OktoberfestWie die Wiesn nach der chaotischen Überfüllung sicherer werden soll

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Am Samstag waren etwa 300 000 Menschen gleichzeitig auf der Theresienwiese.
Am Samstag waren etwa 300 000 Menschen gleichzeitig auf der Theresienwiese. (Foto: Robert Haas)
  • Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter entschuldigt sich in einem Instagram-Video für die Überfüllung des Oktoberfests am Samstag, bei der sich 300 000 Menschen gleichzeitig auf dem Gelände befanden.
  • Wiesn-Chef Christian Scharpf kündigt vier neue Sicherheitsmaßnahmen an, darunter "Crowdspotting" durch einen Crowd-Manager und geschulte Sprecher für mehrsprachige Durchsagen.
  • Ab 2026 sollen die Besucherzahlen live gemessen werden, damit die Stadt in Echtzeit weiß, wie viele Menschen auf dem Gelände sind.
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Bessere Durchsagen, Crowd-Manager und mehr Informationen auf Social Media: Nach dem gefährlichen Massenandrang auf dem Oktoberfest reagiert die Stadt. Und auch Oberbürgermeister Dieter Reiter meldet sich zu Wort.

Von Heiner Effern und Jacqueline Lang

Es hat ein paar Tage gedauert, aber am Dienstag kommt sie: die Entschuldigung der Stadt München. In einem Instagram-Reel erklärt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mit ernster Miene und passend im Janker sein Bedauern darüber, dass sich Besucherinnen und Besucher des Oktoberfests am Samstag unsicher gefühlt haben, das dürfe „so eigentlich nicht vorkommen“. Man müsse künftig besser steuern, „wie viele Menschen wir auf die Wiesn lassen, bevor wir die Wiesn absperren“. Und mit Blick auf das lange Wochenende betont Reiter dann noch: „Es muss alles getan werden, dass sich so was in den nächsten Tagen nicht wiederholt.“

Etwa gleichzeitig zu dem Video von Reiter in den sozialen Netzwerken kommt am Dienstag die Einladung von Wiesn-Chef Christian Scharpf (SPD). Er will erklären, wie die Sicherheitsmaßnahmen auf der Theresienwiese verbessert werden sollen, damit so etwas wie am vergangenen Wochenende nicht mehr passieren kann. Denn, auch das hatte Reiter in seinem Video gesagt: Man muss von Glück sprechen, dass niemand im Gedränge zu Schaden gekommen ist.

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In der Tat meldete die Aicher Ambulanz am Samstag nur zwei Personen, die aufgrund einer Panikattacke behandelt werden mussten. Ansonsten gab es keine Verletzten. Ein Wunder, wenn man bedenkt, dass sich am frühen Abend 300 000 Menschen gleichzeitig auf dem Gelände befanden und etwa in der Mitte der Wirtsbudenstraße so eng standen, dass kein Durchkommen mehr war, wie zahlreiche Videos und Augenzeugenberichte belegen.

Die Sorge oder gar Angst der Menschen wurde von einer Durchsage verstärkt, in der darum gebeten wurde, das Gelände zu verlassen – ohne jegliche Angabe von Gründen. Viele berichteten später, sie hätten deshalb sofort an einen Anschlag wie 2016 am OEZ gedacht.

Scharpf ist, das merkt man ihm an, nervös, als er ebenfalls im Janker in der Villa Wagner oberhalb der Theresienwiese vor einer Traube von Journalistinnen und Journalisten noch einmal auf die „Überfüllungssituation“ von Samstag zu sprechen kommt. Er stellte vier Maßnahmen vor, mit denen er bereits ab Donnerstag an den vier letzten Wiesn-Tagen für mehr Sicherheit sorgen will – plus eine weitere, die dann von 2026 an greifen soll. Danach drückte auch er sein Bedauern aus, dass „sich viele Menschen am Samstag nicht sicher gefühlt haben“.

Wiesn-Chef Scharpf will „Crowdspotting“ einsetzen

Die Stadt müsse viel rascher auf sich schnell bildende Menschenansammlungen reagieren, sagte Scharpf. Zum einen wolle er dafür „Crowdspotting“ einsetzen. Sprich: Es wird ein sogenannter Crowd-Manager beauftragt, der sich gezielt die Live-Videos der Polizei und der Stadt vom Gelände anschaut und reagiert, sollte es zu einer größeren Menschentraube kommen.

