Süddeutsche Zeitung

Oktoberfest:Die Wiesnwirte wollen die bairische Sprache fördern

Und zwar auf ihren Speisekarten. Die Frage allerdings ist: Ob Obazda, Obatzter oder Obazta - ist das den Gästen nicht eigentlich wurscht?

Kolumne von Günther Knoll

"I mecht a Herz ham mit Kartoffeln" - so lautet der Refrain eines alten Lieds aus dem Repertoire der Münchner Volkssänger. Wollte man selbige "Leibspeis" heute auf der Wiesn bestellen, wäre man enttäuscht. Nicht jede Kellnerin würde diese Bestellung überhaupt verstehen. Und wenn doch, könnte sie nicht wie im Liedtext "'s Herz is aus" antworten und stattdessen eine Zunge vorschlagen, denn solche Spezialitäten finden sich auf den Speisekarten der Festzelte längst nicht mehr.

Die Kartoffeln dafür umso häufiger, als Pommes, als Püree, als Brei oder auch als Stampf. Dass der Förderverein Bairische Sprache und Dialekte e.V. den Wirtsleuten in einem eigenen Sprachführer jetzt allen Ernstes vorschlägt, sie durch "Erdäpfel" zu ersetzen, ehrt sein Bemühen, verkennt aber, dass die Kartoffel, im Dialekt auch der Kartoffel, schon früh in Oberbayern - nun ja - in aller Munde war. Erdäpfel, kurz auch "Erpfe" genannt, sind dann doch eher im Bayerischen Wald zuhause.

Solche Feinheiten des Dialekts wären aber in einem Festzelt eh fehl am Platz, dort genügt Lallen zur internationalen Verständigung und zum Mitsingen der Wiesnhits. Umso erstaunlicher, dass sich die Festwirte nun als Sprachpfleger engagieren. Sie wollen nämlich die Bemühungen des Fördervereins unterstützen. Nicht etwa dadurch, dass sie das "Prosit der Gemütlichkeit" durch einen neuen Saufspruch wie "Oachkatzlschwoaf" ersetzen. Und auch nicht dadurch, dass sie auf den Wunsch "No oane", wenn er in korrektem Bairisch geäußert wird, Mengenrabatt gewährten. Nein, sie versprechen, norddeutsche Bezeichnungen von ihren Speisekarten zu verbannen und durch bairische zu ersetzen.

Ob das heutzutage politisch korrekt ist, diese Debatte ist hier nicht zu führen. Nur so viel muss man wissen, dass Speisekarten-Bairisch dem Küchen-Latein nicht unähnlich ist, und dass Dialekt schriftlich eigentlich sowieso nie korrekt wiedergegeben werden kann. Ob es nun Schweinebraten oder Schweinsbraten heißt, und ob sich der Obazde auch so schreibt und nicht etwa Obatzter oder Obazta - wie man ihn auf den verschiedenen Speisekarten findet -, das ist den Gästen in der Regel wurscht (wurst? Egal geht jedenfalls nicht).

Durst machen muss es auf die nächste Mass. Und sollte das Essen dann den Magen vorzeitig verlassen, dann kommt's auf die korrekte Schreibweise schon gar nicht mehr an.

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SZ vom 25.09.2018/vewo
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