Oktoberfest 2018:Der Wiesnwirt und der falsche Umsatz

Oktoberfest 2018: Ein Prosit auf den Umsatz - denn die Stadt kassiert mit. Wie viel, richtet sich nach der Abrechnung der Wirte. Warum stimmte die im Löwenbräu-Zelt nicht?

Ein Prosit auf den Umsatz - denn die Stadt kassiert mit. Wie viel, richtet sich nach der Abrechnung der Wirte. Warum stimmte die im Löwenbräu-Zelt nicht?

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Das Löwenbräuzelt hat nach Informationen der Süddeutschen Zeitung im vergangenen Jahr zu wenig Pacht an die Stadt gezahlt, weil es seinen Umsatz nicht vollständig gemeldet hat.
  • Es soll dabei um einen sechsstelligen Betrag gehen, der nicht an die Stadt abgeführt wurde; der gemeldete Umsatz hätte in diesem Fall um mindestens zwei Millionen Euro unter dem tatsächlichen gelegen.
  • Die Stadt wird aller Voraussicht nach auch die Umsätze anderer Festzelte überprüfen.

Von Franz Kotteder

Das Löwenbräuzelt hat im vergangenen Jahr zu wenig Pacht an die Stadt gezahlt, weil es seinen Umsatz nicht vollständig gemeldet hat. Das ergab nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine stichprobenartige Nachprüfung durch einen von der Stadt beauftragten Wirtschaftsprüfer. Es soll dabei um einen sechsstelligen Betrag gehen, der nicht an die Stadt abgeführt wurde; der gemeldete Umsatz hätte in diesem Fall um mindestens zwei Millionen Euro unter dem tatsächlichen gelegen. Die Stadt wird das Geld nun nachfordern und aller Voraussicht nach auch die Umsätze anderer Festzelte überprüfen. Über mögliche weitere Konsequenzen ist noch nicht entschieden worden.

Josef Schmid (CSU), Zweiter Bürgermeister und Wiesnchef, nahm zu dem laufenden Verfahren am Mittwoch keine Stellung. Einer seiner Pressesprecher, Wolfgang Nickl vom Wirtschaftsreferat, das für die Wiesn zuständig ist, bestätigte lediglich: "Es wurden Stichproben überprüft. Die Überprüfungen sind jedoch noch nicht vollständig abgeschlossen." Über die Höhe der möglichen Nachforderungen könne man deshalb auch noch nichts sagen.

Wiggerl Hagn, zusammen mit seiner Tochter Stephanie Spendler der Wirt des Löwenbräuzelts, bestätigte auf Nachfrage, dass sein Zelt überprüft wurde: "Es gibt aber noch kein endgültiges Ergebnis und keine Nachforderung." Ihm sei selbst an einer Aufklärung gelegen, man wolle der Stadt schließlich nicht schaden und wünsche sich eine ordnungsgemäße Abwicklung. Bisher lasse sich noch nicht genau sagen, wo der Fehler gelegen habe.

Die Stadt hatte im vergangenen Jahr die bis dahin üblichen festen Standgebühren für Zelte und andere gastronomische Betriebe auf der Wiesn durch eine variable Umsatzpacht ersetzt. Mit ihrer Hilfe sollten die steigenden Sicherheitskosten für die Wiesn bezahlt werden. Die Umsatzpacht wurde 2017 erstmals angewandt und betrug einheitlich für alle Zelte 5,1 Prozent. Im Frühjahr 2018 stellte sich heraus, dass die Stadt etwa 1,7 Millionen Euro weniger eingenommen hatte als kalkuliert. Deshalb wurde die Pacht in diesem Jahr für die großen Zelte auf 7,8 Prozent und für die kleinen auf 6,1 Prozent erhöht, was wiederum zu einem deutlich höheren Bierpreis führte.

Bei der Stadtverwaltung ist man einstweilen darum bemüht, während des laufenden Oktoberfests durch das Ergebnis der Nachprüfung keine Irritationen zu erzeugen. Das hat sicher auch damit zu tun, dass es mit Hagn ausgerechnet einen Urbestandteil dieses Volksfests und ein Münchner Original getroffen hat. Die Familie Hagn ist mittlerweile seit 65 Jahren auf der Wiesn vertreten, Wiggerl Hagn ist selbst seit 57 Jahren Wiesnwirt, erst im Schützen-, seit 1979 im Löwenbräufestzelt. Der 78-Jährige hatte im Lauf seiner Karriere auch mehrere Ämter im bayerischen Hotel- und Gaststättenverband übernommen und ist heute noch dessen Ehrenpräsident.

Dass das Löwenbräufestzelt als Objekt der Überprüfung ausgewählt wurde, ist reiner Zufall. Die Stadt hatte für ihre Stichproben im Losverfahren insgesamt drei Betriebe ermittelt, die unter die Umsatzpacht fallen - ein großes Zelt, ein kleines Zelt sowie ein Weißbierkarussell, das nach den Zulassungsbestimmungen als Schaustellerbetrieb gilt. Dann beugte sich ein beauftragter Wirtschaftsprüfer über deren Abrechnungen. Beim Weißbierkarussell sowie dem kleinen Wiesnzelt soll es keine Beanstandungen gegeben haben, dafür aber beim Löwenbräuzelt.

"Die Stadt hat allen Beschickern, die Umsatzpacht abführen müssen, bei Abschluss der Verträge angekündigt, dass sie die gemeldeten Umsätze nachprüfen wird", sagt Nickl, "aus Gründen des Daten- und Vertrauensschutzes kann die Stadt über die geprüften Betriebe und die Höhe der Nachforderungen keine Angaben machen." Der Name des Löwenbräuzelts sowie mutmaßliche Details der Prüfung gingen natürlich trotzdem schnell herum unter den Wirten und Schaustellern. Die Rede ist dabei von einer Nachforderung "in sechsstelliger Höhe". Das würde bei einer Pacht von 5,1 Prozent bedeuten, dass mindestens zwei Millionen Euro Umsatz nicht angegeben wurden.

Peter Inselkammer, Sprecher der großen Wiesnwirte, möchte den konkreten Fall nicht kommentieren, sagt aber: "Es ist das gute Recht der Stadt, die Angaben zu überprüfen, das steht ja auch in den Verträgen." Damit müsse man als Wiesnwirt immer rechnen, insofern handele es sich "um einen völlig normalen Vorgang".

Welche weiteren Folgen die Nachprüfung hat, ist derzeit offen. In der Vergangenheit ist die Stadt mit Wirten und ihren Verfehlungen unterschiedlich umgegangen. Der forsche Kreisverwaltungsreferent Peter Gauweiler (CSU) warf 1984 den Wirtesprecher Richard Süßmeier während der laufenden Wiesn von einem Tag auf den anderen vom Festgelände, weil in dessen Armbrustschützenzelt Hilfskräfte ohne Genehmigung beschäftigt waren.

Sepp Krätz vom Hippodrom verlor vor vier Jahren seine Konzession erst, als er rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt war. Wolfgang Nickl bleibt im Fall Löwenbräuzelt jedenfalls sehr allgemein: "Konsequenzen für Beschicker, die der Stadt gegenüber unrichtige Angaben machen, könnten zum Beispiel Punktabzug bei der nächsten Bewerbung oder, bei gastronomischen Betrieben, die Prüfung der gaststättenrechtlichen Zuverlässigkeit sein." Das bedeutet, dass ein Wirt im schlimmsten Fall seine Konzession verliert.

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