Oktoberfest:Eine Bierpreis-Bremse für die Wiesn

10,70 Euro für die Mass und keinen Cent mehr: Das schlägt Bürgermeister Josef Schmid vor. So will er verhindern, dass die Wirte ihre Mehrkosten für die Sicherheit auf die Besucher umlegen. Mit der SPD, dem Koalitionspartner, hat er das nicht abgesprochen - die schäumt nun entsprechend

Von Heiner Effern

Kurzfristige Einladung, Thema streng geheim, keine Unterlagen: Bürgermeister Josef Schmid (CSU) beabsichtigte offensichtlich, einen politischen Knaller zu landen. Das ist ihm am Dienstagmorgen auch gelungen: Schmid will für die kommenden drei Jahre den Bierpreis auf der Wiesn bei 10,70 Euro pro Mass deckeln. Die Preisbremse bis einschließlich 2019 soll Teil einer Neuorganisation der Finanzierung des Oktoberfests werden, die auf die deutlich gestiegenen Sicherheitskosten zurückzuführen ist. Sie betragen inzwischen etwa fünf Millionen Euro, die komplett die Festwirte bezahlen sollen. Damit das Geld hereinkommt, will Schmid von ihnen künftig keine Standgebühr mehr verlangen, sondern eine Umsatzpacht von vier bis fünf Prozent. Im Gegenzug will er die Wiesn um einen Tag verlängern und Reservierungen immer zulassen.

Mit dem "sehr harten Eingriff und der Systemumstellung" wolle er "ein neues Kapitel in der Geschichte des Oktoberfests" aufschlagen, sagte Schmid, der in seiner Funktion als Wirtschaftsreferent für die Wiesn zuständig ist. Für die Preis-Deckelung gebe es zwei Gründe. Er wolle verhindern, dass die Wirte ihre Mehrkosten für die Sicherheit auf den Bierpreis und damit auf die Besucher umlegen. Er sei aber auch überzeugt davon, dass "die Grenze des Zumutbaren" erreicht sei. In den vergangenen 20 Jahren hätten sich die Bierpreise von fünf auf mehr als zehn Euro verdoppelt. "Der Charakter der Wiesn als Volksfest für alle Münchner ist gefährdet."

Visitors cheer with beer during the opening day of the 183rd Oktoberfest in Munich

"Der Charakter der Wiesn als Volksfest für alle Münchner ist gefährdet", sagt Bürgermeister Josef Schmid. Er will den Anstieg der Bierpreise stoppen.

(Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Die Preisbremse will Schmid in den Zulassungsverträgen festschreiben. Zweifel, ob das rechtlich zulässig sei, wies der Bürgermeister vorsorglich zurück. Als er 2014 ins Amt gekommen sei, habe er "zuerst einmal allen nachgeplappert", dass das nicht gehe. "Ich habe meine Juristen darüber nachdenken lassen: Das geht problemlos", sagte er am Dienstag. Bei der Oidn Wiesn und den Schaustellern bleibe alles wie bisher, die Gebühren würden nicht erhöht. Allerdings erwartet Schmid, dass die Fahrgeschäfte und Schausteller dafür 2017 ihre Preise auch nicht erhöhen.

Ob sein Knaller dauerhaft zündet oder zum Rohrkrepierer wird, muss sich erst zeigen. Denn Schmid braucht für seine Pläne eine Mehrheit im Stadtrat. Besonders begeistert fielen die ersten Reaktionen dort nicht aus, vor allem wegen der Spontan-Knallerei. SPD-Fraktionschef Alexander Reissl weigerte sich, über Inhalte zu sprechen, weil er als Regierungspartner im Rathaus kalt erwischt wurde. "Das ist unglaublich. Ich weiß nicht, ob der gerade einen Höhenflug hat. Der soll schauen, wo er seine Mehrheiten herbringt", schimpfte er. Für den Dienstagnachmittag seien Gespräche über die Wiesn geplant gewesen, die könne die CSU vergessen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) äußerte sich weder zu Schmids Vorpreschen noch zum Inhalt: "Ich bin gespannt auf die schriftliche Vorlage und befasse mich dann gern mit den konkreten Vorschlägen", ließ er mitteilen.

Bierpreis Wiesn

*angegeben ist der jeweils jährliche Höchstpreis. Darstellung: SZ-Grafik; Quelle: Rathaus

Schmid wiederum nannte Reiter bei der Vorstellung seiner Pläne nicht mit Namen, verbat sich aber mehrmals Einmischungen in seine Verantwortung als Wiesnchef. Der OB hatte ihn zuvor öffentlich gerüffelt, dass bei der Planung nichts vorangehe. Schon im vergangenen Jahr war Schmid schwer verärgert, weil Reiter ihm bei der Debatte über Sicherheitskontrollen massiv in die Parade gefahren war. Doch auch aus der Opposition erntete Schmid Kritik.

"Ich bin stinksauer. So etwas schießt man nicht einfach raus, ohne es abzustimmen. Dafür haben wir einen interfraktionellen Arbeitskreis", sagte FDP-Stadträtin Gabriele Neff. Schmid gebe einen langjährigen Konsens zugunsten der eigenen Profilierung auf. "Es gibt die Übereinkunft: Mit der Wiesn wird keine Politik gemacht." Als die Verantwortung für das Oktoberfest noch bei der SPD lag, also bis 2014, habe das tadellos funktioniert. Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich nannte Schmids Bierpreis-Bremse einen "unverhüllten Populismus". Sie zweifle an der rechtlichen Durchsetzbarkeit und frage sich, warum alle, die kein Bier trinken, mit vermutlich höheren Getränkepreisen für die Sicherheit zahlen sollen. "Mit Blick auf die Lage der leidgeprüften Anwohner der Wiesn lehnen wir auch eine dauerhafte Verlängerung um einen Tag ab."

CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl sprang seinem Bürgermeister bei. "Das ist eine ausgewogene Entscheidung, sehr gut." Auch die offensive Bekanntgabe stützte Pretzl: "Er hat das Recht dazu, er muss den Kopf hinhalten." Schmid hatte betont, dass er die Großverdiener auf der Wiesn in der Pflicht sieht, ihren Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten. "Auf der Wiesn werden jedes Jahr 300 bis 400 Millionen Euro umgesetzt. Da gibt es keinen Grund, dass die Stadt und damit der Steuerzahler für die Sicherheitskosten einspringt", sagte Schmid. "Die Wirte werden weiter gute Gewinne machen auf dem von der Stadt veranstalteten Oktoberfest."

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