OktoberfestWoher die Liebe zum Traktor kommt

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Zwei Veranstaltungen und zwei Symbole, die eigentlich alles erklären: Ein Prosit auf die Wiesn, ein Hoch auf den Traktor!
Zwei Veranstaltungen und zwei Symbole, die eigentlich alles erklären: Ein Prosit auf die Wiesn, ein Hoch auf den Traktor! (Foto: dpa)

Parallel zum Oktoberfest wird das Zentral-Landwirtschaftsfest zelebriert. Liebhaber moderner Landmaschinen versetzt das in helle Begeisterung. Der Versuch einer Erklärung.

Von Peter Wagner

Es gibt Menschen, die ziehen tatsächlich die Attraktionen des Zentral-Landwirtschaftsfestes (ZLF) den Fahrgeschäften auf der Wiesn vor. Schon die schiere Gegenwart von Landmaschinen erzeugt bei manchen eine größere Faszination als die Aussicht auf turbulente Rundfahrten in Achterbahn oder Karussell. Der Fendt 1050 Vario zum Beispiel, einer der größten Standardtraktoren der Welt, thront wie eine königliche Majestät am Stand der BayWa und erfährt Tag für Tag die Zuneigung und Bewunderung der Besucher. Das ZLF ist ein Hochamt für Liebhaber der modernen Landmaschine.

Dabei ist das mit der modernen Landmaschine eine durch und durch ambivalente Geschichte. Seit Jahrzehnten ist sie jedem Bauern ein Versprechen auf ein angenehmeres Leben. Wer mit maschineller Hilfe in weniger Zeit mehr Feldarbeit schafft, so die Hoffnung, der hat dann auch mehr Muße fürs Wesentliche. Wer aber nun glaubt, er könne mehr Zeit mit dem Partner verbringen, der hat sich geschnitten.

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Diese Rechnung geht nur selten auf, denn die Preise für Weizen oder Milch sind so beharrlich niedrig, dass die Bauern die mit den Maschinen gewonnene Lebenszeit stets für noch mehr Arbeit nutzen müssen. Die moderne Landmaschine ist insofern das manifeste Versprechen, dass der Käufer bald noch mehr Aufgaben in seinen Tagen wird unterbringen können.

Der Aura, die die Kolosse umgibt, scheint das aber nicht zu schaden. Aus bloßen Zug- oder Erntemaschinen sind im Lauf der Jahrzehnte Designobjekte geworden. Der Fendt 1050 Vario, von der Fachpresse zum Traktor des Jahres 2016 erkoren, wurde mit mehreren Gestaltungspreisen ausgezeichnet, von einem "German Meisterwerk" ist da die Rede. Im Wesen vieler Maschinen, wie sie auf dem ZLF der Besucher harren, liegt auch wirklich eine kräftige Portion Eleganz. Tierische Eleganz, um genau zu sein. Die Traktoren und Drescher und Häcksler erinnern mal an Löwen, mal an Büffel, mal an Jaguare. Je nach Betrachtungswinkel und Fantasie erheben sich aber auch Libellen oder gar Grashüpfer aus den Umrissen.

Viele Fahrzeuge, wie sie da auf dem ZLF stehen, signalisieren vor allem Selbstbewusstsein. Und das ist interessant. Vielleicht liegt hier einer der Gründe für die anziehende Kraft der Landmaschinen: Sie verkörpern in ihrem Auftreten den Stolz, den der moderne Bauer verloren hat oder für dessen Ausdruck ihm vor lauter Antragsschreiberei und Zukunftssorge die Nerven fehlen.

Allein der Aufstieg in die Fahrerkabinen erzeugt ein erhabenes Gefühl. Dort oben herrschen ein Überblick und eine Ruhe, wie man sie aus dem Auto nicht kennt. Für kurze Zeit entsteht das Gefühl, einen Turm betreten zu haben, von dem aus die komplexe Welt der gegenwärtigen Landwirtschaft eine Ordnung bekommt. Dort oben entsteht Übersicht, wie sie im Alltag die Ausnahme ist.

Nebenbei werden mit einem Multifunktionsjoystick bis zu 775 Pferdestärken kinderleicht verfügbar. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Gefühl: Selten bekommt ein Mensch das Prinzip Selbstwirksamkeit so gut zu spüren wie auf einem Traktor, der ein Feld winterfertig pflügt, oder wie auf einem Mähdrescher, der die Ernte des Jahres Meter für Meter in sein breites Maul rafft. Ein Auto kann das nicht. Und die Wilde Maus auch nicht.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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