alle" 1997 als Partner der Bayerischen Staatsoper mit aus der Taufe gehoben hat, einen Empfang. Es kommen beinahe alle wichtigen Museumsdirektoren der Stadt: Kein Wunder, das Bühnenbild hat Georg Baselitz gestaltet, der Gedankengeber für die Inszenierung ist. Da gibt sogar ein anderer großen Maler unserer Tage dem Empfang die Ehre: Markus Lüpertz. Harald Krüger, der Vorstandsvorsitzende von BMW, erzählt die etwas andere Geschichte von Parsifal alias Jonas Kaufmann: Der, das sei verbrieft, singe sich im Auto immer ein. Gerade sei er auf dem Weg vom Ammersee, wo er wohne, nach München. Opernintendant Nikolaus Bachler scherzt: "Hoffentlich schafft er es pünktlich." Bis zum ersten Auftritt des Parsifal, 50 Minuten nach Beginn, ist der Tenor jedenfalls angekommen und kann sein Debüt als der "reine Tor" Parsifal geben. Und das ist gut so, denn Kaufmann allein, der am Dienstag 49 Jahre alt wird, hat etliche Opernfans an diesem sonnigen Sonntag in die Altstadt gelockt zum fünfstündigen Klassikerlebnis - keine leichte Kost. "Ich bin wirklich kein Wagner-Fan", sagt Sybille May, die 300 Kilometer weit angereist ist und um 15 Uhr ihre Picknickdecke ausgebreitet hat. "Aber der Kaufmann ist schon toll."