Geflirtet wird auf dem Oktoberfest viel, und manchmal wird daraus auch die große Liebe. Die SZ hat ihre Leser nach romantischen Wiesn-Geschichten gefragt. Eine Auswahl:
Ein Abend voller Zuckerwatte, Bier und Küsse
Mein Ex und ich hatten unser erstes richtiges Date auf der Wiesn - und sind dort auch prompt am gleichen Abend zusammengekommen: Er hat mir höchstpersönlich meine Schürze auf der rechten Seite zugebunden und damit demonstriert, dass ich vergeben sei - und das obwohl ich ihm im Zelt noch entrüstet einen Kuss verwehrt hatte. Ein schöner Abend voller Zuckerwatte, Bier und Küsse. Romantisch wie die Münchner zur Wiesn sind, hat er mich prompt von der Festwiese bis zum Sendlinger Tor getragen, weil meine Füße so schmerzten. Drei Jahre später trennten wir uns. Am Tag des Anstichs, auf der Wiesn - an dem Platz, an dem wir zusammengekommen sind. Vergangene Woche habe ich übrigens meinen Ex mit seiner Neuen getroffen. Auf der Wiesn, und genau in dem Festzelt, in dem wir unser erstes Date hatten. (Sarah, 23 Jahre)
Rettung vor aufdringlichen Österreichern
Ich habe meinen Mann Mario 2001 auf der Wiesn kennengelernt. Er hat mich vor aufdringlichen Österreichern gerettet, indem er behauptete, ich sei seine Frau und wir hätten bereits zwei Kinder. Ich wohnte damals nicht in Bayern und besuchte meine Schwester in Dachau, die mich zur Wiesn mitnahm. Mario und ich verbrachten den ganzen Nachmittag und Abend miteinander. Am nächsten Tag trafen wir uns noch einmal und führten ab dann für die nächsten zwei Jahre eine Fernbeziehung. 2003 zogen wir im Kreis Dachau zusammen. 2008 folgte die standesamtliche Hochzeit, 2009 die kirchliche. 2009 wurde unser Sohn geboren, 2012 unsere Tochter. (Katrin Hugl)
Schottenhamel Festzelt, erster Wiesnsonntag, 22. September 2002, Mittelschiff, etwa 17 Uhr. Dieses Datum und dieser Ort markieren den Anfang unserer bis heute andauernden Liebesgeschichte. Ein Freund wurde vorgeschickt, um meine Telefonnummer zu erfragen. Und obwohl ich sonst grundsätzlich nur Fantasienummern hergebe, habe ich dieses eine Mal die echte herausgerückt. Schicksal? Vorahnung? Bestimmung? Nach dem ersten feuchtfröhlichen Kennenlernen haben wir uns noch einmal nüchtern auf der Wiesn verabredet. Beinahe wäre ich aus Angst vor der eigenen Schneid nicht hingegangen. Aber: Wir fanden uns immer noch sympathisch! 15 Jahre später gehen wir als Familie immer noch gerne auf die Wiesn. Dieser Ort ist für uns nicht nur ein Ort zum Feiern; wir haben dort den Grundstein für unser gemeinsames Leben gelegt. Danke an dich, liebe Wiesn! (Iris & Tobias S. aus München)
Wenn die Liebe am Weißbierkarussell wartet
Ich habe 2007 etwa 40 Stunden am Weißbierkarussell verbracht, weil es an der Bar einfach wunderbar kommunikativ war. Denn auf dem Weißbierkarussell, das in dem Jahr hinter der Fischer-Vroni in Richtung U-Bahn Theresienwiese stand, machten viele Zeltbesucher einen kurzen Zwischenstopp. Da lernte man Menschen aus allen Nationen kennen und drehte sich dabei sanft mit dem Karussell, was die Wirkung des Weißbiers angenehm verstärkte. Am letzten Wiesnsonntag überredete ich eine Freundin, noch einmal mit mir dorthin zu gehen. Wir unterhielten uns mit drei netten Männern, wobei einer davon und ich eigentlich nur schweigend nebeneinander standen, bis er fragte: "Brauchst du nicht 'nen Liebhaber?" Frechheit siegt, ich steckte ihm meine Visitenkarte in seine Jackentasche. Zwei Wochen später rief er an. In diesem Jahr bekam ich von ihm mein zehntes Wiesn-Herz. (Claudia W., 58 Jahre)
Platzregen zum Eheglück
Ein fürchterlicher Platzregen "schwoabte" meine beste Freundin und mich vor vier Jahren zufällig am späten Freitagabend in die Bräurosl. Mit Engelszungen mussten wir den Ordner überreden und letztendlich zählte das Argument, dass ich noch den Mann fürs Leben suchen würde und er doch nicht an meinem Unglück und Alleinsein schuld sein wollte.
