Süddeutsche Zeitung

Öffentliche Verkehrsmittel:Es braucht schnelle Lösungen für den Münchner Nahverkehr

Sicher, der Bau der Linie U 9 ist wichtig. Die Stadt darf es aber nicht versäumen, auch rasch Bus- und Tramverbindungen zu erweitern.

Kommentar von Andreas Schubert

"Die U 9 kommt", jubelt die SPD in einer Pressemitteilung, nachdem der Stadtrat die Planungen für die neue U-Bahnlinie auf den Weg gebracht hat. "Fein", denkt sich da der Passagier, der sich tagein, tagaus in der proppevollen U 3 oder U 6 unfreiwillig an fremden Menschen reibt, "fein, dass das Ding irgendwann kommt, wenn ich in Rente bin."

Denn ein tatsächlicher Baubeginn ist noch nicht abzusehen, dafür gibt es zu viele Unwägbarkeiten, vor allem die Finanzierung des drei Milliarden Euro teuren Projekts ist lange nicht gesichert. Die Mitteilung, dass die Linie "kommt", ist deshalb derzeit eher als optimistisch zu bewerten.

Aber es hilft nichts: Wenn es um den Münchner Verkehr geht, ist Optimismus sehr gefragt, denn es kann nur besser werden. Der Stadtrat hat am Mittwoch etwas in Bewegung gesetzt, von dem vor allem künftige Generationen profitieren könnten. So funktioniert verantwortungsvolle, zukunftsorientierte Politik. So ein Tun hätte man sich schon von früheren Politikern gewünscht, aber gut: besser spät als nie.

Kritiker, die die U 9 schon als Milliardengrab abkanzeln, bevor überhaupt die Planungen abgeschlossen sind, setzen da das völlig falsche Zeichen. Eine U-Bahn, so voll sie auch oft sein mag, ist in einer Stadt wie München nun mal das effektivste Verkehrsmittel.

Trotzdem wird die U 9 alleine nicht reichen, um den Verkehrkollaps zu verhindern. Die Forderungen von Grünen und Fahrgastverbänden nach schnellen Lösungen für den ÖPNV sollten deshalb nicht ungehört bleiben. Warum sollte man nicht mehr Busspuren bauen, auch wenn dann Fahrspuren für Autos wegfallen?

Warum sollte man nicht den Vorschlag prüfen, die Barer Straße autofrei und so den Weg für eine beschleunigte Tram frei zu machen? Man könnte auch überlegen, ob neben den geplanten Nord- und Westtangenten bei der Tram weitere Tangentialverbindungen sinnvoll wären, die den Innenstadtverkehr auch zeitnah entlasten würden.

Die jährlichen Passagierrekorde im MVV zeigen, dass die Menschen die Öffentlichen tatsächlich nutzen wollen. Sie haben es nicht zuletzt wegen der ebenfalls jährlich steigenden Preise verdient, dass man ihnen ein attraktives Angebot macht. Je schneller dieses besser wird, desto eher werden noch mehr Menschen ihr Auto stehen lassen. Und die, die wirklich aufs Auto angewiesen sind, müssten dann nicht mehr dauernd im Stau stehen. Manch entfallene Fahrspur würden sie dann gar nicht vermissen.

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SZ vom 18.01.2018/vewo
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