Oktoberfest 2008:Die Schattenseiten der Bierseligkeit

Hinter den Kulissen des größten Volksfestes der Welt stapeln sich Bierleichen und Müllberge: die Kehrseiten der Wiesn.

Anna Fischhaber

8 Bilder

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

1 / 8

Hinter den Kulissen des größten Volksfestes der Welt stapeln sich Bierleichen und Müllberge - die Kehrseiten der Wiesn.

Die U-Bahngröler

Es ist spät geworden im Büro - also schnell nach Hause. Doch an der Haltestelle Theresienwiese füllt sich die U-Bahn. Der Platz reicht kaum zum Atmen, die Luft riecht nach Bier und Hähnchen. Plötzlich beginnt jemand lautstark "Hey Baby" zu singen - und schon stimmt der Waggon mit ein. Es gibt Menschen, die passen einfach nicht zusammen. Angetrunkene Wiesn-Heimkehrer und müde Büro-Heimkehrer gehören dazu. Sechs Millionen Besucher aus aller Welt zieht das Oktoberfest jedes Jahr an, etwa die Hälfte davon nutzt die öffentlichen Verkehrsmittel. Zusätzliche Fahrzeuge, längere Züge und dichtere Taktzeiten sollen dafür sorgen, die Massen zu transportieren. Trotzdem wird es oft unangenehm eng.

Foto: dpa

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

2 / 8

Die Alkoholsünder

Gefährlich wird es, wenn jemand trotz feucht-fröhlichem Wiesn-Besuch nicht auf das Auto verzichten will. Alljährlich werden über sechs Millionen Liter Bier auf dem Oktoberfest getrunken. Dass die nicht gleich auf die Besucher verteilt sind, zeigen die vielen Exzesse - und die 188 Fahrverbote. Zwar ist die Zahl der gestoppten Fahrten unter Alkoholeinfluss trotz Becksteins Zuspruch, mit zwei Maß könne man noch Auto fahren, in diesem Jahr auf 294 zurückgegangen, dennoch kam es auch während des Oktoberfests 2008 wieder zu zwölf Unfällen von angetrunkenen Fahrern. Vier Menschen wurden dabei verletzt.

Foto: Robert Haas

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

3 / 8

Die Kriminellen

Zwei Taschendiebe überführt, einen Vergewaltiger verhaftet, Fahnder nehmen einen alten Bekannten fest, zwei Busengrabscher auf frischer Tat erwischt - in etwa so sieht ein ganz normaler Tag der Wiesn-Wache aus. Mehr als 300 Polizisten sind alljährlich auf dem Oktoberfest unterwegs. Der Faktor Alkohol begünstigt Trickdiebe, Massenschlägereien und sexuelle Übergriffe. Sogar einen Fall von versuchter Tötung gab es am vergangenen Freitag. Zu 1017 Einsätzen rückten die Beamten insgesamt in der ersten Wiesn-Woche aus. Bei den Straftaten wurde mit 748 Delikten ein deutliches Plus gegenüber 2007 registriert.

Foto: Robert Haas

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

4 / 8

Die Bierleichen

Bewegungslos niedergestreckt liegen Männer und Frauen unter Wärmedecken, in der Luft hängt ein süßlicher Geruch. Hinter dem Schottenhamel befindet sich die Hauptsanitätsstation des Roten Kreuzes - ein medizinisches Notfall-Zentrum, in dem Rettungssanitäter auf den Alarm warten und für die Wiesn-Besucher schmale Betten zur Ausnüchterung bereit stehen. Nicht einmal drei Stunden dauerte es am ersten Wiesn-Tag, bis die Sanitäter die erste Bierleiche behandeln mussten. Insgesamt wurden 2008 bislang 3117 Patienten hier ärztlich versorgt.

Foto: Andreas Heddergott

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

5 / 8

Die Müllberge

Wenn um elf Uhr die Zelte schließen und die Besucher nach Hause ziehen, fängt ihre Arbeit erst an: Jede Nacht rücken die Saubermänner der Wiesn zu Leibe. Die Besucher des Oktoberfestes 2007 haben einen Müllberg von insgesamt 220 Tonnen zurückgelassen, allein am ersten Festwochenende mussten 72 Tonnen Müll beseitigt werden. Auch in diesem Jahr fahren die Kehrmaschinen wieder einen Nachtdienst nach der anderen, damit am Morgen die Theresienwiese im alten Glanz erstrahlt.

Bild: "Mythos Wiesn", BR

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

6 / 8

Die ungebetenen Besucher

Leidtragende des Oktoberfests sind die Anwohner: Ungebetene Besuche von grölenden Massen oder Wildbieslern gehören zum Alltag. Besonders unbeliebt sind die Bierleichen, die oft nur schwer ein warmes Plätzchen finden. "Völlig Betrunkene nehmen wir hier nicht", sagt etwa Schwester Monika, Leiterin der katholischen Bahnhofsmission. Einige Besucher weichen deshalb auf fremde Hausflure auf. In der Hermann-Schmid-Straße legte ein Betrunkener in einem Mehrfamilienhaus gar ein Feuer - das Nachtlager war ihm zu kalt.

Foto: ddp

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

7 / 8

Die armen Tiere

Neben den Anwohnern sind es die Tiere, die unter der Wiesn leiden. Zwar wurde in diesem Jahr extra ein Hundebier für die Vierbeiner kredenzt, wohl fühlen sie sich in der Menschenmenge aber trotzdem nicht - zu schnell kommt man bei so vielen betrunkenen Paar Füßen ins Getriebe. Und die Hundetracht scheint auch nicht gerade gemütlich zu sein, wie dieses Foto zeigt. Am schlimmsten hat es in diesem Jahr aber einen Rauhaardackel erwischt: Tagelang wartete er im Wiesn-Fundbüro auf seine Herrchen.

Foto: Stephan Rumpf

Oktoberfest 2008

Quelle: SZ

8 / 8

Die Bazillenschleuderer

Ärzte bezweifeln, ob es sie wirklich gibt , doch wer einmal auf dem Oktoberfest war, der kennt sie - die Wiesn-Grippe. Meistens beginnt es bei den Bierzelt-Bedienungen, die ständig raus und rein rennen müssen, schwitzen und im Zug stehen. Sind die erst einmal krank, wird das Bierzelt mit seinen hohen Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit zum idealen Nährboden für Viren und Bakterien aller Art. Aber auch wer nicht ins Zelt kommt, könnte in diesem Jahr Pech haben: Winterliche Temperaturen und viel Regen sorgen dafür, dass einen auch draußen die Wiesn-Grippe erwischen kann.

Foto: ddp

(sueddeutsche.de/Anna Fischhaber/sonn)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: