Oktoberfest:Champagner-Streit bringt Wiesn-Wirte zum Schäumen

Lesezeit: 3 Min.

Ein Anblick, der der Konkurrenz nicht gefällt: Im Schottenhamel-Festzelt wird Schaumwein für 390 Euro die Flasche serviert. (Foto: Robert Haas)

Die Gläschen hoch! In manchen Zelten stehen neben Bier noch teurere Tropfen auf der Karte – aber eben nicht in allen. Über eine Neid-Debatte, die so nur München hervorbringen kann.

Von René Hofmann

Auf dem Oktoberfest gibt es Streit. Das an sich ist nichts Ungewöhnliches. Wo das Bier in großen Krügen serviert wird, kracht es schon mal. Jetzt aber gibt es Knatsch, weil nicht nur Bier serviert wird. An die Öffentlichkeit gebracht hat den Vorgang die Abendzeitung. „Schampus-Streit der Wiesn-Wirte“: Es ist eine Überschrift, wie sie wohl nur München hervorbringen kann.

Hier eine Bestandsaufnahme, bierernst, versteht sich.

Auf dem Festgelände gibt es – das Traditionsgelände der Oidn Wiesn nicht mitgerechnet – 14 große Zelte. Und in einem der bekanntesten, der Festhalle Schottenhamel, darf seit dem vergangenen Jahr neben Bier auch Kaffee, Wein, Schnaps und Champagner serviert werden. Das stößt einigen anderen jetzt sauer auf.

SZ PlusKokain auf dem Oktoberfest
:Es schneit auf der Wiesn

Konzertmanager Klaus Leutgeb wird mit zwei Briefchen Kokain erwischt, ein mutmaßlicher Dealer bei der Einlasskontrolle aus dem Verkehr gezogen. Wo und wie beim Oktoberfest geschnupft wird.

Von Martin Bernstein

Arabella Schörghuber, Wirtin des Paulaner-Festzelts, soll ihre Kündigung bei der Vereinigung der Wiesn-Wirte zum nächsten Jahr eingereicht haben, wenn sich an der Regelung nichts ändert.

Bei dem Zank treffen zwei gesellschaftliche Schwergewichte aufeinander. Das Schottenhamel-Zelt ist das älteste auf dem Oktoberfest. In ihm wird das jährliche Ozapft-is-Ritual mit Oberbürgermeister und Ministerpräsident aufgeführt.

Seitdem das Zelt 1867 das erste Mal errichtet wurde, ist es in der Hand der Schottenhamels. Aktuell wird es unter anderem von Christian Schottenhamel geführt, der zudem Co-Sprecher der Wiesn-Wirte ist sowie Präsident der „Filser-Buam“, die sich der Pflege der bayerischen Tradition verschrieben haben.

Arabella Schörghuber wiederum entstammt ebenfalls einer bekannten Münchner Familie. Ihr Vater Josef zog von den 1950er-Jahren an im großen Stil Wohnhäuser in der Landeshauptstadt hoch. Unter anderem der ganze Arabellapark geht auf ihn zurück. Der Streit hat also sowohl eine gesellschaftliche wie stadtpolitische Komponente, die nicht zu unterschätzen ist.

Daneben wirft er eine immer wieder gerne gestellte Frage neu auf: Wer darf auf dem größten Volksfest der Welt eigentlich was? Alles genau geregelt, bemüht sich Wiesnchef und CSU-OB-Kandidat Clemens Baumgärtner zu beruhigen: Die Vorgaben variierten je nach Kategorie der Zelte.

Von diesen gibt es drei: Brauereizelte, Schützenzelte und freie Zelte. Den sechs großen Münchner Brauereien gehören insgesamt sieben Zelte. Neben der von Arabella Schörghuber betriebenen Festhalle der Paulaner-Brauerei sind das die Hackerbräu-Festhalle, die Bräurosl (Hacker-Pschorr), das Löwenbräu-Festzelt, die Ochsenbraterei (Spatenbräu), die Augustiner-Festhalle und das Hofbräu-Festzelt. Diese Zelte sind ebenso gesetzt wie die zwei Zelte, die Schützenvereinigungen gehören: das Armbrustschützenzelt von der Armbrustschützengilde „Winzerer Fähndl“ und das Schützenfestzelt des Bayerischen Sportschützenbundes.

Newsblog zur ersten Oktoberfestwoche in München
:Zweites Wiesn-Wochenende eher kühl und verregnet

Das Teufelsrad reagiert auf „Upskirting“-Videos, die im Internet hochgeladen wurden. Eine Frau muss wegen eines acht Zentimeter langen Splitters im Gesäß behandelt werden.

Alle Entwicklungen im Newsblog

Der Sektverkauf hat sich verdoppelt

Die fünf weiteren Zelte müssen sich dagegen jedes Jahr neu bewerben. Trotz der langen Tradition gehört die Schottenhamel-Festhalle zu diesen. In den anderen freien Zelten – Kufflers Weinzelt, Käfers Wiesn-Schänke, der Fischer-Vroni und dem Marstall – durften schon länger auch andere alkoholischen Getränke als Bier serviert werden. Formal fand hier mit dem Schampus-Erlass für Schottenhamel also eine Gleichbehandlung statt – die nun allerdings einer Ungleichbehandlung mit den anderen Biertempeln gleichkommt, für die enger gefasste Vorgaben gelten. Kein Wunder, dass dort manch einer schäumt. Wiesn-Themen werden in München immer äußerst emotional behandelt.

390 Euro kostet die 0,75-Liter-Flasche Dom Pérignon Vintage 2013, die im Schottenhamel mit gläsernen Krügen zusammen serviert wird. Was die Frage aufwirft, wie lukrativ das prickelnde Geschäft wohl ist? Ein Bierzelt sei nicht so leicht auf Champagner umzugewöhnen, hat Christian Schottenhamel dazu der AZ gesagt. Aber was heißt das schon?

Die Statistik, die dem Stadtrat fürs vergangene Jahr vorgelegt wurde, weist pro Festtag einen Champagner-Ausschank von insgesamt 1240 Litern aus (beim Bier waren es pro Tag mehr als 4134 Hektoliter). Der Schampus-Genuss blieb damit ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres. Was aber auffiel: Beim günstigeren Sekt stiegen die Zahlen von 23 412 Litern 2022 deutlich an: auf 42 534. Möglicherweise ein Indiz, dass die Wiesn-Gäste doch etwas aufs Geld achten mussten.

Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Sie beruhen auf freiwilligen Angaben. Und dass denen nicht immer zu trauen ist, ergab vor zehn Jahren ein Prozess wegen Steuerhinterziehung gegen einen damaligen Wiesn-Wirt. Der hatte nur jede zweite Champagnerflasche, die er verkaufte, dem Finanzamt gemeldet – und sich so einen Vorteil von mehr als 900 000 Euro ergaunert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusPromis auf dem Oktoberfest
:Die große Schicki-Show

Früher war das Oktoberfest auch für Prominente ein zwangloser Spaß. Im Zeitalter der Influencer lässt sich sagen: Die Wiesn kommt locker ohne Promis aus. Aber die Promis nicht ohne die Wiesn.

Von Christian Mayer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: