Oktoberfest 2022:Eine Wiesn-Wirtin, die mit der Zeit geht

Oktoberfest 2022: Katharina Wiemes hat ihr Kaffeezelt auf der Wiesn in "Café Theres" umbenannt.

Katharina Wiemes hat ihr Kaffeezelt auf der Wiesn in "Café Theres" umbenannt.

(Foto: Vauel)

Ein "Café Mohrenkopf" auf dem Oktoberfest? Nicht mehr zeitgemäß: Katharina Wiemes verpasst ihrem Wiesnzelt einen neuen Namen - und ehrt damit nun eine einstige bayerische Königin.

Von Franz Kotteder

Nein, sagt Katharina Wiemes, Beschwerden habe es all die Jahre keine gegeben wegen des Namens. "Aber er passt halt nicht mehr in die Zeit." Und deshalb hat sie ihr Kaffeezelt auf dem Oktoberfest umbenannt. "Café Theres" heißt es nun, zu Ehren der bayerischen Königin, deren Hochzeit mit dem bayerischen Kronprinzen Ludwig 1810 der Anstoß gewesen ist für jenes Volksfest, das die bayerische Landeshauptstadt heute stolz das größte der Welt nennt. Zuvor hieß das Zelt "Café Mohrenkopf", nach einer berühmten Süßspeise aus der Konditorei, die ihr Großvater Paul in der Münchner Maxvorstadt betrieb. "Nicht mehr zeitgemäß" ist da der richtige Begriff, und Katharina Wiemes hat schon einen neuen Namen für die Süßspeise: "Theresienbusserl".

Für Wiemes ist das kleine Wiesnzelt, in dem 420 Gäste an klassischen Kaffeehaustischen Platz finden, ein wichtiger Teil des eigenen Lebens. "Ich bin schon als Kind jeden Tag nach der Schule hierhergekommen und habe Hausaufgaben gemacht", erzählt sie. Wie war das für sie? "Schön!", sagt sie aus vollstem Herzen und lacht. Damals, sie ist Jahrgang 1962, haben die Großeltern noch das Regiment geführt. Große, braunstichige Fotos an den Wänden des Zelts zeigen die verschiedenen Stationen; auf dem von 1930 sieht man ganz versteckt schon die Großmutter in einer Kaffeebude werkeln. Damals hatten die Großeltern noch kein eigenes Zelt, sondern halfen bei Freunden aus.

"Die Familie Wiemes kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Wiesn", erzählt die Enkelin. Die Augustenstraße, wo die Großeltern ihr Café hatten, war lange eine Trümmerlandschaft, und eine Stadträtin, Stammgast im Café, gab den Hinweis, dass es wieder ein Oktoberfest geben solle, "weil die Menschen wieder Normalität brauchen". Man könne sich dort bewerben, um einen Standplatz. Die Großeltern kratzten ihr Geld zusammen und erwarben ein Wäldchen im Vorort Gröbenzell. Mit dem Holz wiederum bauten sie das erste Kaffeezelt und gingen auf die Wiesn. 1950 war das.

"Die ersten beiden Jahre zahlten sie noch drauf", sagt Katharina Wiemes, "aber um 1954 herum ging's ab wie eine Rakete." 1970 konnte man sich ein neues, größeres Zelt leisten, auch das zeigen die Fotos an der Wand. Vater Paul übernahm, und seit dem Jahr 2000 ist seine Tochter Katharina die Chefin. "Im Grunde lief mein Leben von Anfang an darauf hinaus", sagt sie und lächelt, "ich habe zum Beispiel Hotelkauffrau gelernt im Bayerischen Hof, das war wirklich eine schöne Zeit." Später hat sie dann ein eigenes Café geführt in München-Pasing, derzeit ist sie stille Teilhaberin eines Cafés beim Waldfriedhof und hilft dort gelegentlich aus. Das Mohrenkopf, nunmehr Café Theres, beschäftigt sie sonst das ganze Jahr über, es gibt immer etwas zu tun: Reparaturen, Vorbestellungen, Personal suchen.

Nun, nach zweimaliger Wiesnpause, sei es wieder Zeit für etwas Neues gewesen. "Und die Therese Charlotte Luise Friederike Amalie von Sachsen-Hildburghausen", sie zählt korrekt sämtliche Vornamen auf, "hat das wirklich verdient, sie war eine sehr gebildete, kluge Frau." Zwar sei die Theresienwiese nach ihr benannt, ansonsten aber stehe immer nur ihr Mann, der spätere Ludwig I., mit seinen windigen Liebschaften im Mittelpunkt.

Zumindest hier, auf dem Festgelände, erfährt Therese nun also eine späte Würdigung - mit dem Theresienbusserl, aber auch der eigens kreierten Theresientorte. Im Zelt mit eigener Manufaktur wird täglich frisch gebacken, da legt Wiemes Wert drauf. Tagsüber gibt's Kaffee und Kuchen, und abends von 18 Uhr an dann auch Wein, Sekt und Champagner an der Bar. Und weil sie mit der Zeit geht, bietet Katharina Wiemes inzwischen auch veganen Cappuccino und ebensolchen Apfelstrudel an. Die Kinder haben sie draufgebracht, sagt sie, und sie selbst habe schon wieder ein paar neue Ideen. Die sind aber erst bei der nächsten Wiesn zu sehen.

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