Süddeutsche Zeitung

Oktoberfest 2022:Das sind die Neuigkeiten auf der Wiesn

Neue Festzelte, Karussells und sogar eine Computertomographie: Die Stadt stellt bei einem Rundgang die Neuigkeiten auf der Wiesn vor. Nostalgiker dürfen sich auf eine ganz besondere Schau freuen.

Von Franz Kotteder

Wenn es wegen Corona schon drei Jahre her ist, dass es zuletzt eine Wiesn gab, dann steigt natürlich die Spannung: Was ist dieses Mal geboten, wie kommt man heraus aus dem Stimmungstief? Kein Wunder also, dass zum traditionellen Rundgang zwei Tage vor Beginn des Oktoberfests, bei dem normalerweise die Neuigkeiten der Wiesn vorgestellt werden, diesmal nicht nur der zuständige Wiesnchef und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgartner (CSU) anwesend ist, sondern auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne). Außerdem noch etwa 200 Journalisten, etwa dreimal so viele wie vor normalen Oktoberfesten. Das Interesse, es ist gewaltig.

Erstes Fazit: Schön ist's schon, dass es heuer endlich wieder eine Wiesn gibt. Allerdings hatte es auch seinen Grund, dass sie zwei Mal ausgefallen ist, und wenn Oberbürgermeister Reiter den Rundgang eröffnet mit den Worten: "Vor fünf Monaten hätte ich nicht gedacht, dass ich hier stehe", dann erklärt er damit unausgesprochen auch, warum es in diesem Jahr eigentlich gar keine großen Neuerungen auf der Wiesn gibt.

In normalen Jahren handelt es sich dabei um aufregende Fahrgeschäfte, die immer neue Dimensionen an technischen Innovationen versprechen und die auch dementsprechend Geld kosten, das erst wieder eingespielt werden muss. Nicht verwunderlich also, dass die Schausteller, die drei Jahre und zwei ausgefallene Oktoberfeste lang fast gar nichts verdient haben, kein Risiko eingegangen sind. Drei neue Fahrgeschäfte würde es geben, hieß es Anfang August bei der ersten Vorstellung der Wiesn 2022. Das spektakulärste mit dem etwas komplizierten Namen "OktobVRfest-Virtual Reality", ein Gebäude mit Spielen auf zwei Ebenen und VR-Brillen für acht Spieler, hat dann jedoch seine Bewerbung wieder zurückgezogen.

Übrig bleibt erstens nun die "Ballonfahrt", ein "sehr familientaugliches Kinderkarussell", so Baumgärtner, das seine Gondeln einige Meter in die Höhe fährt und direkt neben dem weitaus nervenaufreibenderen Klassiker Toboggan platziert ist. Zweitens gibt es noch "Circus-Circus", ein Fahrgeschäft mit zwölf rotierenden Gondeln, die an langen Hubarmen in Wellenbewegungen schweben. Wie das sein wird, ließ sich bei der Vorbesichtigung freilich nur erahnen: Der Aufbau des Fahrgeschäfts war noch nicht ganz vollendet, Probefahrten waren deshalb nicht möglich.

Das sah bei der dritten Neuerung besser aus: dem "Dschungel-Bogenschießen", eine Schießbude ohne Gewehre gewissermaßen. Clemens Baumgärtner war begeistert: "Pfeil und Bogen, aber ohne Indianer - da sind wir politisch voll korrekt!" Der CSU-Fraktionschef im Rathaus, Manuel Pretzl, musste zum Testen antreten, schließlich ist er beruflich Direktor des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums in der Neuhauser Straße. Prompt traf er ins Gelbe, was in diesem Fall die Mitte der Zielscheibe war. Das Schwarze befindet sich beim "Dschungel-Bogenschießen" am Rand. Dort wiederum traf beim Testschießen die Wiesn-Stadträtin Anja Berger von den Grünen. Interessante Farbenspiele also.

Damit waren die neuen Sensationen im Schaustellerbereich schon erledigt. Zuvor hatte Oberbürgermeister Reiter noch das Vergnügen, seine Definition von Fahrgeschäften anhand der Krinoline zu erläutern: "Es gibt welche, bei denen geht es um schöner, schneller, weiter. Und es gibt die OB-Fahr-Ecke, in der ich mich wiederfinde." Also die eher etwas ruhige Abteilung, wobei die Krinoline durchaus auch ihre Tücken habe - "kommt drauf an, ob man sie vor dem Bierzelt oder danach fährt".

Auf alle Fälle ist die Krinoline eine der ältesten Wiesn-Attraktionen überhaupt. Warum sie im Rundgang zu den neuesten Wiesn-Attraktionen diesmal gleich an zweiter Stelle vorkam? Sie hat ein neues Musikpodium bekommen, was außer den Musikanten wahrscheinlich niemandem auffallen dürfte. Aber immerhin.

Spektakulär ist noch eine andere Neuerung, die man gar nicht kennenlernen will "und deren Besuch ich niemandem wünsche", so Reiter. Es handelt sich um die mobile Computertomografie in der Sanitätsstation der Wiesn. In der Rekordzeit von nur acht Tagen wurde sie im Behördenhof des Festgeländes installiert; die Ärzte können nun schon an Ort und Stelle feststellen, ob eine blutende Wunde mit einer Hirnblutung verbunden ist und damit tödlich sein kann oder nicht. Das Gerät verhindert somit unnötige Einweisungen in eine Klinik und auf eine Intensivstation. Reiter: "Das ist eigentlich eine wahre Sensation für ein Volksfest."

Eine weitere Neuheit fand sich in der Anzapfbox des Schottenhamel-Festzelts, in der Dieter Reiter am Samstag wieder tätig werden wird. Die Familie des verstorbenen langjährigen Wiesn-Stadtrats Hermann Memmel schenkte der Stadt nun dessen Sammlung von Schlegeln, die die Oberbürgermeister seit 1986 zum Anzapfen des ersten Bierfasses verwendeten. Sie sind säuberlich aufgereiht in einem großen Regal und bilden damit ein recht eindrucksvolles Memmel-Memorial-Monument, könnte man sagen. Und die Sammlung ist ausbaufähig.

Wirklich neu aber sind in der Gastronomie-Abteilung die "Wiesn Insel Cocktail Bar" von Angela Zettl-Nikolic schräg gegenüber vom Riesenrad und drei neue Zelte. Als da wären: auf der Oiden Wiesn das Volkssängerzelt "Schützenlisl" von Christine und Lorenz Stiftl, das vom Aufbau her auf dem ehemaligen Zelt "Zur Schönheitskönigin" an gleicher Stelle basiert, und die "Münchner Stubn" links vom Löwenbräuzelt.

Es ähnelt von Grundriss und Struktur her dem ehemaligen kleinen Zelt "Zum Stiftl" und wird vom Wirtepaar Kathrin Wickenhäuser-Egger und Alexander Egger geführt, die es von Konzept und Dekoration her eng an ihr Wirtshaus "Münchner Stubn" am Hauptbahnhof angeglichen haben.

Und dann gibt es da noch das nagelneue Bräurosl-Zelt von Donisl-Wirt Peter Reichert, der früher die "Schönheitskönigin" auf der Oidn Wiesn hatte. Hell und licht ist das Zelt geworden, es wirkt deutlich größer als das alte, obwohl es drinnen wie draußen nach wie vor 8250 Gästen Platz bietet. Spektakuläre Neuerung, die man aber nicht sieht: Die Bierleitung von den Containern verläuft nicht mehr im Boden, sondern verdeckt in der Galerie. Da erweist sich wieder der alte Grundsatz als richtig: Alles Gute kommt von oben.

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