Nicht ganz eine halbe Stunde später stand dann plötzlich ein schneidiges Mannsbild vor mir - und was soll ich sagen: Schmetterlinge scheinen auch im stickigen Bierzelt zu fliegen! Das erste Date mit Martin fand standesgemäß auf der Oiden Wiesn statt, der erste Kuss vorm Calipso und statt einem Lebkuchenherz haben wir unser echtes Herz aneinander verschenkt. Am vergangenen Freitag haben wir uns im kleinen Kreis in Ismaning getraut, bevor wir an Weihnachten unser erstes Mädel erwarten. Ob es eine Rosl oder eine Bavaria wird, verraten wir an dieser Stelle aber noch nicht! (Carolin Eder, 28)
Im letzten Jahrtausend, am 23. September 1965, war es allgemein üblich, eine "Vorhut" zwecks Platzreservierung schon am Nachmittag für die erst nach Büroschluss eintreffenden Kollegen auf die Festwiese zu schicken. Es war genügend Platz am Tisch in der Ochsenbraterei, um zwei vorbeilaufende Mädchen zu einem Flirt einzuladen. Wie sich bald herausstellte, waren es Schülerinnen der 11. Klasse des Hans-Carossa-Gymnasiums aus Landshut. Eine Klassenfahrt zur Internationalen Verkehrsausstellung hatte sie nach München geführt. Ein Abstecher auf das Oktoberfest war nicht erlaubt, aber - zum Glück - die beiden hielten sich nicht daran! Eine von ihnen gefiel mir besonders gut. Ich wollte sie wiedersehen und bat sie um ihre Anschrift. Wegen ihrer Jugend, der Schule, der Entfernung von München nach Landshut und des strengen Vaters gab sie mir eine falsche Adresse. Ihrer Freundin verdankte ich die richtige. Über deren elterlichen Briefkasten nahm die Geschichte einen glücklichen Verlauf. Wir heirateten 1970. Am vergangenen Samstag, dem 23. September, stiegen wir abends spontan nach einer Bergtour an der Hackerbrücke aus dem Zug. Noch einmal wollten wir den Ort unserer ersten Begegnung besuchen. Doch der Türsteher verweigerte uns wegen Überfüllung den Zutritt. Ein Glück, dass es vor 52 Jahren auf dem Oktoberfest noch etwas luftiger zuging. (Manfred & Maria Riermeier, 77 und 67, Neuching)
Heiratsantrag nach fünf Treffen
Wie zu jener Zeit üblich luden Münchner Firmen ihre Mitarbeiter auf die Wiesn ein. So auch die Firma Ytong, die ihren Mitarbeitern am 23. September 1976 im Hofbräu-Festzelt ein halbes Hendl und zwei Mass Bier spendierte. Plötzlich stand diese sehr attraktive armenische Geschäftsfrau aus Teheran vor mir - und ich wusste sofort, dass sie die Frau meines Lebens ist. Ich merkte bald, dass das Bierzeltambiente nicht ganz Noras Vorstellungen von Festlichkeit entsprach, sie war ja das erste Mal überhaupt in München. Nach zwei Tagen musste Nora München verlassen. Wir korrespondierten auf Englisch und auch auf Deutsch, da sie längere Zeit in Konstanz lebte und ein Studium an einer Modeschule in Zürich absolvierte. Zwei Monate später kam sie wieder nach München, um ihren Vater zu besuchen, der hier in einem Krankenhaus behandelt wurde. So hatten wir auch Zeit, uns etwas näher kennenzulernen. Silvester feierten wir privat mit Freunden am Starnberger See, um Mitternacht, als die Sektkorken knallten und ringsherum die Kirchenglocken läuteten, fragte ich sie, ob sie meine Frau werden wolle. Welch ein Glück! Mit 40 sollte nun meine Junggesellenzeit zu Ende gehen! Nach unserer Trauung in Teheran feierten wir am 21. April 1977 unsere Hochzeit mit 220 Gästen in Noras Elternhaus. Da Nora ein Modegeschäft in Teheran hatte, suchte ich mir dort eine Arbeit, nach den Aufständen zogen wir 1980 nach Bayern zurück, wo wir noch immer wohnen. Jedes Jahr besuchen wir das Oktoberfest und schauen im Hofbräuzelt vorbei, wo vor 41 Jahren unser Märchen begann. (Wolfgang Dubral, 82 Jahre, Seefeld)
