Olympia 2018: Kandidaten im Vergleich:Kampf bis zur Zielgeraden

Jahrelang hat das IOC die drei Bewerberstädte für Olympia 2018 genau beobachtet, nun fällt die Entscheidung. Doch wer liegt im Rennen vorn? Die SZ hat die Stärken und Schwächen von München, Pyeongchang und Annecy verglichen.

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Vancouver 2010 - Medaillen

Quelle: dpa

Eine Bewerbung für die Olympischen Spiele ist ein Drama, das auf der Zielgeraden entschieden wird. Der Weg bis zur feierlichen Verkündigung aber ist hart: Die Bewerber müssen einen langen, ermüdenden Wettbewerb unter ständiger Beobachtung des IOC hinter sich bringen. Berge von Formularen, Plänen und Verträgen müssen eingereicht, der Besuch einer IOC-Evaluierungskommission gemeistert werden. Wer liegt aber im Rennen vorn? Klaren Aufschluss darüber liefert selbst der Bericht der IOC-Experten nicht wirklich. Die SZ hat dessen wichtigste Punkte ausgewertet und selbst beurteilt, wie gut die drei Kandidaten demnach abschneiden, von doppelt Minus (ganz schlecht) bis doppelt Plus (richtig gut). Bleibt nur die Frage, ob sich die IOC-Mitglieder an die SZ-Interpretation halten werden.

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Olympia 2018: Kandidaten im Vergleich:Das Konzept

Pyeongchang: Favorit wirbt mit 'neuen Horizonten' und ganz viel Geld

Quelle: dapd

Das Konzept

Eine Idee, eine Art Alleinstellungsmerkmal, benötigt jede Bewerbung. Und natürlich ein Konzept, wo Sportstätten, Olympische Dörfer, Journalistenunterkünfte und Medienzentren errichtet werden.

München: +

München will vor allem mit den vielen bereits bestehenden Sportstätten punkten, die sich auf drei Austragungsorte verteilen. Bis zum Königssee ist es zwar nicht unbedingt der nächste Weg - dafür gilt vor allem der "Eis-Cluster" in München als vorbildlich kompakt. Die Region hat große Erfahrung beim Ausrichten von Großereignissen - von der Ski-WM in Garmisch bis zur Münchner Wiesn.

Pyeonchang: ++

Korea hofft auf den Reiz des Neuen - Winterspiele im aufstrebenden Asien statt in "good old Europe". Das Konzept mit nur zwei Austragungsorten gilt als vorbildlich kompakt, und die Koreaner überschlagen sich mit immer neuen Investitionen in Kultur- und Bildungsprogrammen. Lediglich Pyeongchang selbst bietet allerdings nur wenig Abwechslung - und bis nach Seoul ist es ziemlich weit.

Annecy: -

Die einzelnen Austragungsorte sind ziemlich weit voneinander entfernt - und die Aufteilung auf immerhin vier unterschiedliche Gegenden mit vier olympischen Dörfern gilt als suboptimal. Das IOC bemängelte zudem, dass die Franzosen zwar gerne über Visionen für Kultur, Erziehung und Stadtleben philosophieren, im Konzept aber nur sehr wenig Konkretes dazu zu finden ist.

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Olympia 2018: Kandidaten im Vergleich:Der Verkehr

Olympia-Viererbob vor dem Münchener Landtag

Quelle: dpa

Der Verkehr

Spiele der langen Wege gelten als abschreckend. Die Verkehrsmittel müssen daher nicht nur leistungsfähig, sondern auch schnell sein. Auf der Straße werden spezielle Olympiaspuren ausgewiesen.

München: +

634 Millionen Euro sollen in den Ausbau von Straße und Schiene investiert werden. Das IOC hält das Münchner Verkehrskonzept für sehr leistungsfähig, sämtliche Anforderungen würden erfüllt. Die Fahrtzeit zum Flughafen ist kürzer als bei den Konkurrenten, und auch die Tour zwischen Sportstätten und Unterkünften dauert nicht lang. Bei der Bahn könnte es in Garmisch Engpässe geben.

