München 2018:Auf der Wiesn werden Männer zu Urmenschen

Oktoberfest 2018

Wer auf der Wiesn eine Mass auf Ex trinkt, wird meist bejubelt. Warum eigentlich?

(Foto: dpa)

Ist es der Alkohol? Oder bloßes Imponiergehabe? Auf der Wiesn machen viele Männer ein paar Schritte zurück auf der Evolutionsleiter. Damit lässt sich hervorragend Geld machen, wie zwei Studenten gezeigt haben.

Kolumne von Benjamin Emonts

Alkohol mag der Auslöser sein. Oder die bloße Anwesenheit von Frauen. Als Entschuldigung darf freilich beides nicht gelten. Viele Männer, das lässt sich nicht schön reden, führen sich wie die Urmenschen auf dem Oktoberfest auf. Sie saufen sabbernd um die Wette. Nagen gierig an Hähnchenkeulen. Brüllen. Rülpsen. Oder jagen ständig nach Schürzen. Das Oktoberfest weckt ihre animalischsten Triebe.

Nicht nur Frauen, selbst einigen nüchtern gebliebenen Männern ist das inzwischen aufgefallen. Noch mehr sogar: Sie haben kapiert, dass sich aus den Urtrieben der Männer hervorragend Geld auf der Wiesn machen lässt. Man muss sie nur kitzeln. Ganz wunderbar funktioniert das am "Hau den Lukas". Nirgendwo sonst auf der Wiesn sind die Männer so am Protzen und Balzen.

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Ihr ureigenes Verlangen, mit einem großen Hammer auf einen Angreifer einzuschlagen, wird hier gegen Euros gestillt. Am Ende spritzt zwar kein Blut, aber immerhin leuchten bunte Lampen, wenn Mann mit Hammer den Knauf bis ganz nach oben befördert. "Zenzi, i bin der Größte", steht dort oben dann geschrieben. Und der Herkules übergibt seiner Geliebten eine Rose aus Plastik.

Man könnte unzählige andere Beispiele nennen, wie sich Männer auf dem Volksfest ungeniert aufblasen. Im Käferzelt etwa. Jeder hier will zeigen, dass er die schönste Tracht, die schönste Frau und den üppigsten Kontostand hat (Mein Haus, mein Auto, mein Boot...man kennt das ja schon). Oder am Schießstand. Wenn der Nachbarmann etwas besser zielt als man selbst und die Wut in einem empor steigt, wird eben so lange nachgeladen, bis auch die eigene Freundin einen Teddybären bekommt. Oder am Autoscooter. Es ist ja sozusagen ein deutsches Urverlangen, am besten, schnellsten und mutigsten Auto zu fahren. Mit der Frau auf dem Beifahrersitz wird der Nebenmann deshalb mit voller Wucht in die Bande gecrasht.

Zwei Studenten aus Polen haben die Kommerzialisierung der männlichen Inbrunst nun auf die Spitze getrieben. Unter der Woche haben sie abends eine mobile Klimmzugstange auf die Theresienhöhe gezogen mit der Aufschrift: "Hang for two minutes. Win 100 Euro." Zwei Minuten in Klimmzugstellung an einer Stange hängen - das ist eine verdammt lange Zeit. Den ziemlich betrunkenen Kraftmeiern entlang des Weges war das natürlich egal. Einer nach dem anderen zahlte den Studenten zehn Euro, um sich an die Stange hängen zu dürfen.

Für die anfangs so stolzen Männer endete es in einem Debakel. Von mehr als 200 überstanden lediglich vier die zwei Minuten. Enttäuscht zurück blieben die Frauen; am Boden zerstört ihre völlig entkräfteten Männer. Die lachenden Gewinner waren am Ende die Studenten, die in wenigen Stunden mehr als 1600 Euro machten. Ob man das gut findet, oder nicht. Es sind Männer, die tatsächlich ihr Hirn eingeschaltet haben.

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