Ob das Oktoberfest heuer wieder stattfindet, steht noch in den Sternen. Nichtsdestotrotz werden auf Internetportalen bereits die begehrten Tickets für Tischreservierungen in den verschiedenen Festzelten zu stattlichen Preisen angeboten. So auch von einem Berliner Tickethändler, der auf seiner Internet-Seite verspricht, "ganz unkompliziert, schnell und sicher" an einen Tisch in einer der Bierburgen auf der Theresienwiese zu gelangen, wenn man nur über sein Portal Tickets ordert. Gegen diese Praxis regt sich bei den Wiesn-Wirten immer mehr Unmut. An diesem Dienstag befasste sich die auf Wettbewerbsrecht spezialisierte 1. Kammer am Landgericht München I in einem Zivilverfahren mit dem Tickethändler von der Spree.
Der Wirt des Armbrustschützenzelts und Sprecher der Wiesn-Wirte, Peter Inselkammer, sowie die Chefin des Löwenbräuzelts, Stephanie Spendler, hatten den Tickethändler zunächst über ihren Anwalt abmahnen lassen. Da das Unternehmen aber nicht reagierte, erließ der Vorsitzende der 1. Kammer am Landgericht München I, Richter Bertolt Gedeon, eine einstweilige Verfügung gegen das beklagte Unternehmen, es zu unterlassen, Tischreservierungen für das Oktoberfest 2022 anzubieten. Bei den Kunden, so die Kritik der Kläger, werde der Eindruck erweckt, sie könnten Plätze oder gleich einen ganzen Tisch in einem Wiesnzelt reservieren. Doch das sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt ja noch gar nicht möglich.

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"Es werden Reservierungen angeboten, obwohl Sie keine haben", sagt der Richter
In der Verhandlung am Dienstag ging es unter anderem um das Kleingedruckte, nämlich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Tickethändlers. Dessen Vertreter bestritt, seine Mandantin agiere wettbewerbswidrig. Denn in den AGB, so der Anwalt, werde "klar hervorgehoben", dass es bei den Tischreservierungen um einen "Optionserwerb" gehe. In den AGB des Tickethändlers heißt es in diesem Zusammenhang unter anderem: "Sie erwerben eine verbindliche Option auf Zuteilung der von Ihnen gewünschten Tischreservierung." Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Reservierungen von den jeweiligen Festzeltbetreibern erst im Laufe des Jahres vergeben werden.
"Es werden Reservierungen angeboten, obwohl Sie keine haben", erklärte der Vorsitzende dem Anwalt des Tickethändlers kurz und knapp. So etwas sei irreführend. Die Irreführung, so Richter Gedeon, beginne genau genommen schon mit dem Namen der Homepage. Sie beinhaltet die Worte Tischreservierung und Oktoberfest. Sobald ein Kunde eine Reservierung auf der Seite aufgebe, werde der Eindruck geweckt, dass damit tatsächlich ein Platz oder ein Tisch auf der Wiesn 2022 erworben habe. Wenn dem Kunden erklärt werden würde, dass er in Wirklichkeit nur ein "Optionsrecht" kaufe, wäre er bestimmt nicht bereit, 5000 Euro hinzublättern, "ohne zu wissen, ob er ins Festzelt kommt", stellte der Vorsitzende fest. So etwas werde auch "Anlockwerbung" genannt. Um die Frage der Rückerstattung ging es zunächst nicht. Ein Urteil in dem Verfahren soll am Dienstag kommender Woche verkündet werden.