Süddeutsche Zeitung

Fleischlos:Das Pflanzerl aus der Erbse

Michael Käfer präsentiert erstmals vegane Wiesnschmankerl

Von Franz Kotteder

Von Michael Käfer, wir geben es offen zu, hätten wir eigentlich anderes erwartet. Einen deftigen Kobe-Wagyuburger, mit einem saftigen Patty zum Grammpreis von einem halben Euro, und drüber schön viel weißen Trüffel gehobelt. So etwas in der Art. Aber was macht Münchens berühmter Feinkosthändler mit eigener Wiesn-Schänke? Er lädt in sein Stammhaus an der Prinzregentenstraße ein, um seine neuen Wiesnschmankerl zu präsentieren. Also die, die es in seiner Käfer-Wiesnschänke gegeben hätte, wenn denn heuer eine Wiesn stattgefunden hätte. Und was soll man sagen? Nix Koberind, auch keine der berühmten Enten, stattdessen vegane Pflanzerl.

Ja, das ist nicht gelogen. Michael Käfer sagt, Nachhaltigkeit werde immer wichtiger, und deshalb achte er auch in seiner Firma darauf, Produkte zu fördern, die diesem Prinzip entsprechen. In seinem Stammhaus wolle man wenigstens ansatzweise einen Ersatz für die Wiesn bieten, ein bisschen Wiesn-Stimmung verbreiten, "damit man wenigstens die Trachtenjacke ausführen kann". Wiesnwirte jammerten zwar prinzipiell, sagt er, "diesmal aber mit Recht". Und trotzdem wolle man zeigen, wo die Reise hingehe. Sicher nicht zu noch mehr Fleischkonsum, sagt er.

Dass die Alternative nicht der Verzicht auf Genuss sei, das ist schon klar. Käfer hat sich mit dem Münchner Start-up Greenforce zusammengetan, dass ursprünglich aus der Sporternährung kommt und eine recht erstaunliche Art von Pflanzenfleisch auf der Basis von Erbsen-Proteinen entwickelt hat. Chef Thomas Isermann sagt, man habe acht Jahre Entwicklungszeit gebraucht, um eine Mischung zu entwickeln, die Hackfleisch sehr nahe kommt. Wie man das dann zubereitet? Ganz einfach: Die Pflanzenbasismischung kommt in eine Schüssel, Eiswasser, Öl, Zwiebeln und Kräuter dazu, gut vermischen, eine halbe Stunde ruhen lassen. Und schon kann man es weiterverarbeiten wie richtiges Hackfleisch.

Isermann erntet da erst einmal skeptische Blicke, das Ganze sieht aus wie eine Backmischung für einen Instant-Rührkuchen. Was dann aber auf den Tisch kommt, sieht aus wie Kalbfleischpflanzerl und schmeckt auch haargenau so. Noch nicht ganz so perfekt ist der vegane Rindfleischburger aus der Erbse nachgebaut, obwohl er einem richtigen Burger schon auch nahekommt. Erfreulich ist: Anders als bei anderen Veggie-Burgern ist der von Greenforce nicht auf die Einhaltung einer Kühlkette angewiesen, ist also noch nachhaltiger als bisherige Fleischersatzprodukte. Die volle Wiesntauglichkeit kann er allerdings frühestens im kommenden Jahr unter Beweis stellen.

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Quelle:
SZ vom 11.09.2020
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