Wiesn-BilanzHitze, Bombenalarm, Überfüllung – ein historisches Oktoberfest

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In München geht am  Sonntagabend ein denkwürdiges Oktoberfest zu Ende.
In München geht am  Sonntagabend ein denkwürdiges Oktoberfest zu Ende. (Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • 6,5 Millionen Besucher kommen 2025 zum Oktoberfest. Es gibt einen Temperaturrekord, die erstmalige Geländesperrung wegen Überfüllung und eine Bombendrohung.
  • Am zweiten Wiesn-Samstag befanden sich 640.000 Menschen gleichzeitig auf dem Gelände, was zur ersten kompletten Sperrung in der 190-jährigen Geschichte führte.
  • Die Stadt München will für 2026 die Reservierungswechsel weiter entzerren und hat bereits einen Crowd-Spotter eingesetzt, um Überfüllungen frühzeitig zu erkennen.
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6,5 Millionen Besucher, 6,5 Millionen Mass Bier: Die Zahlen der Wiesn sind durchschnittlich, die Ereignisse jedoch überschlugen sich. Die Bilanz einer „Achterbahn-Wiesn“.

Von Jacqueline Lang

Die Wiesn 2025, sie wird vor allem für drei Dinge in Erinnerung bleiben. Es gab einen Temperaturrekord von 30,7 Grad am ersten Wiesn-Samstag, erstmals wurde am zweiten Wiesn-Samstag das komplette Gelände aufgrund von Überfüllung temporär gesperrt – und, auch das hatte es in der Oktoberfest-Geschichte noch nicht gegeben: Am vergangenen Mittwoch öffnete aufgrund einer Bombendrohung das Gelände erst um 17.30 Uhr. Angesichts dieser Bilanz verwundert es kaum, dass Christian Scharpf am Sonntagmittag bei der alljährlichen Pressekonferenz von einer „Achterbahn-Wiesn“ spricht.

Aus seiner Sicht als Wiesn-Chef ist die Überfüllung ein Problem gewesen, oder, wie Scharpf es selbst sagt, „ein Novum“. Denn es gab in der langen Geschichte der Wiesn immer mal wieder Situationen, in denen es heftig zuging auf der Theresienwiese, so voll wie am 27. September 2025 zum Reservierungswechsel war es aber noch nie. Handydaten, die die Süddeutsche Zeitung ausgewertet hat, belegen, dass an diesem Tag um 18 Uhr 385 000 Menschen gleichzeitig auf dem Gelände waren – das ist deutlich mehr, als die Stadt Augsburg Einwohner hat.

Scharpf betont, dass man auf diese Situation letztlich gut reagiert habe, allerdings, auch das gibt er zu „nicht optimal“: Die Gefahr, die von den Menschenmassen ausging, sei „zu spät“ erkannt worden, die Kommunikation mit allen Beteiligten „nicht ideal“ gelaufen. Vor allem die erste Durchsage, die nur auf Deutsch zu hören war, obwohl sich sehr viele ausländische Gäste auf dem Gelände befanden, sorgte für Irritation und teilweise auch für Panik. Ein Grund wurde nämlich zunächst nicht genannt für die Sperrung des Geländes.

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Man habe, auch das sagt Scharpf, aber schnell aus den Fehlern vom zweiten Wiesn-Samstag gelernt: Seit Donnerstag ist ein sogenannter Crowd-Spotter im Einsatz, der alle Live-Videos im Blick hat, um die Gefahr einer Überfüllung frühzeitig zu erkennen und mit Durchsagen gegenzusteuern. An seinem ersten Arbeitstag hatte dieser noch wenig zu tun, am Tag der Deutschen Einheit konnte er jedoch eine nochmalige Überfüllung abwenden.

Was klar ist: Teil des Problems sind die Reservierungswechsel. Denn auch wenn die Menschen sich dieses Mal vor allem ums Riesenrad und zwischen Glöckle Wirt und Paulaner-Festzelt versammelt hatten, so war der Zeitpunkt doch etwa der gleiche, zwischen 16 und 18 Uhr. Scharpf will deshalb im Nachgang zur Wiesn mit den Wirten sprechen, wie man die Reservierungswechsel noch weiter entzerren könne. Man habe in den letzten Wiesn-Tagen schon einiges dazugelernt, das „Ende der Fahnenstange“ sei das aber bei Weitem noch nicht. Es gebe „Hausaufgaben“ fürs kommende Jahr.