Pyeonchang: +/-

Auf immerhin 3,5 Milliarden Euro belaufen sich die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Der Großteil davon ist für einen Hochgeschwindigkeitszug ins gut 100 Kilometer entfernte Seoul gedacht. Sollte der allerdings nicht rechtzeitig fertig werden, befürchtet das IOC unangenehm lange Fahrtzeiten. Denn der nächste internationale Flughafen ist ebenfalls in Seoul.

Annecy: --

Die Franzosen wollen 740 Millionen Euro in Verkehrsprojekte investieren. Das IOC findet allerdings, dass die Fahrtzeit zwischen den einzelnen Austragungsorten zu lang ist. Vor allem die Medienvertreter müssten wegen der weit verstreuten Unterkünfte ziemlich viel hin und her fahren. Der nächste internationale Flughafen ist in Genf - von dort bis nach La Plagne dauert es 160 Minuten. 

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Olympia 2018: Kandidaten im Vergleich:Die Finanzen

Annecy: Der Außenseiter wirbt mit seiner Kueche

Quelle: dapd

Die Finanzen

Es gibt ein Organisationsbudget, das aus IOC-und Sponsorengeldern, Ticket- und Lizenzerlösen besteht. Und ein Investitionsbudget, das Gelder Privater wie des Staates umfasst.

München: +/-

München hat mit 2,8 Milliarden Euro das preisgünstigste Konzept vorgelegt. Von dieser Summe entfallen 1,3 Milliarden auf das Organisations- und 1,5 Milliarden auf das Investitionsbudget. Die Finanzplanung gilt beim IOC als solide - zur Achillesferse könnte die sehr hoch einkalkulierte Zahl der freiwilligen Helfer werden. Kommen die nicht, wird es teurer.

Pyeongchang: +/-

Pyeongchang 2018 kostet stolze 6,7 Milliarden Euro - 1,3 Milliarden fürs Organisations- und 5,4 Milliarden fürs Investitionsbudget. Aus dem IOC-Evaluierungsbericht lassen sich - bei grundsätzlich positiver Bewertung - einige Risiken herauslesen. So bewege sich der Kostenansatz zum Thema Sicherheit im unteren Bereich.

Annecy: +/-

Die Winterspiele in Frankreich sollen gut 3,6 Milliarden Euro kosten. Davon entfallen 1,5 aufs Organisations- und 2,1 Milliarden aufs Investitionsbudget. Das IOC hat das französische Finanzkonzept als belastbar und ohne jede Einschränkung positiv beurteilt. Allerdings vermisst das IOC eine spezielle, eigentlich verlangte Finanzgarantie.

Im Bild: Annecy

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Olympia 2018: Kandidaten im Vergleich:Die Umwelt

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Quelle: AP

Die Umwelt

Sind grüne Winterspiele in Zeiten des Klimawandels überhaupt möglich? Ja, sagen die Bewerber und haben Konzepte entwickelt, mit denen sie das beweisen wollen. Erfolgreich?

München: +/+

Viele Bewerbungen haben sich mit grünen Spielen gebrüstet, aber die Münchens könnte tatsächlich grüner werden als die der Konkurrenz. In München/Garmisch müssten 1,3 Hektar Wald fallen - vergleichsweise wenig. Umweltschützern kritisieren aber, dass der Wintersport angesichts des Klimawandels zu viele Ressourcen verbrauche.

Pyeongchang: -

94 Hektar Wald müssten in Pyeongchang für Olympia fallen - das empfindet auch das IOC als "signifikanten Eingriff". Zudem ist auch in guten südkoreanischen Wintern nicht mit einer geschlossenen Schneedecke zu rechnen. Allerdings wird auch im Weltcup längst nur noch auf Kunstschnee gefahren. Auch in Garmisch- Partenkirchen.

