Wenn der Fachbereich Volksmusik des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege involviert ist, ahnt man, dass es kein reines Vergnügen wird, sondern eine ernste Angelegenheit, eine bierernste. Die Landeshauptstadt München veranstaltet in diesem Jahr erstmals einen Musikwettbewerb zum Oktoberfest. Motto: „A Liad für d’Wiesn“, Zweck: „Mit neuen Ritualen das Augenmerk der Öffentlichkeit auf die kulturelle Verwurzelung des größten Volksfests der Welt richten“.
Allem voran die Musik stehe dabei „für eine lebendige Festkultur“, heißt es im Vorwort der Teilnahmebedingungen. Dass die eingehalten wurden, darüber wachte in der Vorauswahl des eingesandten Liedguts eben auch ein Vertreter des eingangs erwähnten Fachbereichs Volksmusik. Wichtigste Auswahlkriterien waren Festzelttauglichkeit und Text, also ob die Kapellen die Lieder spielen und die Besucher den Rhythmus mitklatschen und den Refrain mitsingen können.
Bislang haben sich Wiesn-Hits immer ganz natürlich während des Volksfests herauskristallisiert, quasi live und in Präsenz, per lautstarker Abstimmung der anwesenden Besucher. „A Liad für d’Wiesn“ erinnert nun mit seiner Vorauswahl durch Expertenjurys an den künstlichen „Eurovision Song Contest“ (ESC). Bei dem waren und sind sich Experten und Publikum erfahrungsgemäß selten einig. Man darf gespannt sein, wie’s beim Oktoberfest Song Contest wird.
Ausgedacht hat man sich den Wettbewerb im Referat für Arbeit und Wirtschaft noch unter der Ägide des im März aus dem Amt geschiedenen Referatschefs Clemens Baumgärtner (CSU), umsetzen muss ihn nun dessen Nachfolger Christian Scharpf (SPD). Und dem neuen Wiesnchef blieb kaum etwas anderes übrig, als sich lobend zu äußern. „Der Zuspruch, den wir jetzt schon von Musikern, Wiesnwirten, Brauereien, Radiosendern und Wiesnkapellen bekommen haben, zeigt die Bedeutung des Wettbewerbs“, ließ Scharpf in der vorigen Woche wissen: „Ich freue mich sehr, dass so viele Musikerinnen und Musiker mitgemacht haben.“
Das Lied soll mindestens einmal pro Tag in den Festzelten gespielt werden
Insgesamt 115 Lieder wurden eingereicht, nach der ersten Prüfung suchte ein achtköpfiges Expertengremium aus Musikern und Moderatoren, Bierbrauern und Wiesnwirten acht Interpreten aus. Aus diesem Pool pickt nun das Publikum per Online-Abstimmung bis zum 16. Juli drei Favoriten heraus (http://www.oktoberfest-musikwettbewerb.de), und aus denen wiederum wird dann bis September in einer weiteren Online-Runde die Nummer eins gekürt.
Anschließend wird das Werk zum „offiziellen Lied der Landeshauptstadt München zum Oktoberfest 2025“ ernannt und während des Volksfests täglich mindestens einmal in den Festzelten gespielt. Heißt es zumindest in der Ausschreibung. Unter den Abstimmenden werden Wiesn-Plätze samt Bier - und Hendl-Gutscheinen verlost.
Seit vorigen Donnerstag läuft das Online-Voting, es dauerte nicht lang, bis erste Kritik aufkam: Das Ganze sei ja wohl eine reine Männersache – weder in der Jury noch bei den vorgestellten Interpreten ist eine Frau dabei. Auch inhaltlich lässt die Vielfalt zu wünschen übrig.
Textlich gibt's viel „Oh, Oh, Oh“ und „Bam Bam Bam Bam“, auch „La La La La“ und „Eh Ah, Eh Ah“. Mit „Bararara-Baaaaaa, Bararara-Baaaaaa“ ist man schon auf der originelleren Seite. Die Künstler sind weitgehend unbekannt: Sese, Fenzl und Max Weidner singen solo, Saustoimusi, Schwanara, Matakustix und Dis M agieren als Gruppe. Die bekanntesten Künstler, die die Vorauswahl des Fachbereichs Volksmusik des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege und anschließend auch der Expertenjury überstanden haben, sind Hannes Ringlstetter und Django 3000, die zusammen musizieren. „Abendgebet“ heißt ihr Beitrag, der sich im Übrigen prima als Rausschmeißer eignen würde: „Ja jezd gema hoam, fia heid hama gnua“, heißt es im Refrain: „Fia heid is a Ruah.“