Es war am letzten Wiesnwochenende 1955, am Freitag im Garten des Hofbräuzelts. Das Wetter war unfreundlich, wir jungen Burschen saßen auf feuchten Bierbänken. Dann kamen zwei junge Mädchen vorbei, Schwestern, 15 und 16 Jahre alt, im Schottenrock und rotem Anorak. Sie nahmen unsere Einladung auf einen Schluck Bier an, sie waren der Obhut ihres Vaters für kurze Zeit entschlüpft. Ich habe die Hand der einen nicht mehr losgelassen, ich habe geahnt: Die ist es. Geld hatten wir nicht viel, für eine Fahrt im Auto-Scooter und mit der Zugspitzbahn hat es gerade noch gereicht. Da haben wir uns zum ersten Mal geküsst. Die Stunde war schnell um, sie mussten zum Vater zurück. Wir haben noch ein Treffen für den nächsten Montag vereinbart, an der Post am Goetheplatz. 1962 haben wir geheiratet, zwei Jahre später ist unser Sohn auf die Welt gekommen. Wir sind heuer 55 Jahre verheiratet und, kann das sein, immer noch glücklich miteinander. Meine Frau ist der größte Glücksfall in meinem Leben. (Theo, 79, & Erika, 77)
Kind der Wiesn und der deutschen Einheit
Wir, Jenny und Günther, haben uns am zweiten Wiesnwochenende 2012 beim Essen bei einer Bekannten kennengelernt. Da Jenny aus Thüringen ist, war sie noch nie auf der Wiesn. So hab ich sie dann am Tag der Deutschen Einheit mitgenommen. Mittlerweile haben wir unseren zwei Jahre alten Sohn Matheo, der gerne Kinderkarussell auf der Oiden Wiesn fährt. Er ist ein Kind der Wiesn und der deutschen Einheit. (Günther)
Wir waren beide damals so um die 20. Wir kannten uns nicht, nur ein flüchtiger Blick hat uns irgendwie verbunden. Sie hat erzählt, dass sie zum Studieren wegzieht. Es gab keinen Kuss - nur ein Knistern. Entstanden ist nicht die gewöhnliche Liebe, sondern eine außergewöhnliche Freundschaft. Wären wir jetzt zusammen? Ich weiß es nicht. Ist es Liebe? Nicht so wie man es sich vorstellt. Wir leben beide inzwischen in festen Beziehung mit anderen. Wir lieben unsere Partner. Doch wird immer dieses schöne Gefühl da sein, den anderen kennengelernt zu haben. Im nächsten Leben dann. (Anonym)
Wo denn sonst?
Natürlich habe ich meine Ehefrau auf der Wiesn kennengelernt - wo denn sonst? Vor 30 Jahren im Biergarten vor dem Paulaner-Festzelt. Ich war 22 Jahre alt und mit meinem Spezl Stefan unterwegs, direkt gegenüber von uns saßen zwei fesche Madln, die sich eine Mass teilten. Wir haben sie zu einer weiteren eingeladen, am nächsten Tag und den darauffolgenden haben wir uns wieder auf dem Oktoberfest getroffen. Auch nach der Wiesn sind wir in Kontakt geblieben. Wir haben mittlerweile zwei erwachsene Töchter und zur Wiesn gehen wir immer noch gerne - wenn auch nicht mehr ganz so oft. (Axel Krüger, 52, München)