Oktoberfest:Wiesn 2016 - ohne Rucksäcke, mit Zaun

SZ-Karte

Karte vom Festgelände: An der Theresienhöhe sollen die Rollzäune aufgestellt werden.

(Foto: SZ-Karte)

Das Oktoberfest wird so streng kontrolliert wie nie zuvor. Was Besucher mitbringen dürfen, wo der neue Zaun steht und was das mit dem Volksfest-Charakter macht - der Überblick.

Von Heiner Effern, Lisa Schnell und Andreas Schubert

Gut vier Wochen vor dem Start des Oktoberfests steht nun fest: Die Besucher müssen sich so strikten Kontrollen unterziehen wie nie zuvor. Erstmals verbietet die Stadt Rucksäcke und größere Taschen, erstmals wird das Festgelände komplett von einem Zaun abgeriegelt. So sieht es das neue Sicherheitskonzept vor, das Bürgermeister Josef Schmid am Mittwoch zusammen mit Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle vorstellte. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wiesn 2016.

Was dürfen Besucher mitnehmen?

Verboten sind alle Rucksäcke und Taschen, die mehr als drei Liter fassen. Bürgermeister Schmid empfiehlt den Milchtüten-Test: Passen drei hinein, muss man sie am Eingang abgeben (bei eigens eingerichteten Aufbewahrungsstellen) oder besser noch gleich zu Hause lassen. Wie bislang gilt: Glasflaschen, Sprühdosen mit schädlichem Inhalt und alle Gegenstände, die als Hieb- Stich- und Stoßwaffen genutzt werden können, sind verboten.

Wird das Areal ein Hochsicherheitstrakt?

Neu ist, dass die Wiesn komplett abgeriegelt ist. Allerdings war ein Großteil schon lange abgesperrt, hauptsächlich mit Bauzäunen. Die letzte Lücke an einer Hangkante auf der Theresienhöhe soll nun geschlossen werden. Entlang dieser 350 Meter stellt die Stadt neun mobile Zaunelemente auf, sogenannte Secu-Fence-Boxen. Dazwischen befinden sich jeweils Lücken von etwa 1,5 Metern, durch die Besucher das Gelände verlassen können. Pro Element stehen drei Ordner bereit, die verhindern sollen, dass durch diese Ausgänge Gäste unkontrolliert auf die Wiesn gelangen. Ohne diesen Zaun wäre die Theresienhöhe eine "offene Flanke", hat Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä gesagt. Kontrollen am Eingang ergäben so kaum Sinn.

Wird die umzäunte Wiesn bei einer Panik zur Falle?

An allen Eingängen steht Sicherheitspersonal, das bei Bedarf die Kontrollstellen öffnen kann. Die mobilen Secu-Fence-Elemente können die drei Ordner in weniger als einer Minute komplett öffnen. Das bewies am 4. August ein Probelauf. Die ursprünglichen Bedenken von KVR-Chef Böhle, der Zaun könne zur Falle werden, seien damit "hinfällig", sagte er am Mittwoch. Noch am 5. Juli 2016 hatten wegen dieser vermeintlichen Gefahr er selbst, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und eine große Mehrheit des Stadtrats den neuen mobilen Zaun abgelehnt. Die Anschläge von Ansbach und Würzburg sowie der Amoklauf am Olympia-Einkaufszentrum veränderten die Ausgangslage jedoch nachhaltig. Alle drei Täter führten ihre Waffen in einem Rucksack mit.

Gibt es Hinweise auf Anschläge?

Bisher seien keine Drohvideos oder Ähnliches eingegangen, sagte Bürgermeister Schmid. Eine konkrete Gefährdung liege nicht vor. Allerdings erfordere die abstrakte Terrorgefahr ein neues Sicherheitskonzept. Sie habe sich nach den Anschlägen und dem Amoklauf erhöht.

Sind Kinderwägen erlaubt?

Ein generelles Verbot wurde erwogen, aber schließlich verworfen. Es gelten die gleichen Regeln wie bisher: Kinderwägen dürfen nur bis 18 Uhr auf die Wiesn. An den Samstagen, am letzten Sonntag und am Tag der Deutschen Einheit sind sie nicht zugelassen. Allerdings sollten Eltern damit rechnen, dass auch die Wägen kontrolliert werden.

Werden die Besucher an den Eingängen anstehen müssen?

