Süddeutsche Zeitung

Mobilität am Oktoberfest:Betrunkene Wiesn-Besucher auf E-Scootern - wie Apps das verhindern wollen

Lesezeit: 2 min

Zieh dem Männlein einen Helm auf, lieber Wiesn-Besucher: Mit dieser und anderen Aufgaben wollen Apps die Reaktion derjenigen testen, die rund um die Theresienwiese einen E-Scooter mieten wollen.

Von Andreas Schubert

Was die am Wochenende vorgestellte Halbzeitbilanz der Münchner Polizei zur Wiesn angeht, so ist zumindest die Disziplin bei den E-Scooter-Fahrerinnen und Fahrern besser geworden. Dieses Jahr haben die Beamten in der ersten Wiesn-Woche 181 betrunkene E-Scooter-Nutzer aus dem Verkehr gezogen. Beim letzten Oktoberfest vor der Pandemie 2019 waren es noch 220.

Neu sind die elektrischen Tretroller nun nicht mehr. Seit der Einführung im Sommer 2019 haben sich die Münchner inzwischen damit abgefunden, dass sie zum Stadtbild gehören. Und doch sind sie immer noch ein Ärgernis, besonders dann, wenn sie wild auf Gehwegen geparkt werden und so zur Stolperfalle werden. Dem versuchen die Verleiher Herr zu werden, indem sie die Technik der Ausleih-Apps immer wieder verfeinern. So müssen die Kunden beim Abstellen inzwischen Fotos machen, um zu dokumentieren, dass der Roller ordnungsgemäß geparkt ist. Das freilich entscheidet nicht irgendein Mitarbeiter in der fernen Firmenzentrale, sondern die App selbst, die angeblich erkennt, ob alles seine Richtigkeit hat.

Wenn man das mal ausprobiert, so zeigt sich freilich, dass so eine App recht tolerant sein kann, was die Interpretation von richtigem Parken betrifft. Immerhin dürfen in der Münchner Innenstadt die Roller nur noch an bestimmten Stellplätzen abgegeben werden.

Das betrifft auch die Wiesn. Sieben Stationen gibt es um die Theresienwiese herum. Zudem dürfen die Roller nicht im äußeren Sperrring rund ums Festgelände fahren. Tabu für E-Scooter ist eine Zone, die sich von der Lindwurmstraße zur Herzog-Heinrich-Straße zieht und weiter bis zur Paul-Heyse-, Schwanthaler- und Heimeranstraße sowie Ganghofer-, Hans-Fischer- bis Poccistraße.

Außerdem gilt zwischen 17 Uhr und 6 Uhr des jeweiligen Folgetages ein Ausleih- und Fahrverbot, das die Sperrzone noch weit überschreitet: Es reicht von der Ganghoferstraße im Westen bis zum Sendlinger-Tor-Platz und von der Lindwurm- und Ruppertstraße im Süden bis zur Arnulfstraße im Norden. Eine Karte findet sich auf der Homepage des Mobilitätsreferats muenchenunterwegs.de.

Schon ab 0,5 Promille droht betrunkenen E-Scooter-Fahrern ein Fahrverbot

Anders als 2019, als die Scooter eben noch ganz neu waren, scheinen viele Nutzer die Einschränkungen auch kapiert zu haben. 40 Mal wurden Fahrerinnen und Fahrer von der Polizei abgewiesen, als sie ins Sperrgebiet fahren wollten. Vor drei Jahren waren es noch 590, also fast 15 Mal so viele.

Trotzdem sieht man viele, fast ausschließlich junge Menschen in Dirndl oder Lederhose auf den wackeligen Rollern in Richtung Theresienwiese gleiten. Damit sie sich nicht schon vorgeglüht auf den Hin- beziehungsweise vollgetankt auf den Heimweg machen, haben die Anbieter in ihre Apps kleine Hindernisse eingebaut. Kunden des Anbieters Bolt müssen nun auch tagsüber den Reaktionstest absolvieren, der sonst nur abends aktiviert ist. Sie müssen auf dem Bildschirm mehrmals auf ein bärtiges Männlein tippen, sobald dieses einen Helm aufhat. Geschieht dies nicht schnell genug, teilt einem die App Folgendes mit: "Deine Reaktion ist zu langsam. Wir raten dir dringend, eine Bolt-Autofahrt zu bestellen, anstatt mit dem Roller zu fahren."

Wie viele sich davon dann wirklich abhalten lassen, ist während dieser Wiesn noch nicht erfasst. Denn ausleihen kann man den Roller trotzdem noch, vier Mass hin oder her. Dass dies illegal ist und für Tretrollerfreunde dieselben Alkohol-Grenzwerte gelten wie für Autofahrer, spielt offensichtlich für manche keine Rolle, siehe Polizeistatistik. Dabei winkt schon ab 0,5 Promille ein Fahrverbot, wer mehr als 1,1 Promille hat (mit Wiesnbier schnell erreicht), begeht gar eine Straftat, Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge müssen komplett nüchtern sein.

Bei Lime wird man noch auf das Alkoholverbot hingewiesen, bei Bird muss man das Wörtchen "sicher" eintippen. Auch das lässt sich mit einem erhöhten Promillewert noch bewerkstelligen. Und wenn einen die Tier-App fragt, ob man Alkohol getrunken hat, ist noch lange nicht gesagt, dass man da auch eine ehrliche Antwort gibt.

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