Oktoberfest-Vermietungen:"Das sind Fantasiepreise"

Oktoberfest-Vermietungen: Zur Wiesn kommen zahlreiche Touristen nach München - für viele Münchner die Gelegenheit, die eigene Wohnung möglichst teuer unterzuvermieten.

Zur Wiesn kommen zahlreiche Touristen nach München - für viele Münchner die Gelegenheit, die eigene Wohnung möglichst teuer unterzuvermieten.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Andreas Kräftner vermittelt über seinen "Budenschleuder"-Newsletter Wohnungen in München. Nur Wiesn-Angebote nicht. Denn dann scheint die Dreistigkeit mit den Münchnern durchzugehen.

Interview von Franziska Schwarz

Los ging es 2004 mit einem Gefallen für einen Freund. Der Freund suchte in München eine Wohnung. Andreas Kräftner richtete einen E-Mail-Verteiler ein, der zunächst etwa 100 Adressen umfasste. Heute sind mehr als 19 000 Menschen Mitglied im "Budenschleuder"-Verteiler, an den Kräftner alle paar Tage Angebote und Gesuche von Privatleuten verschickt. Was der Newsletter nicht enthält, sind Untervermietungs-Angebote zur Wiesn-Zeit. Kräftner, von Beruf Produktdesigner, ist strikt dagegen. "Ich werde keine 35-Quadratmeter-Wohnungen für 1100 Euro in Doppel-Schlecht-Lage weiterleiten. Ich will mich nicht dazu benutzen lassen, all diese Miet-Alpträume auch noch in eure Briefkästen hineinzutragen", teilte der 47-Jährige dem Verteiler schon im August mit. Klingt, als hätte jemand schlechte Erfahrungen gemacht. Ein Anruf.

SZ: Was ärgert Sie so an Menschen, die zum Oktoberfest untervermieten?

Andreas Kräftner: Das sind teilweise Fantasiepreise, die entstehen, wenn sich Unsicherheit mit Dreistigkeit paart.

Wohnungsangebote wie: 49 Euro die Nacht, in Freimann, oder 80 Euro pro Nacht in Milbertshofen, wie man sie online durchaus findet?

Genau. Wenn jemand im Verteiler mit solchen Angeboten anfängt, machen es andere nach. Da muss ich dann auch ein bisschen lenken und steuern, sonst wäre das der Newsletter-Tod. Es kann jedem passieren, dass er in die Situation kommt, hier eine Bleibe suchen zu müssen. Oder, dass er die Möglichkeit hat, etwas unterzuvermieten. Dann fehlen dem völlig die Maßstäbe.

Was ist mit Wiesn-Bedienungen, die dringend eine Bleibe brauchen, wenn sie den Job machen wollen?

Diese Wiesn-Angebote speziell an Oktoberfest-Bedienungen kommen mir leider jedes Jahr unter. Ihnen wird gerne unterstellt, dass sie Geld haben, dass sie angeblich bis zu 10 000 Euro in den zwei Wochen machen. Und dann meinen manche, solche Preise verlangen zu können.

Wenn man sich die Angebote auf Airbnb ansieht, fragt man sich, welche 100-Quadratmeter-Wohnung in München 3000 Euro Miete wert ist.

Ja eben keine. Airbnb ist auf Kurzzeit-Vermietung angelegt. Wenn eine normale WG 30 bis 40 Euro pro Quadratmeter kostet, ist da doch der Wurm drin. Diese Menschen müssen das Ganze eigentlich versteuern, wenn sie dabei Gewinn machen. Das wissen die wenigsten, das machen die wenigsten. Zum Beispiel nehme ich in meinen Verteiler keine Angebote auf, bei denen Menschen ihre Zimmer wochenweise vermieten, dabei etwa betonen, dass sie Handtücher bereitstellen - und womöglich noch eine Putzfrau. Die müssten sie dann im Grunde auch versteuern. Ich lese immer wieder solche Sachen in Angeboten, wie etwa "die abschließende Reinigung ist in der Miete inbegriffen". Da wird es schnell gewerblich - und das will ich mit der Budenschleuder nicht unterstützen.

Ist es mit den steigenden Mieten in den vergangenen Jahren schlimmer geworden?

Locker war der Mietmarkt in München noch nie. Horror-Angebote habe ich gesehen, seit ich den Newsletter betreibe. Daran hat auch die Mietpreisbremse nichts geändert.

Haben die Leute falsche Vorstellungen, wenn sie nach München kommen?

Viele wissen einfach zu wenig Bescheid. Manche schauen den Mietspiegel an und glauben dann, dass die Preise hier niedriger sind als in Wahrheit. Aber der Mietspiegel steht ja auch in der Kritik, schöngerechnet zu werden, da auch Sozialwohnungen mit einbezogen werden. Mir ist es wichtig zu sagen, dass es nicht so schlecht ist, wie es scheint. Es werden gerne die Horror-Geschichten weitererzählt, die merkt man sich, von den glücklichen Fällen liest man nichts. Natürlich kommt jemand, der hier in München kein Netzwerk hat, unter erschwerten Bedingungen in die Stadt. Aber es gibt auch gute Angebote. Ich empfehle Anzeigen in den Wochenblättern, zum Beispiel in "Hallo München" oder dem "Sendlinger Anzeiger". Auf immoscout24.de findet sich auch manchmal etwas.

Der Newsletter ist natürlich ein Weg gegen den Münchner Mietwahn. Was halten Sie denn von verschiedenen Aktionen in der Stadt?

Die gefakte Hausbesetzung neulich im Westend fand ich super. Das klappte natürlich nicht länger als eine halbe Stunde, weil dann gleich die Polizei kam. Aber auch Initiativen wie das "Bündnis für bezahlbares Wohnen" machen ihre Sache sehr gut.

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