Böhle erwartet, dass es bei großem Andrang schon "mal langsamer" aufs Oktoberfest gehen kann. Insgesamt gibt es 15 Eingänge, von denen 13 für das Publikum zur Verfügung stehen und zwei für Menschen, die auf der Wiesn arbeiten.

Was ist bei der Anfahrt zu beachten?

Die Stadt fordert die Besucher auf, möglichst verschiedene Verkehrsmittel und alle Eingänge zu nutzen. Der Aufgang von U 4 und U 5 am Bahnhof Theresienwiese bleibt normal geöffnet. Allerdings kommt man von dort nicht mehr direkt auf die Wiesn, sondern wird von Ordnern und Gittern zum nächsten Kontrollpunkt geführt.

Wie scharf wird kontrolliert?

Bei Rucksäcken und großen Taschen gilt: null Toleranz. Handtaschen werden Stichproben unterzogen. Dazu sind wie bisher schon Personenkontrollen durch Polizei und Sicherheitskräfte möglich. Besonders Verdächtige müssen damit rechnen, von einem Detektor durchleuchtet zu werden.

Was passiert, wenn die Wiesn voll ist?

Über Medien und entsprechende Durchsagen wird versucht, den Andrang zu reduzieren. Sollte das keinen Erfolg bringen, können einzelne, im Notfall auch alle Zugänge gesperrt werden. Der neue Zaun macht eine effektive Kontrolle auch hier möglich. Besucher mit Reservierungen erhalten für diesen Fall gesonderte Zutrittsbänder.

Wie viele Sicherheitskräfte wird es auf dem Oktoberfest geben?

Die Stadt bucht bei ihrem privaten Ordnungsdienst nun 450 Mitarbeiter, also 100 mehr als bisher geplant. Diese werden selbst vor dem Start der Wiesn einem Sicherheitscheck unterzogen. Dazu kommen die Ordnungsdienste der Zelte.

Was trägt die Polizei bei?

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann kündigte nur abstrakt an, dass es heuer auf und rund um das Oktoberfest mehr Polizei geben werde als sonst. Sie werde zur Wiesn-Zeit stark ausgelastet sein. Gleichzeitig finde noch ein FC-Bayern-Spiel statt, außerdem rechnet Herrmann damit, dass Sachsen am Tag der Deutschen Einheit Kräfte anfordern werde, da hier mit Ausschreitungen von linker und rechter Seite gerechnet werden müsse.

Muss das Konzept noch vom Stadtrat beschlossen werden?

Die Situation ist verwirrend: Der Stadtrat lehnte am 5. Juli den mobilen Zaun auf der Theresienhöhe ab. Nach den Anschlägen und dem Amoklauf ermächtigte aber der Ältestenrat Bürgermeister Schmid, in Abstimmung mit Sicherheitsexperten eigenhändig ein Sicherheitskonzept zu erstellen. Da aber das Verbot von Rucksäcken und großen Taschen ohne rechtliche Basis nicht möglich ist, wird der Stadtrat in der kommenden Woche im Feriensenat eine Änderung der Oktoberfestverordnung beschließen müssen. Zu den Kosten des neuen Konzepts wollte sich Schmid nicht äußern, darüber wird im Stadtrat vorerst nicht entschieden.

Wie sicher ist nun das Oktoberfest?

Die Stadt unternehme "alles Menschenmögliche", um größtmögliche Sicherheit zu schaffen, sagte Schmid. Jede Option habe man sorgfältig abgewogen, auch um den Charakter des Fests zu erhalten, das "Millionen Menschen lieben". Eine Garantie könne aber niemand bieten. "Absolute Sicherheit kann und wird es nicht geben."

Verliert die Wiesn ihren Volksfestcharakter?

Nein, sagen die Wiesn-Wirte. Man brauche Durst, Hunger und Geld, aber keinen Rucksack, findet ihr Sprecher Toni Roiderer. Lorenz Stiftl, der Sprecher der kleinen Wiesnwirte, glaubt zudem nicht, dass ein Zaun und Zugangskontrollen die Besucher abschrecken werden. Eher im Gegenteil: "Die Leute fühlen sich dadurch sicherer." Das System mit dem Zaun kenne man ja auch von Stadien. "Das ist die richtige Lösung." Für die Sicherheit müsse man etwas tun. "Die ganze Welt schaut auf die Wiesn."

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