Süddeutsche Zeitung

Zu Gast in München:Och, Obama!

Bei seinem Besuch verzichtet der ehemalige US-Präsident erneut auf die Wiesn - der Secret Service würde sonst "nervös".

Von Julian Hans und Katharina Kutsche

Diesmal wären die Bedingungen eigentlich optimal gewesen: Barack Obama hatte ein Hotel am Hauptbahnhof gewählt, umgeben von Trachten-Outlets und direkt am Trampelpfad zur Theresienwiese. Er hätte sich nur einer der zahlreichen Gruppen seiner lederbehosten Landsleute anschließen müssen, die den ganzen Tag lang unter den Fenstern seiner Suite im Sofitel in der Bayerpost vorbei zur Festwiese pilgerten, zu Fuß oder in der Fahrradrikscha. Sogar das Wetter war sehr einladend. Aber dann ist der Friedensnobelpreisträger am Sonntagmittag nach 36 Stunden in München doch wieder abgeflogen, ohne das Oktoberfest besucht zu haben.

Dabei galt seine Ausrede eigentlich nicht mehr, die er noch vor drei Jahren vorgebracht hatte: "Ich bin noch nie beim Oktoberfest in Deutschland gewesen", hatte er 2016 gesagt. "Das heißt: Ich muss noch mal wiederkommen. Wahrscheinlich macht es mehr Spaß, wenn ich kein Präsident mehr bin." Viele hatten daher gehofft, es könnte also wenigstens eine gute Nebenwirkung haben, dass inzwischen ein anderer die Rolle des US-Präsidenten übernommen hat. Aber Obama ließ nicht nur alle Hoffnungen hoher und ganz hoher Politiker aus Stadt und Landesregierung auf eine Audienz platzen, er verzichtete auch auf eine Begegnung mit dem Volk.

Stattdessen beschränkte sich der 58-Jährige auf seinen Auftritt bei der Eröffnung der Gründermesse "Bits & Pretzels". Wie üblich bekam auch er von den Organisatoren eine komplette Tracht geschenkt. "In der Privatheit meines Hotels habe ich die Lederhose anprobiert", sagte er bei dem Podiumsgespräch am Sonntagmorgen. "Ich finde, ich sah gut damit aus - mal sehen, wie Michelle das sieht." Auf die Wiesn müsse er aber verzichten: "Der Secret Service wird etwas nervös, wenn da 10 000 Menschen in einem Raum sind."

Zwei Jahre haben die Verantwortlichen nach eigenen Angaben dafür gekämpft, Obama nach München zu holen, der von 2009 bis 2017 Präsident der Vereinigten Staaten war. Klaus Dittrich sagte, solch ein Highlight wie den Obama-Besuch habe es zuletzt 1998 bei der Eröffnung des Messegeländes und bei der Papstmesse 2006 gegeben. Der Geschäftsführer der Messe München trug selbst am Sonntag Tracht. Die Vorbereitungen seien zwar ein Kraftakt gewesen, aber es sei alles glattgegangen, erzählt er. Vor drei Wochen habe man dem Secret Service einen akribischen Plan zuliefern müssen mit den genauen Abläufen. Der sei dann auf Herz und Nieren geprüft worden. In der Zusammenarbeit mit den Personenschützern vom Bundeskriminalamt und der Münchner Polizei sei das aber eingespielt.

Obama war am Freitagabend angereist. Im Sofitel Munich Bayerpost aß er mit den Organisatoren der Start-up-Konferenz zu Abend. Auch seine ein Jahr ältere Halbschwester Auma besuchte ihn in München. Die Germanistin, Soziologin und Autorin ist eine ausgewiesene Kennerin der deutschen Literatur. 2008 unterstützte sie Barack Obama im Wahlkampf, mit einer Stiftung fördert sie den Zugang afrikanischer Kinder zu Bildung.

Obwohl es das Start-up-Festival "Bits & Pretzels" erst seit einigen Jahren gibt, gelingt es den Veranstaltern immer wieder, berühmte Gäste nach München zu holen. 2016 hielt der inzwischen nach Belästigungsvorwürfen stark in die Kritik geratene Hollywoodstar Kevin Spacey die Eröffnungsrede, außerdem waren unter anderem schon der Milliardär Richard Branson und Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg dabei. Die Veranstaltung findet immer während des Oktoberfestes statt. Spacey feierte einst mit den Veranstaltern auf der Wiesn.

Obama wäre nicht der erste Ex-Präsident auf der Wiesn gewesen. Im vergangenen Jahr hatte Bill Clinton zusammen mit Ehefrau Hillary das Oktoberfest besucht. Bill in der Lederhose und Hillary ohne Tracht im Blazer waren abgeschirmt ins Käferzelt eskortiert worden.

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SZ vom 30.09.2019
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