Oide Wiesn:Schatzkammer statt Rausch

Deutsche Bulldogs, hoppelnde Räder und eine Fahrt ins Paradies: Auf der Oidn Wiesn gibt es mehr als Bierzelte und Fahrgeschäfte. Ein Rundgang in Bildern.

Von Anant Agarwala

10 Bilder

Wiesn-Rundgang

Quelle: Florian Peljak

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Humoristisches Velodrom

"Herzlisch Willkomme, meine Dame und Herre": Im Humoristischen Velodrom kann man anderen Oide-Wiesn-Besuchern zu den süffisanten Bemerkungen eines Kommentators mit französischem Akzent beim Radeln zuschauen. Oder selbst zu einem der drei verschiedenen Modelle in verschiedenen Schwierigkeitsstufen greifen (1 Euro). Der Eintritt in die Wettkampfarena ist frei.

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Quelle: SZ

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Das Radeln ist übrigens spektakulärer als es sich anhört. Die Fahrräder hoppeln über das Parkett, haben teils unterschiedlich große Reifen, sind schwer oder nur mit Verrenkungen zu fahren. Wer sich betrunken fühlen will ohne zur Mass zu greifen, ist hier richtig. "Weiblische Elegance, süperrr", lobt der Kommentator eine Dame in Lederhosen, die nach seinem Glockenschlag locker die Richtung wechselt. "Das ist wie Bauch, Beine, Po!" Angeblich strampelt man mit ein paar Minuten im Velodrom 500 Kalorien ab.

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Quelle: SZ

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Dicke Berta

Im Ersten Weltkrieg war die Dicke Berta ein zerstörerisches Mörsergeschütz, hundert Jahre später steht eine nach ihr benannte Kraftprobe auf der Oidn Wiesn. Steven Zimmermann, 14, ist in achter Generation Schausteller. Er ist Dicke-Berta-Experte, weiß, wie man das sechs Kilo schwere Eisengewicht die Schienen hinauf bis nach ganz oben an die Glocke stößt. "Es ist eine Mischung aus Kraft und Technik", sagt er. "Das Wichtigste ist, dass du nicht zu oft Schwung holst, dann reicht die Kraft nicht mehr." Zwei Mal Schwung holen, das sei "optimal". Im ersten Versuch fehlt dann trotzdem ein halber Zentimeter. "Das war nichts", nuschelt Großvater Stephan in seinen Schnurrbart. Beim zweiten Mal klappt's. Wie weit der Autor die Dicke Berta nach oben gebracht hat, verschweigt er an dieser Stelle besser.

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Quelle: SZ

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Fahrt ins Paradies

Für über 60 Jahre ging es nicht ins Paradies. Verstaubt und vergessen lagerte die alte Berg-und-Talbahn "Fahrt ins Paradies" in einem Schuppen in Kaiserslautern, der Erbe eines im Zweiten Weltkrieg gefallenen Schaustellers hatte für sie keine Verwendung. Dabei war das Fahrgeschäft, Baujahr 1939, noch gut erhalten. Komplett aus Holz gebaut, mit 16 bunten Wägelchen und vielen Schallplatten aus den 40er Jahren. Als der Schuppen abgerissen werden sollte, wurde der alte Schatz im Jahr 2003 von der Schaustellerfamilie Schleifer gehoben und restauriert. Seit 2010 ist sie Bestandteil der Oidn Wiesn.

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Quelle: Alessandra Schellnegger

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Aus den Lautsprechern dudelt "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins", der Einstiegshelfer trägt Fliege und Schiebermütze. Alles wie in der Originalzeit des Karussells, selbst die Geschwindigkeit regeln Toni Schleifer und seine Frau im Handbetrieb, an einem Drehrad neben dem Plattenspieler. "Wollt ihr noch schneller?" Die Fahrgäste, vorwiegend Rentner, johlen. Als die "Fahrt ins Paradies" zum Stehen kommt, wird applaudiert.

