Oktoberfest:Tracht to go

Oktoberfest 2014

Preise im freien Fall: An einem Straßenverkaufsstand werden am Münchner Hauptbahnhof Dirndl angeboten (Archiv)

(Foto: picture alliance / dpa)

Noch auf dem Weg von der S-Bahn zur Wiesn können sich Touristen mit 40-Euro-Dirndl und Lederhosen-Shorts ausstatten. Auch das Geschäft mit der Billig-Tracht hat Tradition.

Von Lars Langenau

Das Designer-Dirndl für mehrere hundert Euro, die Lederhosen mit eingestickten Initialien - gebürtige und gefühlte Ur-Münchner lassen sich die zünftige Wiesn-Ausstattung einiges kosten. In krassem Gegensatz dazu stehen die zahlreichen Läden für Bilig-Trachten rund um das Festgelände. Hier können sich vor allem die weitgereisten Besucher noch auf den letzten Drücker "so richtig bayerisch" verkleiden.

Ein Trachtenladen direkt an der U-Bahn-Aufgang Theresienwiese, bei der Paulskirche. Vier junge Amerikanerinnen in Jeans und Sepplhüten, jede ein Augustiner in der Hand, prüfen die Qualität der Dirndl. Sie halten ein Exemplar in grellen Farben hoch und kommentieren es mit "nice", "oh no", "that's cheap". Kaufen tun sie nichts, weiter geht es ohne Billigdirndl auf das Festgelände. Mit den Flaschenbieren kommen sie nicht durch die Kontrollen. Macht nichts. Vorgeglüht haben sie schon.

"Lustig" findet Firat Atici die Touristen. Er betreibt sechs Läden und Stände an den Hauptschlagadern zur Wiesn. "Die suchen sich hier was aus, probieren und lassen es auch gleich an. Deren alte Sachen bekommen wir dann geschenkt", sagt der 34-Jährige.

Aticis Familie bedient seit 20 Jahren die Nachfrage nach preiswerter Wiesnmode auf dem Weg zur Festwiese. Seit sieben Jahren trägt der gebürtige Türke die Verantwortung für die Geschäfte seiner Firma "Trachten Baron". Er lässt in Indien und Pakistan produzieren und entgegen der allgemeinen Vorstellung sind seine Waren größtenteils aus Baumwolle und echtem Rindsleder. Angepriesen werden sie dann als "Lederhose für nur 39 Euro". Ein Teil der Ware kommt aus Restbeständen namhafter Marken wie Almenrausch, die normalerweise das Doppelte kosten. "Das ist alles reguläre Ware", sagt Atici, "und wenn was kaputt sein sollte, dann tauschen wir das selbstverständlich aus oder lassen es reparieren."

Verkaufsschlager: Regenschirme und Blumengebinde

Kurz vor dem Wiesnstart mietet er sich dann etwa in einem Tattoo-Laden ein, deren Betreiber zu dieser Zeit Urlaub machen und ihren Laden ausräumen. Ein paar ausgestopfte Greifvögel und Füchse an die Wand, Kleiderstangen, einen großen Spiegel, eine transportable Umkleidekabine - fertig ist das Trachtengeschäft. Etwa 7000 Dirndl und 2500 Lederhosen hatte er zu Beginn auf Lager, sein größter Laden ist direkt am Goetheplatz auf 180 Quadratmetern.

"Die Einheimischen haben doch alle schon Trachten", sagt der Mann mit dem gepflegten grauen Bart. Der Großteil seiner Kunden kommt aus Australien, Neuseeland, Kanada oder den USA, aber "ich spüre deutlich, dass dieses Jahr weniger Touristen da sind". Erstmals versucht er es auch mit kurzen Leinenhosen in Lederhosenanmutung, aber die haben sich in diesem Jahr noch nicht richtig durchgesetzt.

Was läuft von seinen Angeboten am besten? Nach dem völlig verregneten Auftakt hat Atici da ziemlich schnell eine Antwort: "Verkaufsschlager waren am Anfang die Regenjacken für zehn Euro und die Regenschirme für fünf Euro. Jetzt ist es Kopfschmuck, diese Blumengebinde." Bei ihm kosten sie drei Euro das Stück, "aber im Einkauf nur 70 bis 80 Cent".

Ein zweiter Trend: "Die Dirndl werden von Jahr zu Jahr kürzer", sagt Atici, "auch die Männer verlangen inzwischen vermehrt Shorts." Im Billig-Trachten-Dreieck zwischen Goetheplatz, Hackerbrücke, St.-Pauls-Kirche, Landwehrstraße und Hauptbahnhof gibt es noch ein paar andere Konkurrenten. Mit Schildern in Leuchtfarben, kurzen Dirndln und Ledershorts buhlen sie um Käufer, preislich unterscheiden sie sich kaum von Aticis Angebot. Allerdings kostete die Lederhose im "Export Import Fabrikation Großhandel" an der Paul-Heyse-Straße, Ecke Bayerstraße am Anfang noch 70 Euro ("statt hundert"), inzwischen sind es hier nur noch 40 Euro.

Die Preise sind zum Endspurt im freien Fall. In den Läden von Atici muss man für das Dirndl jetzt nur noch 25 Euro hinlegen - ohne Bluse. Aber wer braucht die schon?

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