Olympiadorf:In der Not Parkplatz-Sharing

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Unten parken, oben wohnen: Im Oly-Dorf funktioniert das seit fast 50 Jahren prima. Doch jetzt rosten die Stahlträger des Parkhauses. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In den kommenden drei Jahren wird das große Parkhaus saniert - ohne Schallschutzmaßnahmen. Die Anwohner erwarten einen "furchtbaren Lärm" und müssen selbst nach Ausweichlösungen für ihre Autos suchen

Von Jerzy Sobotta, Olympiadorf

Anfang kommenden Jahres wird das große Parkhaus im Olympischen Dorf saniert. Betroffen sind rund 1000 Parkplätze der Wohnanlagen Helene-Mayer-Ring 4, 10, 12 und 14, von denen sich die meisten auf Höhe der Tankstelle an der Lerchenauer Straße befinden. Drei Jahre dürften die Bauarbeiten andauern, bestätigt ein Mitarbeiter der Betontechnologischen Ingenieurgesellschaft (BTI), die von den Wohnungseigentümern mit der Sanierung beauftragt wurde. Die Arbeiten werden in drei Bauabschnitte unterteilt, sodass jeweils etwa 300 Parkplätze gleichzeitig wegfallen. Im kommenden Jahr sind die Abschnitte von Haus 4 und 10 betroffen, 2021 folgt der Abschnitt von Haus 12 und 2022 entfallen die Parkplätze im Bereich von Haus 14.

Der Umbau kostet etwa zehn bis zwölf Millionen Euro, schätzt Leonhard Lipp, ein Techniker der Olympiadorf Verwaltung GmbH (ODVG), die sich für die Wohnungseigentümer um die Wohnanlagen kümmert. Die Eigentümer hätten die Sanierung der Parkplätze bereits beschlossen und trügen die Kosten. Die technischen Details würden zurzeit noch geplant.

Nicht geplant wird allerdings, wo die Anwohner während der drei Jahre ihre Autos abstellen. "Für Ausweichparkplätze haben wir im Olympiadorf keinen Platz", sagt Leonhard Lipp von der Olympiadorf Verwaltung. Jeder Bewohner müsse sich selbst um eine Alternative kümmern. "Wir haben bereits vor zwei Jahren über die Sanierung informiert."

Diese ist längst überfällig. Der fast 50 Jahre alte Beton reißt mit der Zeit und nimmt Feuchtigkeit auf, dadurch rosten die Stahlträger. Carbonatisierung heißt dieser Vorgang und kann schwere Schäden an der Konstruktion verursachen. Bei den Sanierungsarbeiten werden diese Betonteile mit einem Hochdruckstrahler bei 2000 bar abgetragen, sagt Franz Plückthun von der BTI. Anschließend wird frischer Beton aufgetragen. Allerdings verursachen die Hochdruckstahler ein lautes Zischgeräusch. Wegen der Größe der Parkanlage könne man keinen Schallschutz errichten, sagt Plückthun.

Die Folge: "Die Leute werden jahrelang einen furchtbaren Lärm ertragen müssen", klagt Herbert Hantelmann von der Olympiadorf-Betrieb Beteiligungs GmbH (ODBG), die sich im Olympiadorf um Grünanlagen und Müllentsorgung kümmert. Er fordert stattdessen einen Abriss und Neubau der Parkplätze. "Das kostet zwei Millionen mehr, erspart den Menschen aber jahrelangen Lärm", sagt er. Besonders hart treffe es ausgerechnet die Bewohner im Wohnkomplex Richtung Lerchenauer Straße. Dort wohnten die meisten Bewohner zur Miete, daher hätten sie bei der Eigentümerversammlung über die Parkplatzsanierung selbst nicht mitentscheiden können, sagt Hantelmann. Außerdem hätten die Olympiadörfler bereits zwei Jahre lang die Sanierung der Bungalows im Studentendorf ertragen. Auch die Staubbelastung bei der Entfernung des Betons sei enorm. "Daher wird die Sanierung sehr kontrovers diskutiert", sagt Hantelmann. Doch Komplettabriss und Neubau der Anlage seien bereits verworfen, heißt es auf Anfrage bei der ODVG - es werde saniert und nicht abgerissen.

Als zweites Problem neben dem Lärm bleibt für die Dorfbewohner die Frage, wo sie während der Sanierung ihre Autos parken sollen. Um praktische Lösungen dafür bemüht sich derzeit Christian Treffer vom Olympiawerk, dem Service- und Handwerker-Laden im Olympiadorf. Treffer hat eine Tauschbörse ins Leben gerufen, bei der die Anwohner ihre Stellplätze miteinander teilen können, organisiert vom Olympiawerk. "Nicht jeder braucht seinen Parkplatz Tag und Nacht", sagt Treffer. Wenn ein Bewohner auf der Arbeit sei, könne er seinen Parkplatz tagsüber etwa an eine Arztpraxis oder an jemanden abtreten, der im Olympiadorf arbeitet - und umgekehrt. Gegen eine kleine Gebühr könne man sich anmelden, die Verteilung übernimmt eine Mitarbeiterin. Bislang hätten sich etwa 100 Menschen gemeldet. "Aber wenn die Bauarbeiten losgehen, dann kommen sie alle", prophezeit Treffer. Er hofft, dass er alle Parkplatznomaden unterbekommt: "Es ist ein Geben und ein Nehmen, das macht unser Dorf doch aus." Und wenn es gut funktioniere, dann könne man das Parkplatz-Sharing danach weiterführen.

© SZ vom 28.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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