Oide Wiesn:Das etwas andere Zelt

Die Band Federspiel aus Niederösterreich spielt im Herzkasperlzelt auf.

Moderne Volksmusik: Ein Musiker der Band "Federspiel" aus Niederösterreich im Herzkasperlzelt.

(Foto: Robert Haas)

Gemütlicher als in den großen Zelten: Das Herzkasperlzelt auf der Oidn Wiesn widmet sich der neuen Begeisterung für moderne Volksmusik. Viele hier verweigern sich dem Trachten-Zirkus, einige auch dem Brathendl.

Von Beate Wild

Schon von draußen hört man den Bass wummern. Eine bekannte Melodie weht einem entgegen. Leute, die vor Begeisterung kreischen. Wiesn halt, könnte man denken - bis man das Zelt betritt. Vorne auf der Bühne steht am Donnerstagabend die Formation Schlachthofbronx, zwei Münchner DJs in ihren tief sitzenden Jeans und weiten T-Shirts. Sie musizieren mit der Volksmusikgruppe G. Rag und die Landlergschwister. Vor der Bühne drängeln sich junge Münchner und tanzen. Weiter hinten wippen die Leute auf den Bänken. Alle johlen. Die DJs grinsen. Nein, so etwas ist nicht normal für die Wiesn.

Will es aber auch gar nicht sein. Das Herzkasperlzelt auf der Oidn Wiesn hat es sich auf die Fahnen geschrieben, ein außergewöhnliches Musikprogramm zu bieten, und dazu gehören abends schon mal etwas lautere, exzentrischere Töne. "Solche Musik braucht es auf der Wiesn", findet Josef Bachmaier.

Es muss nicht immer der "Anton aus Tirol" sein

Eigentlich ist er in der Stadt als Wirt des Fraunhofer im Münchner Glockenbachviertel bekannt. Dieses Jahr hat er, nach einem Intermezzo 2010, zum zweiten Mal das Herzkasperlzelt übernommen. Und da Bachmaier "seit 40 Jahren mit Volksmusik experimentiert" und alljährlich in seinem Wirtshaus Volksmusiktage für die junge Generation veranstaltet, ist es ihm gelungen, bekannte Gruppen wie die Express Brass Band, Attwenger oder Schlachthofbronx für sein Programm zu gewinnen.

Während es tagsüber ruhiger zugeht, sollen abends auch die jungen Münchner auf ihre Kosten kommen. "Erst in den letzten Jahren hat sich eine neue Begeisterung für diese moderne Volksmusik entwickelt", sagt Bachmaier. Es muss ja nicht immer der "Anton aus Tirol" oder "Fürstenfeld" sein.

Auch das Essen ist anders: Auf der Karte stehen die üblichen bayerischen Schmankerl, Wurstsalat, Hendl, Steckerlfisch. Doch dann stößt man auf etwas, das man ebenfalls nicht auf dem Oktoberfest erwartet hätte: vegetarische und vegane Gerichte. Im Angebot sind etwa Sojamedaillons mit Spätzle und Reherl in "Rahmsauce" mit Mandelbroccoli und Preiselbeeren.

Viele kommen in Jeans und Pulli - ganz bewusst

"Das war die Idee von meinem Sohn Lorenz", lacht Bachmaier. Der 21-Jährige ist selbst Veganer und macht derzeit in dem veganen Restaurant Max Pett eine Lehre als Koch. Mit seinen fleischlosen Gerichten hat er nicht nur den Vater überzeugt, auch die Kundschaft ist begeistert.

Das Schöne am Herzkasperlzelt ist, dass es gemütlicher zugeht als in den großen Zelten. Nicht nur, dass man beim Herzkasperl fast immer einen Platz bekommt, weil Bachmaier nur für ein Drittel der 1500 Plätze Reservierungen annimmt.

Auch das Publikum schaut anders aus: Nur etwa die Hälfte der Gäste tragen Dirndl und Lederhose. Viele kommen ganz bewusst in Jeans und Pulli, sie verweigern sich dem Trachten-Zirkus. Und alle, die kommen, wollen eine ganz bestimmte Band hören. Es ist genau umgekehrt zu den großen Festzelten, wo die Kapelle nur als Anheizer für das Trinkgelage fungiert.

Weiteres Programm: Am Dienstag, 1.Oktober, werden im Herzkasperlzelt wieder Baggy-Pants und verkehrt herum aufgesetzte Schirmmützen zu sehen sein. Um 20 Uhr spielt nämlich die Blaskapelle Münsing zusammen mit der Münchner Hip-Hop-Gruppe Blumentopf. Und am Donnerstag, 3. Oktober, 13 Uhr, geben sich die Schwuplatter, eine stadtbekannte schwule Schuhplatter-Truppe, die Ehre.

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