Süddeutsche Zeitung

Olympia-Attentat:Gedenkstätte im grünen Hügel

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Von Katja Riedel

Der Ort soll ein echter Einschnitt sein, und so sieht er auch aus. Ein Einschnitt in einen Hügel - und in die Geschichte des Ortes, an dem der Hügel steht: des Münchner Olympiaparks. Deshalb wird die neue Gedenkstätte für das Olympia-Attentat, bei dem während der Sommerspiele 1972 elf israelische Sportler und ein bayerischer Polizist starben, nun inmitten des Olympiaparks, auf dem sogenannten Lindenhügel, zu finden sein.

Zwei andere Standorte in der Nähe, der Connolly- und der Studentenhügel, waren zuvor wegen Bedenken der Anwohner verworfen worden. Sie waren den Menschen, die im Olympiazentrum wohnen, zu sichtbar, zu nahe an ihren Wohnungen, sagten die Studenten. Und den Connollyhügel lehnten die Olympiadorfbewohner ab, weil sie ihren Schlittenhügel nicht verlieren wollten.

Doch es gab auch Stimmen, die offen zugaben, lieber keine Gedenkstätte an das Attentat im Olympiapark haben zu wollen. Zu der Präsentation der Pläne war die Eigentümer-Interessengemeinschaft am Montag nicht eingeladen.

Er wolle die Pläne darum nicht bewerten, sagte deren Stellvertretender Vorsitzender Till von Feilitzsch, kritisierte aber zugleich, nicht erneut gehört worden zu sein.

Gedenkraum wie eine Höhle

Nun also ein neuer Ort, ein neuer Hügel, in den der neue Gedenkraum wie eine Höhle hineingebaut wird. Und dessen Mittelpunktfunktion und zahlreiche Sichtachsen zu wichtigen Schauplätzen des Attentats auch Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) bei der Präsentation der Pläne am Montag immer wieder betonte.

"Wir wollen den Opfern des Anschlags die Würde wiedergeben", sagte Spaenle. Die neue Gedenkstätte lassen sich der Freistaat, die Stadt München, der Bund, das Internationale Olympische Komitee sowie der Deutsche Olympische Sportbund insgesamt 1,75 Millionen Euro kosten, sagte Spaenle.

Das Ergebnis wirkt zumindest in der Projektion durchaus beeindruckend: Im Inneren des offenen Raums werden elf Meter breite Projektionswände und Stelen die Lebensgeschichten der Opfer erzählen. Mit QR-Codes, die Smartphones scannen und in Texte und Bilder verwandeln können, sollen weitere Informationen zu dem Attentat während der Olympischen Spiele 1972 abrufbar sein.

24 Stunden am Tag soll der Raum dann von Herbst 2016 an geöffnet sein. Dies sei zwar ein ehrgeiziger Zeitplan, man sei jedoch entschlossen, diesen einzuhalten, sagte Spaenle.

An der Konzeption des jetzigen Entwurfs haben auch Experten der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, des Jüdischen Museums München, Angehörige von Opfern, das israelische Generalkonsulat und die Landeszentrale für politische Bildung mitgearbeitet.

Seit einigen Wochen ist eine Koordinatorin des Projektes in Israel bei den Opferfamilien, um mit diesen gemeinsam zu überlegen, welche Dokumente künftig am neuen Erinnerungsort an diese und an ihre Lebensläufe erinnern sollen.

Auch der israelische Generalkonsul Dan Shaham war deshalb zu der Präsentation der Gedenkstättenpläne gekommen und lobte den Entwurf des Tirschenreuther Architekturbüros Brückner & Brückner, der sich in einem Wettbewerb gegen mehrere Konkurrenten durchgesetzt hatte und der nun für den neuen Standort überarbeitet worden ist.

Symbol für Terrorismus

Den Olympiapark heute bewusst zu einem Ort zu machen, der auch für eine Tragödie, für Terrorismus stehe, das sei für München und Bayern ein "mutiger Prozess", lobte Generalkonsul Dan Shaham. Und der Olympiapark sei der Ort, an dem der internationale Terrorismus begonnen habe, was er noch heute beherrsche: mit den Medien zu spielen.

So war es auch ein wichtiges Kriterium für die Standortsuche, den Ort des Gedenkens auch in Sichtbeziehung zum sogenannten Pressehügel zu bringen, auf dem die Medien die Ereignisse dicht gedrängt verfolgten und manche Kameraleute gar auf Leitern saßen, um die eindringlichsten Bilder einzufangen.

Es soll nicht der letzte Gedenkort an das Attentat bleiben, betonte Spaenle. Der Freistaat wolle auch in Fürstenfeldbruck, wo die Geiselnahme auf dem Flugfeld scheiterte, ein deutlich sichtbareres Erinnern finanzieren.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2015
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