Oktoberfest:Der Bierpreis ist egal, sobald man auf der Bank schunkelt

Oktoberfest 2017

10,90 kostet die Mass Bier dieses Jahr in den meisten Zelten.

(Foto: dpa)

Das Getue darum, was eine Mass auf der Wiesn kostet, ist nicht mehr als eine liebgewonnene Inszenierung.

Kolumne von Laura Kaufmann

Einfach aufrunden und elf Euro hinlegen, das dürfte sich dieses Jahr keiner trauen, der seine Bedienung noch einmal wiedersehen will. Der Bierpreis ist um ein paar Zehnerl gestiegen, die Mass kostet dieses Jahr meist 10,90 Euro in den Festzelten.

Alljährlich dient die Verkündung des Wiesnbierpreises als Auftakt zum Sommerloch: Die Zeitungen veranstalten ein Wettrennen, wer die Cent-Beträge, die der Liter mehr kostet, als Erstes herausbekommt. Dann folgt das kollektive Aufstöhnen und mindestens ein Wirt wird herbeigerufen, der erklärt, warum ein höherer Bierpreis alternativlos ist (wahlweise gestiegene Löhne, Aufpreis für die Sicherheit, sonstige horrende Kosten, die den Preis in Wahrheit zu einem Geschenk an die Bürger machen). Diese Inszenierung findet jedes Jahr um die gleiche Zeit in der gleichen Chronologie statt, sie ist ein liebgewonnenes Ritual.

Dieses Jahr hatte sich der Zweite Bürgermeister Josef Schmid sogar hinreißen lassen, die Inszenierung um eine hübsche Posse zu ergänzen - eine dieser Geschichten, die machen, dass München sich nach kuscheliger Kleinstadt anfühlt, fast wie bei Benjamin Blümchen - und forderte in Robin-Hood-Manier eine Bierpreisbremse. Die schmetterte der Stadtrat allerdings ab. Der Bürger wünscht sich eh dringender, jemand möge sich um die horrenden Mieten kümmern, statt um die paar Cent mehr fürs Bier.

Bis die Wiesn losgeht, hat trotz all des Getöses jeder längst vergessen, was die Mass jetzt gleich noch mal kostet. Hektisch wird beim ersten Besuch am Tisch herumgefragt, wie viel man dieses Jahr gibt, während die Bedienung die Krüge schon auf den Tisch knallt, dass einem der Schaum ins Auge spritzt. Ein hoffentlich angemessener Betrag versinkt in ihrer Geldbörse, und alsbald steht eine grölende Truppe auf der Bank, die am Ende des Abends in etwa das gleiche losgeworden ist wie im vergangenen Jahr, vielleicht ein bis drei Euro mehr.

Wie viel mehr, so genau erinnert sich niemand. Das Oktoberfest findet schließlich in einer Stadt statt, die bekanntermaßen nicht zu den günstigsten zählt. Wer auf den Cent-Betrag achten muss, der meidet die Festwiese ohnehin längst. Wer sie aufsucht, weiß, was ihn das kosten wird. Und ob ein paar Euro mehr ausgegeben werden als im Vorjahr, darauf kommt es den meisten nun auch nicht mehr an. Schmerzhaft merkt die Bierpreiserhöhung wohl nur der, der täglich im Zelt sitzt und mehr als sieben Mass kippt, und der hat eventuell andere Probleme, Kopfschmerzen zum Beispiel.

Ist das Bier denn so teuer? Zwei, höchstens drei Euro und ein paar zerquetschte mehr als in den größten Biergärten der Stadt, ist das gerechtfertigt? Für den Aufpreis gibt es zumindest die Zeltgaudi, und das Bier ist stärker. Ob es das wert ist, muss jeder selbst für sich entscheiden. Die Gäste aus Schweden, Kanada oder Australien wähnen sich jedenfalls im Bierhimmel angesichts der für sie günstigen Preise. Und die Einheimischen, die daneben schunkeln, ob Studenten, Handwerker oder Unternehmensberater, wirken auch nicht so, als würden sie gerade ihrem Geld hinterhertrauern.

Um die 30 Cent teurer ist die Mass im Übrigen geworden. Das nur als Info, falls am Tisch ein Smalltalk-Thema benötigt wird und der Themenbereich Wetter schon durch ist. Auch wenn er in Wahrheit recht wurscht ist, lästert sich eben über nichts so schön wie über den Bierpreis. Zumindest so lange, bis nebenan der Erste von der Bank fällt.

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