Süddeutsche Zeitung

Online-Petition der Grünen:Die Freischankflächen sind in Gefahr? So ein Quatsch!

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Angeblich sollen in München die Vorschriften dafür verschärft werden. Ein großer Aufreger - aber ein falsches Gerücht.

Kommentar von Dominik Hutter

Parken wollen Sie? Hier, wo wir gerade Bier trinken? Geht es nach den Münchner Grünen, werden am Straßenrand bald ulkige Dialoge geführt - zwischen erbosten Autofahrern und Kneipenbesuchern, deren Tisch exakt da steht, wo gestern noch ein Parkplatz war. Parkplätze zu Freischankflächen, so lautet die jüngste Forderung von Münchens Grünen-Chefin Gudrun Lux. Zumindest temporär sollen Autos den Biergläsern weichen.

Hintergrund der Forderung: verschärfte Bedingungen für Freischankflächen, die von den Behörden rigoros umgesetzt werden. 1,60 Meter Abstand müssen neuerdings zwischen Tisch und Bordstein frei bleiben - da bleibt nicht mehr viel Platz zum Sitzen. Die Wirte bangen bereits um ihre Existenz, die Gäste um ihren Freiluft-Rausch. Nachzulesen in einer Online-Petition, die Lux mit ihrer Pressemitteilung verlinkt hat. Als Beweismittel sozusagen, dass erhöhter Platzbedarf herrscht.

Das Dumme ist nur: Was in der Online-Petition steht, stimmt nicht. Die Mindestabstände gibt es schon seit Urzeiten, eine Verschärfung hat nicht stattgefunden. Vielmehr hat der Stadtrat vor drei Jahren eine Lockerung der Regeln beschlossen. Seitdem darf der Abstand in Ausnahmefällen sogar etwas kleiner ausfallen, zudem sind diverse Gestaltungsvorgaben für die Freiluft-Kneipe weggefallen. Das zuständige Kreisverwaltungsreferat versichert, dass auch die Verwaltungspraxis unverändert ist - sprich: dass nicht strenger vorgegangen wird als bislang üblich.

Offensichtlich stimmt eben doch nicht alles, was im Internet steht. Oder in der Zeitung. Das Gastro-Gerücht hat es bereits in mehrere Münchner Medien geschafft - stets mit Verweis auf die Online-Petition und ohne Stellungnahme des Kreisverwaltungsreferats. Ein Wirt berichtete, zwar noch keine Aufforderung zur Verkleinerung seiner Freischankfläche erhalten zu haben. Aber wenn es denn so käme, dann wäre das sehr schlimm.

Wie gut, dass Lux mit einer politischen Initiative zur Stelle war. Denn wenn es nun tatsächlich so käme, könnte man ja stattdessen die Tische und Stühle dort platzieren, wo jetzt noch Autos stehen. Allerdings müsste die Stadt vorher noch die Vorgaben für Freischankflächen verschärfen. Sonst hätte das Ganze ja gar keinen Hintergrund.

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Quelle:
SZ vom 15.05.2017
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