Oktoberfest:Wie Josef Schmid die Wiesnwirte zähmen wollte

General Views - Oktoberfest 2012

Im Jahr 2003 bekam man eine Mass Wiesnbier noch für 6,80 Euro.

(Foto: Getty Images)
  • Wiesn-Chef Josef Schmid will unter anderem eine Deckelung des Bierpreises auf 10,70 Euro pro Mass für die nächsten drei Jahre.
  • Seine Pläne sind im Rathaus umstritten. Nur eine Umsatzpacht können sich alle Parteien vorstellen.
  • Die Entscheidung wird wahrscheinlich in die nächste Sitzung der Stadtratsvollversammlung, die am 17. Mai stattfindet, vertagt.

Von Franz Kotteder

Den großen Showdown hat er eigentlich für kommenden Dienstag geplant. Dann will Bürgermeister Josef Schmid (CSU) im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft seine Pläne für das Oktoberfest absegnen lassen. Als da wären: eine Deckelung des Bierpreises auf 10,70 Euro pro Mass für die nächsten drei Jahre, eine Umsatzpacht für die Wiesnwirte, außerdem die Verlängerung der Wiesn um einen Tag, nämlich den Montag nach dem dritten Wochenende. Den nennt der Bürgermeister "Münchner Montag", weil er damit rechnet, dass vor allem Münchner an diesem Tag das Oktoberfest besuchen.

Doch die Pläne sind im Rathaus höchst umstritten. Die besten Chancen auf eine breite Mehrheit hat noch die Umsatzpacht, die Schmid für die kleinen und großen Bierzelte auf der Wiesn statt der bisher geltenden festen Platzmieten einführen will. Er erhofft sich davon deutliche Mehreinnahmen von etwa acht Millionen Euro, mit denen er die wachsenden Sicherheitsausgaben für Ordner und technische Anlagen bezahlen will.

Allerdings ist die Umsatzpacht auch mit einigen Unwägbarkeiten behaftet. Mittlerweile hat Schmid seine geschätzten Umsatzzahlen wiederholt nach unten korrigiert. Rechnete er anfangs noch mit einem Gastronomieumsatz von gut 240 Millionen Euro an 16 Tagen, so sind es jetzt nur noch 178 Millionen Euro im gleichen Zeitraum, also satte 60 Millionen Euro weniger, und das auch noch brutto.

Obendrein könnten es noch weniger werden, wenn es so weitergeht wie 2016. Denn da verkauften die Wirte nicht nur eine Million Liter Bier weniger als im Vorjahr, sondern auch deutlich weniger Speisen. So ging der Hendlumsatz um fast 30 Prozent zurück.

Schmid hatte mit seinem überraschenden Vorstoß Anfang März Stadträte und Öffentlichkeit verblüfft. Gleichsam wie Alexander der Große wollte er mit einem energischen Schlag einen Gordischen Knoten durchschlagen und gleich mehrere Probleme auf einmal lösen: die Finanzierung der wachsenden Kosten für die Sicherheit auf dem Oktoberfest, den Jahr für Jahr steigenden Bierpreis dort und die Klagen vieler Münchner, für sie sei auf der Wiesn kein Platz, weil sie kaum noch eine Chance bekämen, in den Bierzelten zu reservieren.

Doch sieht es jetzt so aus, als ob sich Schmid etwas zu forsch die Rolle des schwarzen Wiesn-Superman angeeignet hätte, der nimmersatten Wiesnwirten in die Parade fährt und heldenhaft für die Interessen des Volkes kämpft. Denn alles, was das Oktoberfest angeht - das ist ungeschriebenes Gesetz im Stadtrat - sollte zumindest von den großen Parteien gemeinsam abgestimmt und getragen werden. Aus dieser stillen Absprache ist Schmid durch sein Vorpreschen spektakulär ausgeschert.

Einfach am ausgestreckten Arm verhungern lassen

Einerseits hatte er es wohl satt, dass seine Vorschläge immer schon an die Öffentlichkeit gelangten, bevor er sie überhaupt in den Stadtrat einbringen konnte, und dann prompt zerlegt wurden. Andererseits ist es auch nicht schlecht fürs eigene Image, als einziger Politiker dazustehen, der die Wiesnwirte zähmt und den Bierpreis eindämmt. Denn wer, dachte sich Schmid wohl, würde es sich schon trauen, gegen derart populäre Forderungen anzutreten?

Es gibt in der Politik freilich ein ähnlich populäres Rezept, um derartige Forderungen einzudämmen, und das lautet: Einfach am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Der Alexander der Große der SPD, Fraktionschef Alexander Reissl nämlich, hält es in diesem Fall offenbar eher mit dieser Methode statt mit dem Durchschlagen von Knoten. Er reagierte erkennbar stinkig auf den Vorstoß von Schmid und ließ vor allem verlauten, dass die Entscheidung nicht der Bürgermeister, sondern der Stadtrat treffen werde, und der habe keine Eile.

So wie es aussieht, gibt es diese Eilbedürftigkeit auch an diesem Dienstag noch nicht. Denn alles läuft darauf hinaus, dass die Entscheidung in die nächste Sitzung der Stadtratsvollversammlung vertagt wird. Die findet am 17. Mai statt, und dann sollen alle Stadträte, nicht nur die im Wirtschaftsausschuss vertretenen, über die Pläne des Wiesn-Chefs Schmid entscheiden.

Schmids Kalkül geht womöglich nicht auf

Mit einer Umsatzpacht für die großen und kleinen Bierzelte ist wohl zu rechnen, die können sich fast alle Parteien vorstellen, weil das ein gängiges Verfahren in der Gastronomie ist, am Erfolg eines Betriebs teilzuhaben.

Anders sieht es schon bei der Deckelung des Bierpreises für die Wiesnmass aus. Das Kalkül von Schmid, die Sozialdemokraten im Rathaus würden es nicht wagen, gegen eine solche populäre Forderung zu stimmen, geht womöglich nicht auf. Denn allzu viel ist mit dem Bierpreisdeckel ja nicht gewonnen. Im Schnitt verlangen die Wirte im Jahr etwa 30 Cent mehr pro Mass.

Die sind aber kein bedeutender Kostenfaktor mehr für jene, die am meisten über hohe Kosten auf der Wiesn klagen: Familien mit Kindern, denn die trinken selten mehr als ein, zwei Mass. Und die SPD rechnet damit, dass die meisten Wiesnbesucher durchschauen, dass die Obergrenze für den Bierpreis ihnen nicht allzu viel bringen dürfte.

Noch weniger Chancen dürfte Schmid aber haben, seinen "Münchner Montag" im Stadtrat durchzukriegen, eines seiner Lieblingsprojekte seit vielen Jahren. Aber selbst die Wirte zeigten sich bislang wenig begeistert von dem Vorschlag, denn sie müssten ihren Beschäftigten dafür zusätzliche Ausgleichsstunden gewähren. Und die SPD hat wenig Lust, Schmid gerade jetzt einen Herzenswunsch zu erfüllen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: