Oktoberfest:1000 Euro für 16 Nächte - wie Wiesn-Bedienungen abgezockt werden

Bedienungen auf dem Oktoberfest in München

Bedienungen auf dem Oktoberfest.

(Foto: dpa)

Kein Platz, Wucherpreise und keine Privatsphäre: Eine Bedienung spricht über die schwere Wohnungssuche zur Oktoberfest-Zeit - und was ein fairer Preis ist.

Von Laura Kaufmann

Einmal im Leben auf dem Oktoberfest arbeiten, das war ihr Traum. Und seitdem sich Christine Fragner diesen Traum zum ersten Mal erfüllt hat, lebt sie ihn jedes Jahr aufs Neue. Dieses Jahr wird sie nun zum siebten Mal in Kufflers Weinzelt arbeiten. Dafür nimmt sich Fragner Urlaub von ihrem Gastrojob in Oberösterreich.

Als sie sich zum ersten Mal in München auf Wohnungssuche machte, bekam ihr Traum jedoch kurzzeitig Risse. Spät dran war sie. Heute weiß sie, dass man die Unterkunft bestenfalls im Mai, Juni anfragen sollte. Damals hatte sie ihre Vorstellungsgespräche im August. Sie landete mit vier anderen eingepfercht in einer WG, die zwar in Laufnähe von der Theresienwiese war, aber beengt und ohne viel Privatsphäre.

Oktoberfest: Nimmt Urlaub, um auf dem Oktoberfest zu arbeiten: Christine Fragner.

Nimmt Urlaub, um auf dem Oktoberfest zu arbeiten: Christine Fragner.

(Foto: Privat)

Christine Fragner war das unangenehm. "Ich hatte auch keinen sicheren Platz, wo ich mein Bargeld unterbringen konnte, das war kein gutes Gefühl." Ganz abgesehen davon, "1000 Euro für 16 Mal schlafen!" Trotzdem war sie froh, überhaupt eine Unterkunft gefunden zu haben. München ist eben ganz schön teuer, dachte sie sich.

Ein Kollege in der Weinzelt Box erklärte ihr dann, dass der Preis an Wucher grenze "Die Wiesnbedienungen helfen sich untereinander mit der Wohnungssuche", sagt Fragner. Mit Hilfe von Kollegen fand sie im nächsten Jahr ein Zimmer, das immerhin nur 750 Euro kostete. Ideal war auch das nicht, dorthin musste sie mit dem Taxi fahren. Facebook hat seitdem die Wohnungssuche für die Oktoberfest-Bedienungen erleichtert. In Gruppen finden Suchende und Anwohner zusammen.

Mittlerweile hat Fragner das perfekte Arrangement für sich gefunden: Sie schläft in einer WG in Hauptbahnhofnähe. Die beiden Bewohner ziehen zur Wiesnzeit zusammen in eines der Schlafzimmer und überlassen ihr das andere, "menschlich passt das einfach." 450 Euro zahlt sie dort für die Zeit. Den Arbeitsweg teilt sie sich mit zwei Kollegen - so muss sie spätnachts mit gut gefülltem Geldbeutel nicht alleine laufen.

Erst war Christine Fragner erstaunt, das Menschen bereitwillig ihr Zuhause an Leute, die sie gar nicht persönlich kennen lernen, vermieten. "Aber ich bin dankbar, dass die Münchner so offen sind", sagt sie. "Sonst hätte ich keine Wohnmöglichkeit."

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