Außerdem sollen eigens geschulte Sprecher die mehrsprachigen Durchsagen übernehmen, auch sie sollen Zugriff auf das Videomaterial haben, um konkret Menschen an bestimmten Orten ansprechen zu können. Daneben will Scharpf das „Beobachtungsmanagement“ im Servicezentrum verbessern. Dieses sei schon sehr gut, die Zusammenarbeit müsse aber noch weiter intensiviert werden, so der Wiesn-Chef. Hierfür soll es etwa einen gemeinsamen Beobachtungsraum geben.

Dasselbe gelte im Übrigen für die Einbindung der rund 200 Beschicker auf dem Festgelände, dazu zählen die Betreiber der Stände, Gastronomie und Fahrgeschäfte. Sie müsse man gut informieren, weil ihnen eine wichtige „Multiplikatorenfunktion“ direkt auf dem Festgelände zukomme. Am Samstag waren diese ebenfalls nur mit reichlich Verspätung informiert worden. Aussagen, wonach man ihnen danach verboten habe, mit der Presse zu sprechen, dementiert Scharpf indes erneut.

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Was man noch verändern will: Die Polizeipräsenz soll verstärkt werden und auf Social Media will Scharpf noch frühzeitiger kommunizieren. Etwa, wenn die Zelte zu sind und es keinen Sinn mehr hat, dorthin zu strömen. Vom kommenden Jahr an sollen außerdem die Besucherzahlen live gemessen werden: „Wir müssen in Echtzeit wissen, wie viele Menschen auf dem Gelände sind, nicht nur nach Schätzungen“, so Scharpf. Auf eine Obergrenze fürs Gelände will er sich nicht festlegen.

Trotz all dieser neuen geplanten Maßnahmen räumt der Wiesnchef keine Fehler ein: Letztlich habe man am Samstag die richtigen Maßnahmen getroffen, sagte er, zumal wirklich nur punktuell zu „viele Menschen an einem Ort“ gewesen seien, auf Höhe von den Zelten Augustiner und Hacker nämlich. Das Sicherheitskonzept habe funktioniert, aber seine Wirkung nicht entfaltet. Von einer „Pfropfenbildung“ gegen 17 Uhr ist die Rede. Einen genauen zeitlichen Verlauf will man auf Nachfrage nicht preisgeben. Stattdessen kommt noch einmal die Aussage vom Sonntag: Es ging alles sehr schnell, innerhalb von zehn bis 15 Minuten vielleicht.

Und, auch das sagt Scharpf: Zum Zeitpunkt der ersten Durchsage habe sich die Situation schon wieder aufzulösen begonnen. Das würde bedeuten, dass sich die Situation der 30 Minuten oder mehr eingekeilten Menschen schon entspannt hatte, als die ersten Informationen ertönten. Augenzeugen berichteten aber auch, dass es für sie noch lange danach kein Vor und Zurück gab.

Noch einmal angesprochen auf den Grund für die missverständlichen Durchsagen am Samstag, in denen kein Grund genannt wurde für die Bitte, das Gelände zu verlassen, sagt Scharpf: Vorbereitet seien „Textbausteine“ für den Fall, dass eine Überfüllung drohe, nicht aber für den Fall, dass man „ad hoc“ auf eine bereits erfolgte Überfüllung reagieren müsse. Auch hier will man nachsteuern.

Mit den Wirten sei man zudem zur weiteren Entzerrung der Reservierungswechsel im Gespräch, die wohl mit ein Grund für die Überfüllung waren. Schon mit Blick auf das Wochenende wolle man mit ihnen gemeinsam darauf hinweisen, dass nicht alle Menschen mit einer Reservierung über den Haupteingang aufs Festgelände strömen sollen. Stattdessen werde man auch auf die Nebeneingänge, etwa über den Esperantoplatz oder die Poccistraße verweisen, heißt es.

Was aber nun, wenn es wieder zu einer zu großen Menschenansammlung kommt: Wie wollen Scharpf und sein Team dann dafür sorgen, dass nicht wieder, wie am Samstag vereinzelt geschehen, Panik ausbricht? Zum einen müsse man natürlich sofort den Grund nennen. Zum anderen gelte es, so Scharpf, in einem solchen Fall, „die Menschen in Bewegung zu bringen“. Das könne zum einen eben durch Durchsagen passieren, zum anderen aber auch durch Sicherheitspersonal etwa einzelnen Zelte. Die Ultima Ratio, das sei dann der Einsatz der Polizei. Das, so der Wiesn-Chef, „möchte ich aber eigentlich vermeiden“.

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