Brezenverkäuferin im "Herzkasperlzelt" auf dem Oktoberfest in München, 2013

Quelle: Alessandra Schellnegger

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Herzkasperlzelt

Auf der Oidn Wiesn sind auch die Festzelte ein bisschen anders. Im Herzkasperlzelt spielen Bands wie die Tegernseer Tanzlmusi moderne Volksmusik statt Konservenschlager, und das Publikum setzt nicht zum Mitgröhlen an, es genießt. In den letzten Jahren war zum Beispiel aber auch schon die Hip-Hop-Crew Blumentopf zu Gast. Auf der Speisekarte stehen auch vegane Speisen. Wer möchte, bekommt aber auch ganz traditionell Hendl oder Schweinshaxe.

Das vollständige Programm im Herzkasperlzelt finden Sie hier.

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Quelle: SZ

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Münchner Marionettentheater

Es ist 14.40 Uhr, in zwanzig Minuten erst beginnt die nächste Vorstellung, aber die Bänke vor dem roten Marionettentheater sind schon voll besetzt: Eltern mit ihrem Nachwuchs, Rentner. Nachzügler stellen sich rechts an den Rand, Kinder setzen sich in den Kies. Und da kommt dann auch, pünktlich um 15 Uhr, die Dompteurin auf die Bühne. In Rot gekleidet, mit schwarzem Zylinder. Sie holt ihren Kollegen Marionette auf die Bühne, es kann also losgehen. "Ob wohl alle reinpassen?", fragt die Dompteurin neckisch ihren Partner. Ihr Blick schweift über die vollen Reihen. Nervöse Blicke im Publikum. Das frühe Erscheinen, die guten Bankplätze, alles umsonst? Ja, die Vorstellung findet drinnen statt, da, rechts von den Bänken geht es rein. Die Nachzügler haben plötzlich die besten Plätze, sie stehen direkt vor der Tür.

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Quelle: SZ

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Alter Trecker

"So ein Kolben!" Rentnerhände messen großzügig imaginäre alte Traktor-Bauteile, zwei ältere Bayern im Gespräch. Dong, dong, dong, dong. Der Trecker, Modell Lanz Bulldog, tuckert monoton auf der Stelle. "Ein echter Eintakter ist das, toll", sagt einer. "Bulldog", das klinge so Englisch, dabei handele es sich hierbei um einen echten deutschen Urvater der Landmaschinen. Auf zum nächsten Gerät, da kracht es plötzlich im Bulldog - tuck, tuck, tuck, tuck, tuck. Der Motor läuft jetzt doppelt so schnell. Und der Bulldog ist auch gar kein Eintakter, wie das Schild am Boden verrät.

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Quelle: SZ

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Dampfzugmaschine

"Ist das Ihre Maschine?" - "Naa." Der Rest der Unterhaltung bleibt unklar, weil es dampft und zischt, wie bei einer Lokomotive, und weil der "Lokführer" tiefsten Dialekt spricht und nur noch zwei Zähne hat. Eine Dampfzugmaschine ist es, Baujahr 1911, ein amerikanisches Modell, das steht auf der Plakette. Der Lokführer legt Holz nach und nimmt einen Schluck aus dem Masskrug, dann zieht er zwei Mal an einem Hebel, weißer Rauch schießt aus dem Schornstein, das Pfeifen eines durchfahrenden Zuges ertönt. Beeindruckend und kraftvoll, die Lok aber, die steht.

Oktoberfest 2014 - Day 3 Through 15

Quelle: Getty Images

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Infos zur Oidn Wiesn

Die Oide Wiesn findet zum dritten Mal statt, hinein kommt man auf der Südseite der Theresienwiese. Der Eintritt kostet 3 Euro (Kinder bis 14 Jahre zahlen nichts). Dank eines Armbändchens kann man jederzeit kommen und gehen, wenn man einmal bezahlt hat. Schluss ist etwas früher als auf der normalen Wiesn, um 22 Uhr. Die Fahrgeschäfte kosten jeweils einen Euro.

© SZ.de/tba
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