Süddeutsche Zeitung

Oktoberfest in München:Hoteliers zu möglicher Wiesn-Absage: "Es gibt keinen Plan B!"

Weniger Buchungen als 2019, dennoch sind die Münchner Hotels mit der derzeitigen Zimmerauslastung zufrieden. Doch Vorkehrungen im Falle einer Absage treffen die wenigsten.

Von Katharina Haase

Wenn alles nach Plan läuft, steht Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Samstag, 17. September, um Punkt zwölf Uhr im Schottenhamel-Festzelt auf der Theresienwiese und zapft das erste Fass Spaten-Bier an. Der offizielle Startschuss zum 187. Oktoberfest, das nach zwei Jahren Corona-Pause heuer wieder stattfindet und - so hoffen vor allem Wirte und Hoteliers - gut besucht sein wird. Doch trotz der großen Freude darüber, dass wieder Volksfeste gefeiert werden dürfen, ist der große Ansturm potentieller Wiesn-Besucher bislang ausgeblieben, zumindest im Hotelgewerbe.

Schaut man auf die Zahl der Zimmerbuchungen in München, sind 31 Prozent aller Hotelzimmer in den Wiesn-Wochen derzeit noch unbelegt. Kein Vergleich zu den Vor-Pandemiejahren, in denen die Zahl der Vorausbuchungen seit 2015 kontinuierlich immer weiter angestiegen war. 2019 waren kurz vor Wiesn-Beginn in München nicht nur die innerstädtischen Hotelzimmer fast vollständig ausgebucht, sondern auch die in den angrenzenden Landkreisen.

Nicht so in diesem Jahr. Suchte man Anfang der Woche für den Zeitraum 23. bis 25 September, also am zweiten Wiesn-Wochenende, ein Zimmer in München für zwei Personen, so spuckte die simple Google-Suche 735 Hotels alleine in der Stadt aus, in denen noch Buchungen möglich sind. Zudem werden 409 sonstige Unterkünfte wie Ferienwohnungen oder Pensionen vorgeschlagen. Angebote auf Seiten wie Airbnb sind da noch gar nicht eingerechnet.

Gar nicht so ungewöhnlich findet das alles Angela Inselkammer, Chefin des Ayinger Gasthofs und Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Zwar habe eine Nachfrage bei den Münchner Hoteliers ergeben, dass die derzeitigen Buchungen zur Wiesn rund 15 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen, wie Inselkammer in einem Gespräch bestätigt. Es sei ein leichter Rückgang zu spüren, doch dass in der Woche vor der Wiesn noch zehn bis 15 Prozent aller Zimmer in München frei seien, sei auch in früheren Jahren bereits vorgekommen, so Inselkammer.

Bislang keine Preisexplosion

Auffällig ist 2022 allerdings auch, dass es sich bei den noch verfügbaren Hotels nicht um unbekannte oder ungünstig gelegene Unterkünfte handelt. So gibt es beispielsweise noch viele freie Zimmer in den Hotels der Ibis-Gruppe, die normalerweise aufgrund ihrer meist zentralen Lage und den vergleichsweise günstigen Preisen schnell ausgebucht sind. Auch viele Unterkünfte, die in direkter Nachbarschaft zur Theresienwiese liegen, bieten noch Platz, und selbst die Luxus-Adressen Kempinski München und Bayerischer Hof haben noch Kapazitäten für weit gereiste und gut betuchte Wiesn-Fans.

Apropos Luxus-Adressen: Auch preislich halten sich die Angebote im Rahmen. Plätze auf dem Oktoberfest-Campingplatz gibt es ab 109 Euro für zwei Nächte, Hotelpreise starten bei 122 Euro Gesamtpreis für zwei Personen und zwei Nächte im Doppelzimmer. In früheren Jahren waren nicht nur mögliche Restposten unbezahlbar, sondern die Hotels legten schon früh im Jahr fest, wie hoch der Aufpreis zum Oktoberfest sein würde. Eine Auswertung des Vergleichsportals Check24 zeigte im Jahr 2019, um wieviel Prozent die Hotels jeweils ihre Preise erhöhten. Das Ergebnis lag zwischen noch bezahlbaren 37 Prozent und 524 Prozent Zuschlag pro Nacht. Kein Vergleich mit 2022. Nach zwei Jahren Pandemie scheinen manche Hotelbesitzer ihre Zimmer zur Wiesn eher nach dem Motto "Lieber weniger als gar kein Geld" anzubieten.

Dennoch seien die Hoteliers zufrieden mit der derzeitigen Auslastung, sagt Angela Inselkammer. Man gehe davon aus, dass "zumindest die bayerische Staatsregierung derzeit keine Obergrenzen für Veranstaltungen" vorschreibe und die Wiesn - so wie von Reiter verkündet - ohne Einschränkungen stattfinden werde. Auch wenn, so Inselkammer, die Politik noch immer einen "konkreten Plan" vermissen lasse, wenn es um die Handhabung einer möglichen weiteren Pandemiewelle im Herbst geht. "Noch ein Lockdown wäre der Todesstoß", sagt Inselkammer. Man verlasse sich darauf, dass die Regierung diesen Fehler nicht noch einmal mache. "Die Wiesn findet statt. Es gibt keinen Plan B."

Keine Vorbereitungen für mögliche Absage getroffen

Die Frage nach Vorbereitungen für eine noch immer mögliche Wiesn-Absage wischt Inselkammer deshalb vom Tisch. Man könne nicht immer "mit angezogener Handbremse agieren". Nach vorne blicken, lautet die Devise. Stornierungsoptionen oder Buchungsanpassungen, die über die normalen Standards hinaus gingen, hätten deshalb die wenigsten getroffen. Heißt: Sollte die Wiesn doch noch abgesagt werden, bliebe den meisten Reisenden entweder die Möglichkeit auf einen München-Besuch ohne Oktoberfest oder sie müssten die Stornierungskosten selbst tragen.

Die Buchungen kommen in diesem Jahr großteils aus dem europäischen Ausland, und auch aus den USA seien heuer wieder vermehrt Anfragen zu verzeichnen, sagt Inselkammer. Diese seien in den Jahren vor der Pandemie rückläufig gewesen. Dafür lägen die Buchungen aus China, Brasilien und Russland 2022 unter dem Vor-Pandemie-Schnitt. Vor allem Letzteres ist angesichts des Ukraine-Kriegs wenig überraschend.

Doch gerade in solchen Ereignissen sieht Inselkammer einen weiteren Grund, warum die Wiesn auf keinen Fall abgesagt werden dürfe. In Zeiten, in denen eine Krise die nächste jage, könne man den Menschen nicht auch noch das letzte bisschen Lebensfreude nehmen. Es sei nun die Aufgabe aller Veranstalter, den Gästen und Mitarbeitern zu vermitteln, dass sie unbesorgt sein sollten.

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