Reise zum Oktoberfest:"...oder ich schieß' mir den Weg frei"

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Eine Zugfahrt durch Italien ist dem Autor in Erinnerung geblieben. (Foto: imago/Reporters)

Wie eine Zugfahrt zum Italienerwochenende auf der Wiesn einmal fast ein vorzeitiges Ende im weißen Nebel gefunden hätte.

Glosse von Martin Bernstein

Nein, schreibt uns Herr G. aus München, das könne so nicht stimmen. Nach einem jüngst erschienenen Artikel kritisiert er, dass das Wissen der SZ "über die Art und Weise, wie Neapolitaner reisen und sich verköstigen, etwas eingeschränkt ist. In Nord-Italien isst man Tramezzini. Wir Neapolitaner kommen sehr gerne zum Oktoberfest, aber bestimmt nicht mit leerem Magen." Der ethnologisch-kulinarische Hinweis zum sogenannten "Italienerwochenende" auf dem Oktoberfest ist zweifelsohne wichtig und richtig: Herr G. ist geboren in der Stadt am Vesuv.

"Se non è vero, è ben trovato", soll vor rund 500 Jahren ein Kardinal Este gesagt haben: Und ist es nicht wahr, so ist es doch gut erfunden. Dem kundigen Leser G. aus Monaco di Baviera sei dennoch versichert: Was wir schreiben, ist niemals erfunden, sondern durch und durch wahr. Wie die Geschichte mit den hungrigen Zuginsassen aus Napoli.

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Von Martin Bernstein

Es ist freilich schon 34 Jahre her. Der Autor versuchte damals, in Bologna einen Zug zur Heimreise nach München zu besteigen. Was durchaus eine Herausforderung war. Italienerwochenende eben. Gepäckstücke und bisweilen auch Kinder wurden durch die Fenster des komplett überfüllten Zuges herein- und hinausgereicht. Ein letzter Platz fand sich auf dem Fußboden, gleich hinter der Einstiegstür und also vor dem gabinetto, dem Klo. Dort saßen schon ein halbes Dutzend junger Männer in freudiger Erwartung der Münchner Sause. Neapolitaner, wie sich herausstellte.

Und die hatten - Sie müssen jetzt stark sein, lieber Herr G. - tatsächlich in Bologna kaum noch etwas zu essen. Das wenige aber, was sie hatten, teilten sie bereitwillig mit dem zugestiegenen Heimreisenden. Ein durchweichtes, mit Salatcreme und Mozzarella belegtes Etwas und die pappsüße Kalorienbombe Torrone. Nach dem Verzehr klebten alle, innen wie außen. Dann kamen Kiefersfelden und die damals noch üblichen Grenzkontrollen.

Der Zug hielt ruckartig. Ein Italiener suchte Halt. Und griff zum Abzug des Feuerlöschers. In dem Moment passierte zweierlei. Die klebrige Reisegesellschaft war eingehüllt in weißen Nebel. Und mit ihr ein Polizist, der just in diesem Moment im Durchgang aufgetaucht war. Einen Anschlag vermutend, schrie der Mann in den Nebel hinein den bemerkenswerten Satz: "Lasst's mich durch, oder ich schieß' mir den Weg frei." Davvero - wirklich.

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