Süddeutsche Zeitung

Oktoberfest:Wiesnwirte bestimmen Nachfolger für ihren Sprecher

  • Toni Roiderer hört als Sprecher der Wiesnwirte auf.
  • Wegen der Auseinandersetzungen um die Bierpreisbremse mit Bürgermeister Schmid war er in diesem Jahr noch einmal in den Ring gestiegen.
  • Nachfolger soll offenbar Peter Inselkammer, der Wirt des Armbrustschützenzelts, werden.

Von Franz Kotteder

Es gibt Ämter, deren Bedeutung erschließt sich nur dem Münchner ganz - schon deshalb, weil es sie anderswo gar nicht gibt. So ist das zum Beispiel beim Amt des Wiesn-Stadtrats oder, noch wichtiger, dem Amt des Sprechers der Wiesnwirte. Der kommt zur Oktoberfestzeit gleich nach dem Oberbürgermeister - denn der muss mit dem Anzapfen des ersten Fasses den Startschuss geben und hat noch ein kleines Bisschen mehr zu sagen als der Sprecher, und sei es nur: "Ozapft is!"

Ansonsten aber ist der Wirtesprecher eine Institution, was man schon daraus ersehen kann, dass es seit 1970 nur drei gegeben hat: Richard Süßmeier (bis 1984), Willy Heide (1984-2001) und Toni Roiderer (seit 2002). Von diesem Mittwoch an wird es einen neuen Wirtesprecher geben, denn Roiderer, langjähriger Wirt des Hackerzelts, hat seinen Rücktritt angekündigt.

Mit 73 Jahren sei es an der Zeit, Jüngere ranzulassen, hatte Roiderer gesagt. Eigentlich hatte er schon früher aufhören wollen. Wegen der Auseinandersetzungen um die Bierpreisbremse mit Bürgermeister Josef Schmid (CSU) war er jedoch noch einmal in den Ring gestiegen.

Die Verhandlungen mit der Stadtspitze darf jetzt ein anderer führen, den die Wirte der 14 großen Wiesnzelte am Mittwoch bestimmen. Um 14.30 Uhr treffen sie sich im Franziskaner in der Münchner Innenstadt. Aber im Vorfeld wurde natürlich schon ausführlich besprochen, wer künftig öffentlich das Sagen hat.

Die Sache läuft allem Anschein nach auf Peter Inselkammer, den Wirt des Armbrustschützenzelts, hinaus. Auch einen Stellvertreter soll es wieder geben, der dürfte Christian Schottenhamel von der Festhalle Schottenhamel werden. Der bisherige Stellvertreter, Georg Heide, möchte ebenso wie Roiderer nicht weitermachen.

Inselkammer ist ein besonnener Verhandler

Inselkammer und Schottenhamel waren beide schon kurz nachdem Roiderer seinen Rückzug angekündigt hatte als mögliche Nachfolger genannt worden. Sowohl Inselkammer als auch Schottenhamel sind im Münchner Vorstand des Hotel- und Gaststättenverbands aktiv. Der 47-jährige Inselkammer ist vom Naturell her anders als der bayerisch-barocke Gemütsmensch und Parade-Gastwirt Roiderer, der schon auch mal klarmacht, dass er Mitglied im Verein für deutliche Aussprache ist.

Inselkammer, dem unter anderem das Hotel am Platzl gehört, ist dagegen eher der ruhige und verbindliche Hotelier, mit dem sich gut verhandeln lässt - sicher kein Nachteil in den kommenden Jahren, wenn die Sicherheitslage rund um die Wiesn vielleicht weitere Einbußen von den Wirten verlangt, die heuer erstmals mit einer Umsatzpacht konfrontiert wurden.

Teil einer weit verzweigten Familie

Obendrein ist Inselkammer - obwohl sein Zelt von Paulaner beliefert wird - weitgehend unabhängig von den Münchner Brauereien: Das Armbrustschützenzelt gehört der Armbrustschützengilde, wie der Name schon sagt. Und er ist Teil der weitverzweigten Inselkammer-Familie, deren verschiedenen Mitgliedern unter anderem viele Immobilien in bester Lage, die Brauerei Aying und etwa ein Drittel von Augustiner gehören.

Sein möglicher Stellvertreter Christian Schottenhamel, 55, entstammt ebenfalls einer traditionsreichen Wirtefamilie: In diesem Jahr konnte sie ihr 150-Jähriges auf der Wiesn feiern. Außerdem hat er gute Kontakte zur CSU, was bei Auseinandersetzungen mit der Stadtratsfraktion nicht schaden dürfte. Sein Manko ist, dass er zumindest in diesem und dem nächsten Jahr noch gut beschäftigt ist mit der Großgaststätte Nockherberg, die er unlängst übernommen hat und die im Februar nach der Generalsanierung wiedereröffnet wird.

Weitere Kandidaten um das Amt sind nicht in Sicht.

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SZ vom 28.11.2017/vewo
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