Sicherheit auf dem Oktoberfest:"Auf italienische Uniformen reagieren Besucher aus Italien anders"

Sicherheit auf dem Oktoberfest: Das gemeinsame Patrouillieren von italienischen und deutschen Polizeibeamten hat sich auf dem Oktoberfest bewährt.

Das gemeinsame Patrouillieren von italienischen und deutschen Polizeibeamten hat sich auf dem Oktoberfest bewährt.

(Foto: Jakob Berr)

Während der Wiesn helfen bei den deutschen Sicherheitsbehörden Polizisten aus Italien, Frankreich und anderen Ländern aus - als Ansprechpartner für ihre Landsleute, aber auch zur Verbrechensbekämpfung. Erste Straftäter konnten deshalb schon verhaftet werden.

Von Martin Bernstein

Ob der 28-Jährige aus der Provinz Brescia, enthemmt vom Alkohol, auch eine heimische Polizistin in einer ihm vertrauten Uniform angesprungen, umklammert und umgerissen hätte? Ob sein nur 15 Jahre älterer Vater und ein weiterer Spezl versucht hätten, den anschließend Festgenommenen aus dem Zugriff etwa der Polizia di Stato, der dem italienischen Innenministerium unterstellten Staatspolizei, gewaltsam zu befreien?

Das muss Spekulation bleiben, denn der geschilderte Vorfall ereignete sich bereits am Montag. Erst am Wochenende jedoch werden uniformierte italienische Polizisten ihre deutschen Kollegen beim Gang über die Theresienwiese unterstützen. "Auf italienische Uniformen reagieren Besucher aus Italien anders", glaubt jedenfalls Christian Schäfer. Der Polizeioberrat ist der Leiter der Wiesnwache.

Am sogenannten "Italiener-Wochenende", wenn eine nicht enden wollende Karawane von Wohnmobilen über den Brenner gekrochen ist und fast jedes davon irgendwo in oder um München einen halbwegs legalen Standplatz gefunden hat, wenn dichte Pulks gut gelaunter Menschen, Vorfreude auf die Festa della birra im Herzen und nicht mehr als ein durchweichtes Panino seit dem Start in Napoli im Magen, aus den Zügen strömen, dann werden italienische Uniformierte auf dem Oktoberfest zum Einsatz kommen. Freilich nur im Gefolge ihrer deutschen Kollegen, die rechtlich das Sagen haben. Aus den Sechsergruppen der Polizei werden dann Achterteams.

Am Dienstag waren ihre Chefs schon mal da. Schäfer hat die Verantwortlichen der Questura Bozen in der Wiesnwache begrüßt und sie übers Festgelände geführt. Ihre italienischen Landsleute stellen immerhin das Gros der ausländischen Wiesn-Besucher, im Corona-Jahr 2022 könnte ihr prozentualer Anteil an den Feiernden sogar noch größer sein als sonst.

Insgesamt 14 zweisprachige Uniformierte aus dem europäischen Ausland helfen ihren deutschen Kolleginnen und Kollegen. Denn neben der grün-weiß-roten wird die blau-weiß-rote Trikolore französischer Polizistinnen und Polizisten auf der Theresienwiese zu sehen sein. Die Gendarmerie-Beamten aus dem Elsass sind bereits seit Wochenmitte da und bleiben bis zum Wiesn-Ende.

Sicherheit auf dem Oktoberfest: Sie war die Erste: Seit 17 Jahren unterstützen Polizistinnen und Polizisten aus Italien ihre Münchner Kollegen auf der "Festa della birra".

Sie war die Erste: Seit 17 Jahren unterstützen Polizistinnen und Polizisten aus Italien ihre Münchner Kollegen auf der "Festa della birra".

(Foto: Robert Haas)

Taschendiebfahnder in Zivil

Das gilt übrigens auch für die Bundespolizei, die für die Sicherheit auf Bahnhöfen und an den S-Bahn-Strecken zuständig ist und mit ihrem "blau-weißen Partybus" auf der Hackerbrücke selbst schon zu einem Stück Wiesn-Folklore geworden ist. Zum zweiten Mal sind Beamte der "Deutsch-Französischen Einsatzeinheit" (DFEE) überwiegend am Hauptbahnhof im Wiesn-Einsatz. Die Einheit wurde 2017 gebildet aus Angehörigen der deutschen Bundespolizeiabteilung Bad Bergzabern und der französischen Gendarmerie Nationale, Präfektur Grand Est in Metz.

Dutzende weitere Polizisten aus mehreren europäischen Staaten - sie sind freilich aus gutem einsatztaktischen Grund in Zivil - unterstützen ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen während des Oktoberfests. Sie kommen aus der Schweiz, aus Österreich, Ungarn, Belgien und der Tschechischen Republik und kennen ihre jeweils eigenen Pappenheimer ganz genau: international agierende Taschendiebe, die auf leichte Beute hoffen. Nicht selten ein Trugschluss: Immerhin 25 Festnahmen gelangen den Taschendiebfahndern, die in national gemischten Teams unterwegs sind, bei der letzten Wiesn vor drei Jahren.

Und auch in diesem Jahr hat sich die Zusammenarbeit bereits bewährt. Am Montagabend stießen deutsche Polizisten auf der Theresienhöhe auf ein Pärchen, das es auf die Wertsachen von Festbesuchern abgesehen hatte: Während der 38-Jährige das Umfeld beobachtete, ging die Frau zu einem augenscheinlich angetrunkenen Wiesn-Besucher und umarmte diesen. Dabei durchsuchte sie seine Hosentaschen nach Gegenständen.

Nachdem sie offensichtlich keine wertvollen Gegenstände fand, suchten die beiden wenige Zeit später einen weiteren Festgast heim. Die Polizisten nahmen die beiden Tatverdächtigen fest. Mit Hilfe ihrer tschechischen Kollegen konnten sie die beiden Taschendiebe schnell identifizieren. Die 30-Jährige, so stellte sich heraus, wird in der Slowakei bereits wegen Taschendiebstahls gesucht.

Internationale Verstärkung während der Wiesn bekommt aber nicht nur die Polizei. Auch die Münchner Berufsfeuerwehr hat an den beiden verbleibenden Wochenenden mitarbeitende Gäste. Von Freitag bis Sonntag unterstützen jeweils drei Berufsfeuerwehrleute aus Bozen ihre Münchner Kolleginnen und Kollegen. Die Gäste sind nach Angaben von Brandinspektor Stefan Osterloher ausgebildete Disponenten und werden in der integrierten Leitstelle als Dolmetscher eingesetzt.

Wenn italienische Festbesucher dann Hilfe unter der Notrufnummer 112 suchen, treffen sie bereits am Telefon auf zweisprachige Ansprechpartner aus Südtirol. "Pronto?! Ecco i vigili del fuoco ..." - Ja, bitte? Hier spricht die Feuerwehr.

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