Annecy: +

Annecy rangiert aus Umweltschutzsicht im Mittelfeld: 18 Hektar Wald würden geschlagen, viele Sportstätten existieren schon, und was neu gebaut wird, würde vermutlich in einer traditionsreichen Region eher genutzt als in Südkorea. Ärger hatte Annecy mit der Umweltorganisation Cipra: Sie sollte ein Umweltkonzept erstellen, zog sich aber zurück.

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Olympia 2018: Kandidaten im Vergleich:Die Unterkünfte

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Quelle: SZ

Die Unterkünfte

Wo Sportler und Zuschauer nächtigen und wie nah sie beisammen sind, ist ganz entscheidend: Für die Stimmung, für das Zusammengehörigkeitsgefühl - und für die Siegesfeiern nach dem Wettkampf.

München: +/-

Die Sportler würden in drei olympischen Dörfern (Entwurf im Bild) wohnen, nur eines darf aber so heißen. In je zehn Minuten sollen sie ihre Wettkämpfe erreichen. Nah daran sollen auch die Medien unterkommen. Gelobt wird der hohe Anteil temporärer Bauten - die jedoch ein Kostenrisiko darstellen. Die geforderten 23.300 Hotelbetten kann München locker bieten - bekrittelt werden die hohen Hotelpreise.

Pyeongchang: +/+

Mit 76.000 Hotelzimmern im Umkreis und erschwinglichen Preisen führt Pyeongchang das Rennen an. Auch die Pläne für die Sportlerunterkünfte gefallen dem IOC: Es soll nur zwei Dörfer geben, das Alpensia-Resort in Pyeongchang und das Coastal Village in Gangneung. Die Pläne sind kompakt: 80 Prozent der Sportler wären in weniger als zehn Minuten am Start.

Annecy: -

Auch bei den Unterkünften rächt sich das dezentrale Konzept: Gleich vier olympische Dörfer sollen die Sportler beherbergen. Für die Mannschaften wäre dies ein logistisches Problem. In Annecy und Umgebung gibt es zwar genug Hotelbetten, in der Stadt selbst aber nur sehr wenige. Außerdem fehlt nach Geschmack des IOC noch ein 200-Betten-Haus. Insgesamt: ein Manko.

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Olympia 2018: Kandidaten im Vergleich:Die Sportstätten

München 2018

Quelle: dpa

Die Sportstätten:

Sie sind das Herzstück der Bewerbungen: Die Hänge und Pisten, die Stadien, Schanzen und Strecken, auf denen Medaillen vergeben werden. Sie sollen eine Herausforderung sein - auch für künftige Sportler.

München: +/+

Die Sportstätten sind ein Trumpf der Münchner Bewerbung: Die Kandahar-Abfahrt, auf der einige alpine Disziplinen ausgetragen werden, gehört zu den anspruchsvollsten Strecken der Welt und wurde gerade erst auf den neuesten Stand gebracht. Gleiches gilt für die Skisprungschanze und die Bob- und Rodelbahn am Königssee - sie alle sind etablierte Weltcup-Strecken. Ein großes Plus.

Pyeongchang: +

Auch Pyeongchang konnte dem IOC vermitteln, dass es 2018 Top-Strecken bieten kann. Etabliert wie die Münchner sind diese nicht. Die IOC-Prüfer lobten aber die neue Langlauf-, Biathlon- und Ski- sprungarena. Die Sportstätten liegen dichter beieinander als bei der Konkurrenz und als je zuvor. Ob diese später im Weltcup genutzt werden, ist unklar. Abzüge gab es bei den Zuschauerzahlen.

Annecy: +

Fachleute schätzen die Qualität der Sportstätten etwas niedriger ein als die der Konkurrenz - vor allem, weil diese weiter verstreut liegen. Auch die Franzosen verfügen über renommierte Sportstätten, unter anderem sollen die Bob- und Rodelevents in La Plagne stattfinden, die Skiwettbewerbe am Mont Blanc in Chamonix. Außerdem haben sie schon dreimal Winterspiele ausgerichtet. 

© SZ vom 02.07.11/benK
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