Sinnvoll sei es auf jeden Fall, dass sich alle Verantwortlichen nun stündlich, nicht mehr nur zweimal am Tag zu einer Lagebesprechung im Servicezentrum einfänden. Auch die Durchsagen am Freitag und Samstag lobt Scharpf: Sie seien „kurz, knapp und prägnant“ gewesen. Auf die Frage, warum sie noch zu hören waren, als längst wieder Platz auf dem Festplatz war, sagt Scharpf: Die Durchsagen seien „relativ unschädlich“, daher habe man entschieden, sie etwas länger laufen zu lassen als nötig. Die Frage aber, ob sich Besucherinnen und Besucher öfter auf Schließungen des Geländes einstellen müssten, vermag Scharpf nicht zu beantworten: Natürlich werde man versuchen, das zu vermeiden, aber „ausschließen kann ich’s auch nicht“.

„Die Menschen haben ihre Wiesn wieder in Besitz genommen.“

Die Sperrung des Geländes aufgrund der Bombendrohung am 1. Oktober bewertet Scharpf als richtig. Darin hätten ihn in den vergangenen Tagen auch die Reaktionen aus der Bevölkerung bestärkt, die durchwegs positiv ausgefallen seien. Auch wenn sich die Drohung am Ende als falsch herausstellte und die rund 500 Polizistinnen und Polizisten sowie mehr als 30 Sprengstoffhunde keine Bombe fanden. Die Sorge, die Bombendrohung könnte sich negativ auf den weiteren Wiesn-Verlauf auswirken, sei ebenfalls unbegründet gewesen. Um 17.30 Uhr, als man das Gelände wieder geöffnet habe, seien die Menschen in Scharen herbei geströmt. „Die Menschen haben ihre Wiesn wieder in Besitz genommen“, so Scharpf.

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Während Johann Petryszak von einer für die Feuerwehr unauffälligen Wiesn spricht, pflichtet Michel Belcijan von der Aicher Ambulanz Wiesn-Chef Scharpf bei: Es sei eine Achterbahn gewesen. Einige Tage, vor allem der erste Samstag, der mit 910 Einsätzen für sein Team ein Patientenrekord war, seien „herausfordernd“ gewesen. Über die gesamten 16 Tage waren die Sanitäterinnen und Sanitäter 6824 Mal im Einsatz. Die positive Bilanz aus seiner Sicht: Weniger Menschen im Vollrausch, die über Nacht ausnüchtern müssen, weniger minderjährige Betrunkene und auch ein deutlicher Rückgang jener, die zur weiteren Behandlung in Krankenhäuser gebracht werden müssen.

Auch die Polizei hatte laut Sprecher Thomas Schelshorn gut zu tun: 784 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wurden zur Anzeige gebracht. Das ist mehr als im Vorjahr, man müsse aber einordnen:  Das Wiesn-Jahr 2024 war aus Sicht der Einsatzkräfte besonders friedlich. Angestiegen ist 2025 die Zahl der Sexualdelikte: Bei den 72 verzeichneten Fällen handelte es sich um sexuelle Belästigung, in zehn Fällen auch um sogenanntes Upskirting. Fünf Fälle erfüllten den Tatbestand einer Vergewaltigung. Zudem wurden 148 Fälle von Rauschgiftkriminalität verzeichnet, das sind 15 mehr als 2024. In den meisten Fällen ging es dabei um Kokain. Was noch angestiegen ist: die Zahl der Trunkenheitsfahrten. Bei den meisten der 438 Fahrten unter Alkoholeinfluss waren die Personen mit einem E-Scooter unterwegs. Und: Elfmal wurden trotz eines Flugverbots Drohnen über der Wiesn gesichtet.

Abgesehen von zwei denkwürdigen Tagen und ein paar Rekorden ist aber auch ein Fazit: In vielerlei Hinsicht war es eine durchschnittliche Wiesn. Die Zahl der Besucher liegt bei 6,5 Millionen, das sind 200 000 weniger als im Vorjahr. Auch Bier wurde heuer weniger getrunken als noch 2024: Statt 7 Millionen ausgeschenkten Massen waren es dieses Jahr nur 6,5 Millionen. Der Konsum von alkoholfreiem Bier ist indes gestiegen, je nach Zelt um sechs bis zehn Prozent.

Was Scharpf freut: Zwar habe das Oktoberfest wieder ohne Werbung zahlreiche Gäste aus dem nahen und fernen Ausland angezogen, es bleibe aber dennoch ein „bayerisches Volksfest“ mit vielen Besucherinnen und Besuchern aus München und Bayern. Was dem Wiesn-Chef außerdem eine Erwähnung wert ist: Gaudi-Hüte wie der Hendl-Hut seien heuer weniger gefragt gewesen. „Das ist aber ehrlich gesagt kein großer Verlust.“ Und damit gibt es sie am Ende doch noch: die guten, die belanglosen Nachrichten rund um die Wiesn.

Hinweis: In einer ersten Version hieß es, es seien am 27. Oktober 640 000 Menschen gleichzeitig auf der Wiesn gewesen. Tatsächlich ist dies jedoch die Gesamtzahl aller Besucherinnen und Besucher an diesem Tag gewesen.

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