Oktoberfest:Seit 50 Jahren jeden Wiesn-Tag im gleichen Zelt

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82 Jahre ist Adi Weber inzwischen alt, seinen Job im Löwenbräuzelt gibt er nun auf, als Uropa wird er auch so noch genug zu tun haben. (Foto: Florian Peljak)

Adi Weber war fünf Jahrzehnte für die Brauereibox im Löwenbräuzelt zuständig - nun hört er auf. Allerdings hat der 82-Jährige noch einen Nebenjob: Schiedsrichterbetreuer für den FC Bayern bei Champions-League-Spielen.

Von Franz Kotteder

Der Ruhestand ist offenbar nicht so seine Sache. Insofern verwundert es schon, dass er sich jetzt doch freut, wenn alles etwas ruhiger wird. Denn der Weber Adi ist inzwischen auch schon 82 Jahre alt, und eigentlich hätte er längst in Ruhestand gehen können. In seinem Hauptberuf als Verkaufsleiter bei der Löwenbräu AG hat er das ja auch bereits vor langer Zeit getan. Aber die aufreibenden Nebenjobs, die hat er auch danach noch behalten, bis heute. Als Schiedsrichterbetreuer beim FC Bayern München macht er inzwischen, nach gut 50 Jahren, nur noch die Champions League, nicht mehr die Bundesliga. Und um die Brauereibox im Löwenbräuzelt auf der Wiesn kümmert er sich ab dem 7. Oktober auch nicht mehr: "Dann ist Schluss damit."

Seinen Nachfolger lernt er bereits ein, er selbst hat auch diesen Job 50 Jahre lang gemacht. Und in dieser Zeit ist er jeden Tag auf der Wiesn gewesen, während des Oktoberfests. Man sieht: Adi Weber ist ein sehr beständiger Mensch. Um es auf die Spitze zu treiben: An diesem Donnerstag konnte er auch noch seinen 60. Hochzeitstag feiern, und das auch noch in derselben Wohnung, in die er damals nach der Hochzeit mit seiner Frau eingezogen ist. Sie ist nicht allzu weit weg vom Oktoberfest, das ist ganz praktisch. So kann er jeden Tag in der Frühe zu Fuß rübergehen und spätabends wieder zurück, in gut 20 Minuten.

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Adi Weber ist in einem kleinen Dorf in der Nähe von Passau zur Welt gekommen, aber schon mit knapp 15 Jahren nach München geschickt worden, zur Lehre und zum Arbeiten. "Ich bin früh sehr selbständig gewesen", sagt er. Auch stellte er sich nicht ungeschickt an - er wurde was bei Löwenbräu, und war ein bisschen im Fußball aktiv. 1963, als die Bundesliga gegründet wurde, fragte ihn der TSV 1860, ob er nicht den Schiedsrichterbetreuer machen wolle, den jeder Verein zu stellen hat. Weber mochte und war in dieser Funktion vier Jahre lang für die Löwen im Einsatz. Dann kamen die Konkurrenten vom damals noch kleineren Lokalrivalen FC Bayern auf ihn zu, die auch einen Schiedsrichterbetreuer brauchten. "Von Blau nach Rot zu wechseln, das war nicht so einfach", sagt Weber, und das ist noch zurückhaltend formuliert.

Aber Weber wechselte zu Rot und blieb dort bis heute. "Damals hatte der Verein gerade mal drei Angestellte", sagt er. Und heute? "Heute sind es über Tausend. Und der Verein wird ganz hervorragend geführt." Adi Weber hat praktisch alles mitgemacht, alle Höhen und Tiefen, und er kennt die Protagonisten alle gut: "Den Uli Hoeneß und den Karl-Heinz Rummenigge habe ich zum ersten Mal getroffen, da waren sie 18 Jahre alt."

Weber betreute bald nicht nur die Schiedsrichter der Bundesliga, sondern auch die bei allen internationalen Wettbewerben seit 1974, "ich habe auf diese Weise praktisch ganz Europa gesehen". Und die Betreuung war durchaus zeitintensiv: Freitagabends den Schiedsrichter vom Flughafen abholen, mit ihm essen gehen, samstags dann ins Stadion und abends wieder zum Flughafen mit ihm. Selbst dann natürlich, wenn der Unparteiische so ein Spiel recht verpfiffen hat, gegen die Roten. Adi Weber wusste sozusagen immer, wo der Schiri sein Auto hatte - und fuhr ihn damit sicher zum Flughafen.

Außer natürlich während des Oktoberfests, in den letzten 50 Jahren. Denn da kümmerte sich Adi Weber um die Triumphator-Box im Löwenbräuzelt. Hier hat der Brauereivorstand das Erstbelegungsrecht, und Adi Weber kümmert sich seit 1969 darum, dass mit den Reservierungen alles glatt läuft und die Gäste sich wohlfühlen und gut betreut werden. Da geht es immerhin um 200 Plätze, die täglich mittags und abends besetzt sind. Morgens um neun, halb zehn kommt Weber ins Zelt, spätabends geht er nach Hause, jeden einzelnen Wiesn-Tag. Zu trinken gibt es nur Wasser, "anders geht das gar nicht".

Vom Montag an aber wird alles anders. Hört er jetzt nicht mit ein bisschen Wehmut auf, nach 50 Jahren? Wenn, dann lässt er sich's nicht anmerken, und zu tun gibt's ja immer was, in einer großen Familie - vor fünf Wochen ist er sogar Uropa geworden. Auch das ein Grund, sich auf den verspäteten Ruhestand zu freuen: "Jetzt geht das Genießen an!"

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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